Sauberfrauen und Schlampen

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„Eine neue Ära hat im deutschen Bundestag begonnen.“ So heißt es in der Berliner Erklärung, in der sich eine Reihe von prominenten Erstunterzeichnerinnen für eine Quote in Aufsichtsräten stark macht. Da werden große Töne angeschlagen:

Gleich der erste Satz lautet: „Seit über 60 Jahren gilt in Deutschland laut Grundgesetz, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. In der Realität ist die Gleichstellung allerdings noch lange nicht verwirklicht.“

Anders ausgedrückt: Seit über 60 Jahren gilt in Deutschland laut Grundgesetzt, dass Äpfel erhältlich sind. In der Realität sind aber Birnen noch lange nicht überall vorhanden.

Wenn man seine Brille verlegt hat, kann man leicht „Gleichberechtigung“ und „Gleichstellung“ verwechseln. Es fängt ja auch beides mit „Gleich-“ an. Doch man sollte, wenn man etwas unterschreibt, nicht nur das Kleingedruckte, sondern auch das Großgedruckte lesen. Das wissen die Frauen bestimmt selber.

Es ist keine unbeholfene Initiative, die Neuland betritt und so etwas zum ersten Mal macht, hier finden wir eine Blütenlese von Spitzenpolitikerinnen: Hannelore Kraft, Annegret Kramp-Karrenbauer, Renate Künast, Dr. Gesine Lötzsch, Andrea Nahles, Renate Schmidt, Manuela Schwesig, Rita Süssmuth, Katrin Göring-Eckardt, Dr. Ursula von der Leyen ... Die wissen, was sie tun. Es ist auch mindestens eine Anwältin dabei, die weiß, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt.

Mein erster Eindruck war, dass es sich hierbei um eine Variante der modern gewordenen Schlampen-Parade handelt. Denn so wie die Slut walks vorsätzlich und mit auftrumpfendem Selbstbewusstsein gegen althergebrachte Anstandsregeln verstoßen und sich Parolen auf ihre nackten Brüste malen, so verstoßen die „Erstunterzeichnerinnen“ und „Initiatorinnen“ und „UnterstützerInnen“ auf ihre Art gegen Anstand und Redlichkeit und veranstalten eine intellektuelle Schlampen-Parade. Bei den Slut walks sind die Frauen schlampig in Sachen Bekleidung – bei der Berliner Erklärung sind sie schlampig im Umgang mit Begriffen. Sie sind also nicht etwa nachlässig in der Garderobe (ganz und gar nicht: die Fotos machen durchweg einen guten Eindruck); sondern im Formulieren und Denken.

Was ist eine Schlampe? Das ist eine Frau, die mit schamlosem Hinweis auf ihr Geschlecht unter Verletzung elementarer Umgangsformen einen Vorteil für sich ertrotzen will und das mit einer kecken Stichelei verbindet; sie spuckt auf die Hand, die ihr ein Geschenk reichen soll. Statt endlich ihren Longdrink zu bezahlen, rupft sich die Schlampe einen Knopf von der Bluse und sagt: „Eh, du alter Geizhals von Oberkellner – willste mir nicht noch einen spendieren?“

So auch hier. Mit der unsauberen – und vermutlich vorsätzlichen – Vermischung der Begriffe „Gleichberechtigung“ und „Gleichstellung“ verbinden die Frauen der Berliner Erklärung einen weit reichenden Vorwurf gegen die von ihnen so genannten „Quotenmänner“ und gegen die „verkrusteten Männerseilschaften“, die „immer noch männlich geprägt“ sind. Sie tun so, als hätten die „Herren“ in der Wirtschaft jahrelang gesündigt. Zugleich stellen sie sich selbst als „Sauberfrauen“ hin, als Retterinnen des Grundrechts, als eine moralisch legitimierte Initiative, die „endlich“ etwas einlösen will, das sowieso überfällig ist. Sie wollen lediglich ein Versäumnis ausgleichen, weil sie die „Ungerechtigkeiten“ und den „Verstoß“ gegen das Grundgesetz „nicht länger hinnehmen“.

