Schluss, raus jetzt!

Veröffentlicht:
von

Vorbei ist es, das Jahr des Glaubens! Zum Christkönigsfest endete das noch von Papst Benedikt XVI. ausgerufene Jahr, in dem sich die Gläubigen, so eines der Ziele, ihres eigenen Glaubens wieder gewisser werden sollten. Mehr als ein Jahr lang ging es nun darum, den (eigenen) Glauben zu vertiefen und ihn (bei anderen) zu verbreiten. Diese Kombination war es, die mich schon zu Beginn bei der Ankündigung des Jahrs des Glaubens angesprochen hat – und die in gewisser Weise treffend durch die Amtsübernahme durch Papst Franziskus verdeutlicht wird: Der Kirchenlehrer Ratzinger/Benedikt, der die Fundamente festigt wird von seinem seelsorgerischen Nachfolger Bergoglio/Franziskus beerbt, der die von Benedikt gelegten Grundlagen nun nutzen kann … und nutzen will.

Wer heute Probleme mit Franziskus hat, dem stehen potenziell vielleicht zwei Dinge im Weg:

Da ist einmal die Fokussierung auf die Lehre! Damit will ich nicht zum Ausdruck bringen, dass die kirchliche Lehre unwichtig wäre - wie könnte ich das als „Benedikt-Fan“ tun? Den Augustinussatz „Liebe und tu was Du willst!“ missinterpretieren viele bewusst oder unbewusst in diesem Sinne. Wenn wir Menschen zu Christus führen wollen, dann müssen wir selbst wissen, wer er ist; aus eigener Erfahrung aber auch aus den Erfahrungen der Kirchengeschichte schöpfend. Und diesen Jesus gibt es nicht in der bequemen Light-Variante moderner Theologen, den gibt es nur als den Barmherzigen Richter – beides, Barmherzigkeit und das Richteramt - ist Wesensbestandteil Gottes und bezeugen wir im Glaubensbekenntnis. Nein, diese Lehre ist wichtig, aber sie verstaubt und wird zu einem abgeschlossenen System (Franziskus spricht von „Sakristeichristen“), wenn wir sie nicht auch verbreiten. Und dazu gehört auch, dass wir die kirchliche Lehre in eine Sprache bringen, die die Welt versteht. Was nutzt es, die ausgefeiltesten theologischen Betrachtungen verfassen oder verstehen zu können, wenn wir diese „PS des Glaubens“ am Ende nicht auf die Straße bringen? Und wer gehört und verstanden werden will, der muss raus gehen, dahin wo nicht geglaubt wird, dahin wo Menschen den Papst für einen alten Knacker in Rom halten, dahin wo man sonntags lieber nach durchzechter Nacht bis Mittags ausschläft und eine Kirche nur – wenn überhaupt – zu Weihnachten zu Gesicht bekommt, dahin wo man die Heilige Messe und die Eucharistie als Hokuspokus, höchstens noch als archaische symbolische Handlungen betrachtet, dahin wo Menschen um Brustton der Überzeugung, (und manchmal in diesem Ton auch nur aus Unsicherheit) behaupten, es gäbe keinen Gott, und wenn, dann wäre es nicht der Gott der Kirche. Mit beiden Händen in der Ölwanne wird evangelisiert, nicht in der Schreibstube. Es braucht auch die Schreibstube – aber die dort sitzen sollten nicht annehmen, dass sie alleine den Kern der Evangelisierung bilden.

Und zweitens mag bei dem einen oder anderen auch genau diese Angst vor dem Dreck der Straße vorherrschen. In der Kirchengemeinde, im Pfarrsaal, in der Heiligen Messe hinter verschlossenen Türen ist es leicht Christ zu sein. Im engen Familienkreis, im Austausch mit christlichen Freunden, in kirchlichen Gemeinschaften ist Glauben leicht. Ein Satz hat mich durch dieses Jahr begleitet, den Papst Benedikt ausgesprochen hat und den ich auch bei Papst Franziskus im Wortlaut gefunden habe: „Die Kirche existiert um zu evangelisieren!“ Es gibt, ich habe es eben wieder in der Vorbereitung eines Firmkurses nachgelesen und werde versuchen, dies den Firmanden nahezubringen, vier sogenannte Grundvollzüge der Kirche, beschrieben mit den griechischen Worten martyria, leiturgia, diakonia, und koinonia, also Christus bezeugen, Gott in der Messe und im Gebet feiern, sich den Armen zuwenden und sich um die Gemeinschaft bemühen. Das ganze Paket ist Kirche – aber sie ist es nur, und jeder Vollzug ist nur kirchlich, wenn er dazu dient, Menschen zu Christus zu führen. Zeugnis geben unter seinesgleichen ist kein Zeugnis, die Messe hinter abgeschlossenen Türen feiern ehrt nicht Gott, menschliche Unterstützung ohne den Gedanken an Gott ist keine christliche Nächstenliebe und Gemeinschaft um ihrer selbst willen wird zur Sekte. Fehlt Christus, fehlt das Bewusstsein für unseren Auftrag zur Evangelisierung, dann können wir das alles tun und sind doch nicht Kirche. Der Hirte muss den Geruch der Schafe annehmen, so hat es Papst Franziskus mal formuliert und wird von einigen bewusst missverstanden, dass er gemeint habe, man müsse so werden wie die Schafe – nein, aber der Hirte muss so dicht bei den Schafen sein, dass er ihren Geruch annimmt: aus der Ferne kann man keine Schafe hüten und auch niemanden zu Christus führen (wenn ich auch immer noch hoffe, dass der eine oder andere, der sich aus Versehen auf diesen Blog verirrt hat, von dort aus einen Glaubensweg beginnt).

Mir erscheint der Aufruf, den Papst Franziskus mit seinen Worten und Handlungen zum Ausdruck bringt, am besten so zu übersetzen: Raus jetzt, auf die Straßen, unter die Ungläubigen und Zweifler, unter die Irreführenden und Irregeführten! Raus zu den Menschen, die bewusst oder unbewusst auf Christus warten, die darauf angewiesen sind, dass ihnen jemand davon erzählt – und wenn nicht wir, wer denn dann? Raus in die Welt, und machen wir uns mit der Sprache der Welt vertraut, machen wir uns, wenn notwendig, auch mit den Verführungen der Welt vertraut, um zu wissen, gegen wen oder was wir kämpfen! Raus auf die Weide, und scheuen wir uns nicht, den Geruch derjenigen anzunehmen, die uns vielleicht unangenehm sind, deren Einstellung wir nicht teilen, deren Werte wir ablehnen, deren Lebensstil uns fern liegt! Und all das, was wir im vergangenen Jahr hoffentlich gelernt haben (oder schon vorher wussten und uns weiter aneignen) nutzen wir dann, um seine Botschaft, um Christus selbst zu diesen Menschen zu bringen!

Beitrag erschien zuerst auf: papsttreuer.blog.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang