„Schülergate“ in Bremen: Lupenreine Demokraten feiern den Stimmenklau

Mit dem „Schülergate“-Skandal hat sich Bremen bis auf die Knochen blamiert. Und die verschaukelten Wähler werden vom Bremer Magistrat verhöhnt, der das Kinderchaos als „besonders demokratisches Signal“ bejubelt. Wenn man Halbwüchsige ihre Klassenparties in Wahllokalen feiern lässt, gibt man das hart erkämpfte Privileg freier, geheimer und gerechter Wahlen der Lächerlichkeit preis.

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Wahlfälschungen hat es immer gegeben. Auch in noch so gefestigten Demokratien. Wer glaubt, unser Land mache da eine Ausnahme, ist naiv. Natürlich werden auch im heutigen Deutschland immer wieder Wahlergebnisse verfälscht. Nicht im großen Stil, wie dies etwa in der ehemaligen DDR der Fall war, aber doch in einem Maße, das parlamentarische Mehrheiten beeinflussen kann. Vermutet wurde das schon lange, nun ist es amtlich. Das Bremer Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass das Ergebnis der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 10. Mai 2015 nicht ordnungsgemäß erfasst worden ist. Was Bremens Landeswahlleiter Jürgen Wayand als Fehler im Promillebereich zu bagatellisieren versucht, ist allerdings alles andere als eine Petitesse. Denn die Unregelmäßigkeiten der Stimmenauszähler verändern die Sitzverteilung in der Bremischen Bürgerschaft. Die komfortable rot-grüne Mehrheit schrumpft von fünf auf nur mehr drei Sitze. Grund dafür ist die Zusammensetzung des Parlaments: Zwar hatte die AfD im Mai die Fünfprozenthürde in Bremen übersprungen, doch im zugehörigen Bremerhaven hatte sie diese knapp verfehlt. Mit den von den Auszählern „vergessenen“ Stimmen ist ihr dies nun auch dort gelungen, was einen zusätzlichen Sitz zur Folge hat. Den bekommt die SPD abgenommen.

Zugegeben: Das Wahlsystem im Stadtstaat Bremen macht das Auszählen nicht leicht. Es sorgt überdies dafür, dass es Tage dauert, bis überhaupt ein amtliches Wahlergebnis festgestellt werden kann. Da werden den Wählern schon mal 20-seitige DinA4-Hefte zugemutet, in denen hinter jedem einzelnen Kandidaten bis zu fünf Kreuzchen gemacht werden können. Tausende Seiten müssen in jedem Wahllokal anschließend Zeile für Zeile in den Computer eingegeben werden. Da sind Fehler vorprogrammiert. Und doch spricht die Tatsache, dass die festgestellten Mängel fast durchweg zulasten der AfD gingen, für sich. Dabei dürfte es eher eine untergeordnete Rolle spielen, dass in Bremen seit Menschengedenken die SPD die Mehrheit stellt, bis in die 1990er Jahre hinein gar die absolute. Eher schon, dass der kleine Stadtstaat einsam an der Spitze der Armutstabelle steht. Fast ein Viertel der Bevölkerung sind nach offizieller Lesart von Armut bedroht, so viele wie nirgendwo sonst. Und linke Gesinnungen fallen nun einmal vor allem bei denen auf fruchtbaren Boden, die nichts haben. Bei Jugendlichen sowieso. Und hier schließt sich der Kreis der Bremer Wahlfälschung. Im Bundesland Bremen gilt nämlich nicht nur ein besonders niedriges Wahlalter von 16 Jahren, in den Wahllokalen dürfen auch Minderjährige als Helfer eingesetzt werden.

In Bremerhaven wurde die Auszählung allerdings ausschließlich von 16- bis 18-Jährigen vorgenommen – ohne jede Aufsicht. Mehr als 500 Schüler eines Gymnasiums waren geschlossen zur Besetzung der Wahllokale abkommandiert worden. Und diese gaben allerlei Unsinn in die Computer ein. Mag vielfach Unwissenheit oder Lustlosigkeit das Motiv gewesen sein, ist mindestens ein Fall verbrieft, in dem ein Schüler der Piratenpartei 45 Stimmen geschenkt hat. Und auch die erstaunlich hohe Fehlerquote bei der Stimmenerfassung für die AfD dürfte wohl kaum bloße Schlamperei gewesen sein. Mit dem „Schülergate“-Skandal hat sich Bremen bis auf die Knochen blamiert. Und die verschaukelten Wähler werden vom Bremer Magistrat verhöhnt, der das Kinderchaos als „besonders demokratisches Signal“ bejubelt. Wenn man Halbwüchsige ihre Klassenparties in Wahllokalen feiern lässt, gibt man das hart erkämpfte Privileg freier, geheimer und gerechter Wahlen der Lächerlichkeit preis. Schlimmer noch sind die anschließenden Wortmeldungen all jener, die die Ergebnisverfälschung öffentlich in die Nähe bürgerlicher Zivilcourage rücken und damit zur Nachahmung ermuntern. Unsere Demokratie hat in diesem Jahr Schaden genommen. Wenn nun Gesinnungswächter über die Besetzung der Parlamente entscheiden, stehen wir am Beginn der dritten deutschen Diktatur innerhalb von achtzig Jahren.

Zuerst erschienen auf klodeckel-des-tages.de

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