„Ohne Quote bewegt sich in diesem Land nichts. Wir Frauen brauchen sie einfach nur zur Umsetzung des Grundgesetzes“, heißt es. Oder: „Selten in der Geschichte der Bundesrepublik waren sich Deutschlands Frauen – Männer übrigens auch – so einig: Nur die Quote bringt’s!“ Oder: „Und da sich auf freiwilliger Basis die gegenseitige Bevorzugung der Männer nicht knacken lässt, ist es Zeit für eine gesetzliche Vorgabe.“ Denn: „Die Zeit der freiwilligen Vereinbarungen ist vorbei.“ Dorothee Bär sagt es deutlich: „Ich sehe keine Lösung mehr, die ohne Gesetze auskommt. Manchmal muss man die Leute zu ihrem Glück zwingen.“

Dabei dachte ich immer, dass Glück darin besteht, frei von Zwängen zu sein. Aber vielleicht täusche ich mich. Ich habe mich nämlich bei dem Gedanken ertappt, dass ich die Frauen auch gerne zwingen möchte. Sie müssen in einen Klassenraum gehen und da unter Aufsicht einen Besinnungsaufsatz schreiben zum Thema: „Erläutern Sie die Unterschiede zwischen Gleichberechtigung und Gleichstellung.“ Und wie bei diesen alten Suchbildern in Wochenendbeilagen heißt es dann: „Finden Sie mindestens 7 Unterschiede“.

Keinesfalls dürfen sie ins Netz und einfach nachgucken. Was sagt Wikipedia? „Gleichberechtigung bezeichnet die Gleichheit verschiedener Rechtssubjekte in einem bestimmten Rechtssystem.“ Dagegen: „Unter Gleichstellung versteht man die Maßnahmen der Angleichung der Lebenssituation von im Prinzip als gleichwertig zu behandelnden Bevölkerungsgruppen (wie Frau und Mann)“.

Manche meine ja, dass man es heutzutage mit copy & paste weit bringen kann. Das gilt hier nicht. Sie müssen schon beweisen, dass sie selber denken können. Ich zum Beispiel denke: Bei Gleichstellung geht es nicht um Gleichstellung vor dem Recht, sondern um Gleichstellung vor statistischen Artefakten. Mehr Anregungen (gekürzt) finden sich hier („Argumente von Femastasen“):

1.
Gleichberechtigung bedeutet, dass der STARTpunkt für alle gleich ist.
Gleichstellung bedeutet, dass der ENDpunkt gleich ist.

2.
Gleichberechtigung IGNORIERT das Geschlecht.

Gleichstellung beachtet NICHTS ANDERES ALS das Geschlecht.

3.
Gleichberechtigung ist üblicherweise demokratisch und wird von der Mehrheit mitgetragen und mitgelebt (“bottom-up”).

Gleichstellung wird von oben herab (“top-down”) künstlich installiert und muss immer wieder gegen den Status Quo durchgedrückt werden.

4.
Gleichberechtigung ist ein ziemlich natürliches Prinzip von Menschengruppen (“Jeder darf etwas zu diesem Thema sagen.”)

Gleichstellung ist unnatürlich und führt in der Praxis zu Verwunderung und zu Stopps (“So, jetzt haben hintereinander 3 männliche Mitarbeiter geredet. Jetzt darf kein Mann mehr reden bis nicht auch 3 Frauen etwas gesagt haben.”)

5.
Bei der Gleichberechtigung würde sich ein Staat nur dann einmischen, wenn jemand in seinen Rechten eingeschränkt wäre (“Wir stellen keine Schwarzen ein”).

Bei der Gleichstellung könnte sich ein Staat zu jeder Zeit präemptiv einmischen ( ...) selbst wenn es in der Vergangenheit keine Anhaltspunkte für Vergehen gegeben haben sollte.

6.
Gleichberechtigung folgt den Prinzipien von Angebot, Nachfrage und Qualität.

Gleichstellung IGNORIERT Angebot, Nachfrage und Qualität (“Der nächste Mann, der sich bewirbt, muss abgelehnt werden” = “Herr Müller, Ihre hervorragenden Qualifikationen schön und gut. Aber wir brauchen Titten, Müller, Titten!”).

