Sehr geehrter Herr Rainer!

Nun haben es die Ministerien von Herrn Schäuble und Frau Schröder ( ehem. U.v. d. Leyen ) schwarz auf weiß, dass familienpolitische Leistungen wie Kindergeld oder -freibeträge so gut wie wirkungslos sind, bzw. “konträr” wirken. Konträr oder wirkungslos wofür?

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Für den Arbeitsmarkt natürlich! Man beurteilt eine familienpolitische Leistung heute doch nicht mehr nach deren Wirkung für das Wohlergehen oder den Bestand der Familien! Das wäre in den Augen unserer Politiker völlig abwegig. Der einzige Maßstab, der heute noch gilt, ist das Wohlergehen des Marktes. Wenn Sie als Leiter der Studie (ifo: Konträre Wirkungen familienpolitischer Maßnahmen, 29. 04. 2013 ) auch einräumen, dass das Wohlergehen der Kinder bei der Beurteilung staatlicher Leistungen auch eine Rolle spielen müsse, so war dieses Kriterium für die Studie offenbar überhaupt nicht nachgefragt. Das Blickfeld der vorliegenden Studie ist so sehr auf kurzfristige Rentabilität eingeschränkt, dass biologische oder humane Erwägungen gar keine Rolle mehr spielen.

Für Politik, Wirtschaft und Medien scheint in den letzten Jahren Familie zu einer Zweckgemeinschaft mutiert zu sein, deren einziges Interesse sich auf Vereinbarkeit mit Berufs-und Erwerbsarbeit und wirtschaftliche Prosperität konzentriert. Diese Sichtweise wird blindlings auf alle deutschen Familien übertragen – ungeprüft! Da wird nicht mehr gefragt, wie sehr eltern-fernes Aufwachsen die abgelieferten Kinder belastet. Da wird über Eltern einfach verfügt wie über kinderlose Arbeitnehmer. Sie sollen zwar Kinder zeugen, aber mit ihnen zusammen leben, das sollen sie nicht dürfen. Dass zwei Drittel aller Eltern aber genügend Zeit und Energie für eine personale Bindung zu ihren Kindern, zumindest in den ersten Lebensjahren, wünschen, wird von den Studienbeauftragten gar nicht erst zur Kenntnis genommen. Wir Eltern dagegen verstehen unter Familie einen Hort für die Generationen, autonom und frei von staatlichen Zugriffen, aber unter Würdigung unserer Leistung. Der Staat aber bemächtigt sich immer mehr der Familien durch die Umleitung elterlicher Arbeitskraft aus der Familie in den Arbeitsmarkt, und die Verweigerung kindlicher Rechtsansprüche auf elterliche Erziehung ( Art. 6 GG ).

Was haben eigentlich familienpolitische Leistungen mit dem Arbeitsmarkt zu tun? Genauso gut könnte man untersuchen, ob die Zahlung von Kindergeld gut oder schlecht ist für die Außenpolitik, gut oder schlecht für die Rechtsprechung, gut oder schlecht für die Entwicklungshilfe. Dabei bedeuten Familien für das soziale Gefüge und die Stabilität der Gesellschaft einen Wert an sich, der nicht nach Wirtschaftlichkeitsfaktoren zu beurteilen ist. Und wenn schon gemessen wird, wo bleibt die Gewinnseite? Ihr ifo-Institut hat vor wenigen Jahren den Output eines jeden Kindes für den Staat im Lauf seines Lebens mit 77 000 Euro berechnet. Mit welcher Arroganz erlauben sich dann unsere Politiker, den rechtmäßigen Anspruch von Familien infrage zu stellen, wo das Kindergeld überdies zu 2/3 von den Eltern selbst erwirtschaftet wird und als Rückzahlung für die illegal besteuerten Kinder-Existenzminima installiert wurde? Sind solche Zusammenhänge unseren Politikern und „Forschern“ nicht bekannt oder werden sie einfach ignoriert? Eine Studie, die nur den Input in Form von Pseudo-Leistungen betrachtet, den Ertrag aber ausblendet, kann doch nicht ernstgenommen werden, Herr Rainer!

Nach Ansicht der mit uns verbundenen Eltern wird die gesellschaftliche Akzeptanz von Elternschaft und die Hochachtung vor jedem noch geborenen Kind in unserem Land bis zur Fratze beschädigt, nicht zuletzt durch immer neue ignorante Studien. Man kann es jungen Leuten nicht verargen, wenn sie sich Spott und Hohn und ein hohes Verarmungsrisiko durch mögliche Kinder ersparen wollen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Ursula Prasuhn

Zitat: Eltern "sollen zwar Kinder zeugen, aber mit ihnen zusammen leben, das sollen sie nicht dürfen." So scheint es, Frau Fischer.
Neben wirtschaftlichen Motiven gibt es m. E. einen mindestens ebenso wichtigen Grund für das Bemühen, allen Nachwuchs möglichst uniform in institutionellen Einrichtungen großzuziehen: den politischen Wunsch nach gleich geprägten, staatsgläubigen Menschen, die abweichende Ideen kaum kennen und sich bequem führen lassen.
Dazu muss den Eltern die Erziehung aus den Händen genommen werden – aber so, dass dies nicht nach Übergriff aussieht, sondern nach mitfühlender Hilfe. Sie allein scheint der Motor, wenn es in den Medien um die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ geht.
Zu wenigen ist klar, dass Familienbande verkümmern, wenn Eltern nur noch für die Produktion des Rohmaterials Nachwuchs zuständig sind, ansonsten ihre Kinder aber nur am Rande erleben.
Alles braucht seine Wachstumszeit, auch die Gefühle der Verbundenheit, des Miteinanders und Füreinanders. Ohne ausreichendes Zusammensein breitet sich Fremdeln aus, was kaum auffällt, weil die Betroffenen nichts anderes kennen und dies als normal empfinden – mag es auch noch so unnormal sein.

Gravatar: Archipelageja

Sehr geehrte Frau Fischer!
Danke für Ihr Engagement! Wie recht Sie haben!
Früher hatten wir "gern erziehenden Mütter" Verbündete in Medien wie der FAZ, man konnte zumindest hoffen, eine fundierte Darstellung gesellschaftlicher Probleme zu finden; inzwischen sind wir, wie viele konservative Liberale, heimatlos geworden und finden in der Freien Welt manchen Trost.
Alles Gute für Ihre Arbeit,
Archipelageja

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