Schuldenkrise: Inflation, Deflation oder dauernde Stagnation?

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Ein Großteil der Vermögenswerte in einer modernen Volkswirtschaft beruht auf Forderungen und das bedeutet auf Erwartungen. Kredite und Anleihen, Renten- und Pensionsansprüche sind Vermögenswerte, deren Wert auf der Bonität des Schuldners beruht und auf der Erwartung aufbaut, dass der Gläubiger zahlungsfähig und die Währung, in der diese Forderungen beglichen werden, stabil bleibt.

Die Summe aller Forderungen betragen heute ein Vielfaches der Wirtschaftsleistung. Die USA und die Bundesrepublik liegen dabei etwa auf demselben Niveau (Deutschland: 223 Prozent, USA: 237  Prozent. Beides ohne Finanzsektor) . Auf dem Höhepunkt der Blase 1929 vor der Weltwirtschaftskrise und der großen Depression waren es 190 Prozent. Es liegt auf der Hand, dass wahrscheinlich nicht alle diese Forderungen bedient werden können. Viele dieser Forderungen müssen ganz oder teilweise abgeschrieben werden. Die Staatsschuldenkrise Griechenlands ist da erst der Anfang.

Ein Großteil dieser enormen Schuldenlast beruht auf der Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Anleihen galten Jahrzehnte lang als risikoarme Geldanlage. Sparer, Banken, Fonds und Lebensversicherungen haben einen Großteil ihrer Rücklagen in Anleihen angelegt. Die Annahme war stets, der Staat kann nicht pleite gehen. Diese Annahme wird jedoch nicht nur von der Geschichte Lügen gestraft, sondern auch von der aktuellen Griechenlandkrise.

 

Die öffentlichen Haushalte, auch hierzulande sind vollkommen überschuldet und zwar die kommunale Ebene ebenso wie Bund und Länder. In NRW liegt die Pro-Kopfverschuldung der Gemeinden schon bei 1000 Euro, im Vergleich zu 15 Euro etwa in Sachsen. Manche Gemeinden sind mit bis zu 6000 Euro Pro-Einwohner verschuldet. Ohne die Hilfe von Bund und Ländern ist eine Entschuldung ohne Forderungsverzicht der Gläubiger schon heute unmöglich.

Das bedeutet ein großer Teil der Vermögenswerte wird früher oder später entwertet und abgeschrieben werden müssen. Das bedeutet viele öffentliche Leistungen können in Zukunft so nicht mehr angeboten werden und Lebensstandard und Ausgaben werden sich dem neuen, korrigierten Vermögens- und Leistungsniveau anpassen müssen. Heute sind die Preise auch für Sachgüter wie Immobilien, Gold und Aktien so hoch, dass  eine breite Absetzmöglichkeit aus den illiquiden Forderungen schon weitgehend versperrt ist.

Der Finanzexperte Dimitri Speck hat in seinem Buch „Geheime Goldpolitik“ drei Szenarien beschrieben, die auf die Kreditblase folgen können. Die erste mögliche Folge ist die Deflation: „Je mehr Forderungen es gibt, desto höher ist das Potential eines deflationären Kollapses, eines Ausfalls der Schuldner und mit ihren der Forderungen.“ In diesem Prozess wird der künstliche, auf Schulden beruhende Wohlstand aus den Büchern getilgt. Die Wirtschaft schrumpft. Der Vorteil dieses Depressions-Schocks wäre eine drastische, aber endgültige Bereinigung des Schuldenproblems. Quasi ein Ende mit Schrecken. Das zweite Szenario ist die Inflation. Durch steigende Inflation werden die Forderungen nominal erfüllt, aber faktisch entwertet, ebenso die Ersparnisse.

Das dritte Szenario ist der Weg, den Japan in den neunziger Jahren beschritten hat. In den Achtzigern gab es im Reich der Sonne eine Mega-Kreditblase. Die Gesamtforderungen lagen damals bei 250 Prozent. Als die Kreditblase platzte kam es weder zu einer Hyperinflation, noch zu einer Depression, vielmehr zu einer über ein Jahrzehnt andauernden Stagnation. Die Vermögenspreise vielen relativ stetig. Nicht in einem einzigen großen Rutsch. Die Luft wurde quasi langsam aus der Blase gelassen und der Anpassungsprozess zeitlich gedehnt. Das verspricht zwar größere Stabilität, aber auch einen Aufschub der wirtschaftlichen Erholung und der Rückkehr auf einen soliden Wachstumspfad.

Information

Dimitri Speck: Geheime Goldpolitik. Können die Zentralbanken den Geldwert stabil halten, Finanzbuchverlag 2010.

Dieser Beitrag erschien zu erst auf dem Blog des liberalen Instituts.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: FDominicus

Das genannnte Buch konnte ich nicht finden aber:Die geheime Goldpolitik: Warum die Zentralbanken den Goldpreis steuern

Was ein ziemlichen Unterschied ausmacht AFAIKT.

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