Schlimmer als Schavanplag

Der deutsche Journalismus verkommt immer mehr in seiner Abhängigkeit von Verkaufzahlen. Jetzt wird wieder groß berichtet über die Aberkennung des Doktortitels bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung. Aber der eigentliche Skandal bei Annette Schavan ist doch nicht, dass sie vor 33 Jahren in ihrer Dissertation wahrscheinlich plagiiert hat, sondern dass sie heute eine schlechte Politik macht.

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Die Medien müssten viel mehr über die folgenden Mißstände berichten, die Frau Schavan zu verantworten hat:

1.     Frau Schavan hat zwei Fehlentscheidungen ihrer Vorgängerin, der SPD-Politikerin Edelgard Bulmahn, nicht korrigiert. Das betrifft einmal die Einführung der Juniorprofessur, einer sinnlosen Zwitterposition innerhalb der Hochschullehrerschaft, die am eigentlichen Problem, der grundlegenden Reform der Lehrstühle, feige vorbeizielt. Nur mit der Lehrstuhlreform werden Wissenschaftler in Deutschland freier, kreativer und damit erfolgreicher.

2.     Frau Schavan hat ferner die von ihrer Vorgängerin in Gang gesetzte Exzellenzinitiative mit vielen Milliarden Euro und solchem Hochdruck weiterbetrieben, dass es sich mittlerweile um eine genuine Schavansche Fehlentscheidung handelt. Diese Initiative ist in einen riesigen bürokratischen Wust von Anträgen und Begutachtungen ausgeartet. Es werden dabei eher angekündigte als reale Ergebnisse belohnt. Man setzt bei den Universitäten auf die scheinbare Attraktivität von Größe und Zahl. Nur mit echter Qualität wird sich Deutschland aber aus seiner Position als wissenschaftliche Mittelmacht hocharbeiten können.

3.     Frau Schavan hat für 150 Millionen Euro ein Professorinnenprogramm gestartet, das grundgesetzwidrig jeder Gleichberechtigung Hohn spricht. Qualität wird hier durch Quote ersetzt. Es resultieren Genderlehrstühle, welche die bisherige Forschung meist lediglich wiederholen, nur um die Frauenperspektive ergänzt.

Es ließen sich noch weitere politische Fehler der Ministerin aufzählen, die allemal wichtiger sind als das Plagiat. (Dass sie sich mit dem Geld ihrer Initiativen alle möglichen Wissenschaftsgremien abhängig gemacht hat, zeigte sich in der vorauseilenden Unterstützung, die Frau Schavan von diesen in der Plagiatsaffäre bekommen hat.) Ihr Rücktritt wäre aus diesen sachlichen Gründen fällig, würde aber leider nichts an der verfehlten Politik ändern. Es ist wie bei einer Hydra, bei der das Abschlagen eines Kopfes auch nichts bewirkt, denn die anderen Köpfe gehören auch zu eben dieser Hydra. Die Medien müssten hier für eine bessere Aufklärung sorgen. Aber Wissenschaftspolitik verkauft sich als Schlagzeile nicht so gut wie Dirndlgate. Da nutzen auch alle Hinweise auf die Wichtigkeit der Bildung für die Zukunft Deutschlands nichts. Als Bürger und Wähler ist man ratlos.

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