Schwesig will Alleinerziehende entlasten

Das Bundesverfassungsgericht fordert seit Jahrzehnten ein Ende der finanziellen Benachteiligung von Familien. Und zwar keine Minilösung per Almosen für 19 % Alleinerziehende, sondern eine solidarische, generationengerechte Maximalsanierung, die auch die 70% Paarfamilien einbezieht. Zugegeben, eine Herkulesaufgabe!

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„Als Frau zuhause zu bleiben und einen reichen Mann zu haben“, soll sich am steuergünstigsten auswirken, meint unsere Familienministerin medienwirksam. Ob die besagte Frau Kinder hat, erwähnt sie nicht. Mit dieser dümmlichen Bemerkung entlarvt Frau Schwesig ihre totale Unkenntnis der Struktur bundesdeutscher Steuer- und Sozialpolitik. Denn sie übersieht, dass nicht nur Alleinerziehende, sondern auch Elternpaare, nicht etwa wegen ausschweifenden Lebenswandels,  sondern allein wegen ihrer Kinder ins ökonomische Hintertreffen geraten, und zwar mit jedem weiteren Kind dramatischer.      www.deutscherfamilienverband.de/jdownloads/Publikationen/

Bevor Frau Schwesig bei Herrn Schäuble ausschließlich für Alleinerziehende eine bessere Entlastung erstreitet, sollte sie sich schlau machen, warum die Verarmung  aller  Familien in Deutschland die logische Konsequenz aus einem, um den Faktor Jugend amputierten Sozialgesetz ist. Ohne intellektuellen Spagat könnte die Familienministerin den drei Grundübeln auf die Spur kommen, die unserem Sozialsystem zugrunde liegen.

     

  • Erstens begünstigt das Umlageprinzip in der  Altersversorgung vor allem diejenigen, die keine Kinder großziehen. Als Senioren profitieren sie von den Beiträgen ihrer Nachbarskinder, ohne selbst Kinderkosten aufgebracht zu haben.
  • Zweitens ignoriert unser Sozialsystem, wie viele Mäuler ein unterhaltspflichtiger Arbeitnehmer zuhause zu stopfen, bzw. an wie viele Familienmitglieder er sein Einkommen aufzuteilen hat. Denn die Beiträge in die Sozialversicherungen werden familienblind aus dem Brutto errechnet. So zahlt der Vater von 5 Kindern den selben Beitrag wie ein Single bei vergleichbarem Lohn.
  • Weil drittens sich in Haushalten mit Kindern die Belastung durch die Mehrwertsteuer vervielfacht, bestreiten vor allem  Familien den Löwenanteil in der Steuerkasse. Dies bedeutet eine Umverteilung von unten nach oben. Sollte das Herrn Schäuble noch nicht aufgefallen sein?
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Der Einwand, das Kindergeld sei Lastenausgleich genug, zieht absolut nicht. Denn das so genannte Kindergeld ist zum größten Teil die Rückerstattung bereits (zu Unrecht) entrichteter Steuern auf das Existenzminimum der Kinder.  So, als ob das Existenzminimum von Erwachsenen zuerst besteuert, und anschließend als Lastenausgleich gönnerhaft wieder ausbezahlt würde!                                                Anders ausgedrückt: Die Eltern zahlen sich das Kindergeld größtenteils selbst.

Ein Sozialsystem, das nicht mehr solidarisch ist, hat ausgedient.

Weshalb sahen und sehen denn ausgerechnet Sozialdemokraten wie Frau Schwesig hier keinen Handlungsbedarf? Wenn sich die Sozialdemokratin also Verdienste als Familienministerin erwerben will, so müsste sie vordringlich dafür sorgen, dass endlich umgesetzt wird, was das Bundesverfassungsgericht seit Jahrzehnten fordert:

ein Ende der finanziellen Benachteiligung von Familien,

     

  • nämlich durch die längst überfällige Beteiligung von Singles an den Kosten für die nachwachsende Generation,
  • durch familiengerechte Abgaben in die Sozialversicherungen und
  • durch die Rückerstattung von Steuern auf den Verbrauch von Kindern.
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Also keine Minilösung per Almosen für 19 % Alleinerziehende, sondern eine solidarische, generationengerechte Maximalsanierung, die auch die 70% Paarfamilien einbezieht. Zugegeben, eine Herkulesaufgabe!

Dass unsere Gesetze ausgerechnet diejenigen schröpfen, die das System überhaupt noch am Laufen halten, mag als Treppenwitz in die deutsche Sozialgeschichte eingehen! Als NachwuchsVerhinderungsProgramm mit einer Quote von 1,38  Kindern pro Frau schreibt unser System international bereits seit Jahren blamable Erfolgsgeschichte.

Für die  ELTERNINITIATIVE  FÜR  FAMILIENGERECHTIGKEIT

Bärbel Fischer

Dieses Schreiben geht in Briefform an Frau Familienministerin Schwesig.

Zuerst erschienen auf familiengerechtigkeit-rv.info

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: jenny

DE beschimpft nur die Kinderlosen, fragt aber nie, warum Männer und Frauen keine mehr bekommen. Es ist kein Egoismus, sondern DE hat 40 Jahre Massenarbeitslosigkeit hinter sich, Menschen sind nichts mehr wert in DE, außer als möglichst billiges Arbeitsvieh ausgebeutet zu werden - Beschäftigung wird immer prekärer.

Was soll denn z.B. eine Frau, mit einem geringem Einkommen sich für Kinder entscheiden, wenn sie im Falle Alleinerziehung mit einem Bein am Existenzminimum steht?

Jedes 5. Kind in DE lebt irgendwo am Existenzminimum, kann es nicht sein, dass auch viele auf Kinder verzichten, wo es genauso wäre?

ich hab letztens meinen Bekannnten gefragt, ob er sich vorstellen könnte, noch ein Einzelkind evtl. , er ist 40: seine Antwort darauf -- das Leben ist heute sehr anstrengend geworden, man muss flexibel sein (er selbst war in DE mal arbeitslos, ging für eine besser bezahlte Stelle nach Nordeuropa, verdient dort sehr gut, musste aber flexibel sein, in DE hätte er bedeutend weniger und es schwerer gehabt!), die Zukunft der Kinder ist unsicher --- 40 Jahre Massenarbeitslosigkeit haben die Menschen geprägt -- niemand weiß, ob es bei all der prekären Beschäftigung und Stellenabbau und automatisierung morgen noch so viele Arbeitnehmer bedarf, die dann eine gute Zukunft haben. Die Mittelschicht ist doch auch tw. dabei nach unten durchgereicht zu werden.

und gerade jene, die nichts zu vererben haben, weil sie nichts haben, sind nicht mehr die, die noch Kinder bekommen, v.a. nicht mehrere.

in DE wird so getan, als bekämen nur Egoisten keine Kinder, in Wirklichkeit sind es jene, die die negativen Seiten des Neoliberalismus kennengelernt haben und eine Gesellschaft die schnell leute nach unten durchreicht. Reallöhne sind in DE seit 20 Jahren nicht mehr gestiegen ------ welche Zukunft haben solche Leute schon, außer schrittweise zu verarmen.

und dann die politische Lage in DE -- das ist ein verlogenes System -- Märchen von EU-Wunder statt Wahnsinn, Vollbeschäftigungsmärchen, Märchen von Fachkräftemangel , Märchen von tollen Gelegenheiten im Leben sich was aufzubauen -- für viele ist diese Zeit doch schon längst vorbei in DE.

ich warte immer noch auf den demographischen Wandel, damit ich endlich Stellen am Arbeitsmarkt finde --- der wurde versprochen, aber Stellen gibt es in vielen Gegenden bis heute nicht. Und selbst wenn man in einen anderen Beruf wechseln würde mittels Umschulung, Studium: entweder sind es schlecht bezahlte Berufe (Pflege) oder es gibt kaum Stellen dafür der Konkurrenzkampf ist hart und man muss voll flexibel sein (viele Studiengänge)

für viele Menschen gibt es nur wenig gute Möglichkeiten in DE -- und das sind oft die Kinderlosen.

ich möchte z.B. nicht, dass ein Kind nur dafür da sein soll, unterbezahlt in DE nachher vor sich hinzuvegetieren, wie es einem selber hier ergeht. Da müssen sie sich wohl andere Idioten suchen.

Gravatar: Bärbel Fischer

Leider nein. Ich habe das Schreiben an Frau Schwesig, an alle Fraktionsvorsitzenden im Bundestag und an div. Bundestagsabgeordnete geschickt. Für gewöhnlich bekommt man von dort keine oder eine allgemein verfasste Serienantwort, die auf die angesprochenen Probleme gar nicht eingeht. So geht halt Demokratie in Deutschland. Aber Stillhalten ist auch keine Lösung. Sie könnten aber das Schreiben kopieren und weiterleiten an Ihre Volksvertreter oder Bekannte etc.
Mit freundlichem Gruß
Bärbel Fischer

Gravatar: milka1078

anstatt Frauenquote wäre eine an die Politik der realen Familienstrukturen mehr als fällig. Ein Einkommen reicht schon lange nicht mehr für mehr als eine Person aus. Wie soll das bei Alleinerziehenden funktionieren, wenn das Steuermodell total an der Wirklichkeit vorbei geht. Es ist lange überfällig, dass sich diesen Zwei-Klassen-System ändert, damit Kinder nicht nur Privatsache bleiben. Andernfalls müssten der Logik nach die Kinderlosen wohl bald das Nachsehen haben... Kann man den Brief irgendwo unterschreiben?

Gravatar: Karin Weber

Schwesig´s Aufgabe als Familienministerin sehe ich darin, Kinder zu verhindern. Um den Rest der doch geboren wird, sollen sich staatliche Kitas kümmern.

Das ist deutsche Familienpolitik und die ist Wolfgang Schäuble 6 Euro mehr Kindergeld wert.

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