7.
Gleichberechtigung diskriminiert nicht.

Gleichstellung diskriminiert.

8.
Gleichberechtigung ist erfüllt, wenn Frauen und Männer die gleichen Rechte haben.

Gleichstellung ist in der Regel trotz gleicher Rechte noch nicht erfüllt, weil Gleichstellung in Kategorien argumentiert wie “gefühlte Benachteiligungen”, “gesellschaftliche Akzeptanz”, “Umdenken in den Köpfen”.

9.
Gleichberechtigung ist ziemlich unideologisch.

Gleichstellung ist ideologisch und strebt Ziele an, die gegen die Natur des Menschen sind, weil Gleichstellung die Unterschiede zwischen den Geschlechtern ignoriert.

10.
Bei der Gleichberechtigung hat der Ankläger die Beweispflicht (“Sie haben an ihrem Restauranteingang einen Sticker aufgeklebt ‘Juden müssen leider draußen bleiben’. Das ist ein Verstoß gegen das Gleichberechtigungsgesetz!”).

Bei der Gleichstellung hat der Angeklagte die Beweispflicht (“Bitte zeigen Sie uns alle Mitarbeiterlisten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, mit allen Daten der jeweiligen Mitarbeiter, also Lohn, Betriebszugehörigkeit etc. Wir werden dann darüber entscheiden, ob Sie alles im Sinne der Gleichstellung durchgeführt haben.”).

11.
Gleichberechtigung ist ein persönliches Recht.

Gleichstellung ist das Recht einer Gruppe (der Frauen).

12.
Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht.

Gleichstellung wurde schon oft von Gerichten verurteilt.

13.
Gleichberechtigung lobt gute Mitarbeiter für ihre Arbeit.

Gleichstellung stellt alle weiblichen Mitarbeiter unter Verdacht (“Sie hat die Beförderung nur bekommen, weil sie eine Quoten… ist”).

14.
Gleichberechtigung GIBT Rechte und Freiheiten

Gleichstellung NIMMT Rechte (wenn man ein Mann ist).

Ich will nicht allzu streng sein. Wenn die Frauen nicht wenigstens fünf Unterschiede nennen können, müssen sie ihr Mandat niederlegen. Oder Strafe zahlen. Manchmal muss man sie eben zu ihrem Glück zwingen. Zum Glück der Erkenntnis. Und zum Glück der sauberen Gedanken – nicht nur der sauberen Wäsche. Nur dann können sie wirklich als Sauberfrauen auftreten.

Beitrag erschien zuerst auf achgut.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Frank Martin

Nur ein Einwand: Gleichberechtigung nach dem GG ist ein Anspruch ausschließlich gegen den Staat. Das Grundgesetz ist ein Regelwerk zum Regelnmachen, aufgestellt zum Schutze des Staatsbürgers vor der Legislative. Der gemeine Bürger ist durch die Regelungen des GG nicht selbst gebunden.

Kein Privater muss (und kann) alle Menschen gleichberechtigt behandeln. Daran kann sich durch ein "Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz", auch "Antidiskriminierungsgesetz" genannt, nichts ändern. Sein Anspruch geht tatsächlich über die menschlichen Möglichkeiten hinaus, es ist daher praktisch undurchführbar und als Rechtsquelle ungeeignet.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Grundgesetz, Art. 3, Abs. 3: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse,
seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder
politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner
Behinderung benachteiligt werden."
...benachteiligt oder bevorzugt werden. Damit verstößt jegliche Quotenregelung zugunsten von Frauen klar gegen unser Grundgesetz. Es ist mir unverständlich, wie Politikerinnen, die unser Grundgesetz von Berufs wegen gut kennen müßten, eine solche Quotenregelung überhaupt erwägen können. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein entsprechendes Gesetz vor dem Verfassungsgericht Bestand hätte. Falls doch, wäre es höchste Zeit für eine Revolution!

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