Rüttgers Raunzen

Der NRW-Ministerpräisdent wettert ohne Wissen gegen den Arbeitskreis Engagierter Katholiken AEK und verstrickt sich in seltsame Widersprüche

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Jürgen Rüttgers gibt sich gerne klug und weise. Immer wieder verweist er auf seinen Vorgänger Johannes Rau, dessen Popularität und Glaubwürdigkeit für jeden Nachfolger eine Herausforderung ist. Bloß: So ganz scheint er sein politisches Vorbild nicht verstanden zu haben, oder aber es fällt ihm nicht leicht, dessen Grundsätze auch tatsächlich umzusetzen.

Zum Credo des evangelischen Johannes Rau gehörte es zum Beispiel, versöhnen statt spalten zu wollen. Jürgen Rüttgers neigt in seinem Eifer - so scheint es jedenfalls - gelegentlich dazu, bewusst oder unbewusst lieber spalten statt versöhnen zu wollen. Nicht nur, wenn er sich über rumänischen Arbeitseifer lauthals und abfällig äußert. Es kann ihm sogar dann ein Ausrutscher passieren, wenn er, der Katholik, nach seinen katholischen Glaubensschwestern und -brüdern befragt wird, die sich aus Sorge um seine CDU für eben diese CDU engagieren wollen und ihre Partei wieder zu jener Vielfalt und Breite bringen wollen, die Rüttgers gerne beschwört.  Offensichtlich stören ihn diese Mitchristen, wenn sie konkret Teil jenes "Komplettangebotes" der Union sein möchten, das der NRW-Mann für sein und von seiner generell und eher unkonkret einfordert.

So geschehen im Interview mit dem Rheinischen Merkur, also jener katholischen Wochenzeitung, die mit Kirchensteuermitteln katholischer Christen und mit bischöflichem Segen erscheint und nun den katholischen Christen Rüttgers befragte. Auch zum neuen Arbeitskreis, den engagierte Katholiken aus ganz Deutschland vor genau einem Monat ins Leben gerufen haben und der innerhalb von wenigen Wochen  mehr als 500 Mitglieder zählt.

Vielleicht muss sich mancher Politiker ja nicht informieren, bevor er sich äußert. Jürgen Rüttgers jedenfalls hat es nicht getan. Erkennbar ohne Wissen scheint er in diesem Falle lieber sein Urteil auf Nichtwissen und Raunzen bauen zu wollen. Und so behauptet er - wahrheitswidrig - einfach einmal, der AEK wolle das Trennende zwischen den Konfessionen betonen. Und dann meint er noch, die Existenz eines katholischen Arbeitskreises suggeriere, katholische Christen lebten in Deutschland in der Diaspora. Neulich soll er, so zitiert ihn der FOCUS, salopp und flott im Blick auf den AEK mal so gesagt haben: Katholisch simmer selber.

Spalten statt versöhnen? Mag sein, dass dies jemandem gefällt, der sich selber in seinem Sosein sehr gefällt und selbst Ausrutscher noch als Zeichen einer überbordenden Weisheit gedeutet wissen will. Aber das Rüttgersche Suggerieren und seine Falschrede sind alles andere als fair und - sagen wir es offen - christlich versöhnend. Ein einziger Blick auf die Homepage des AEK hätte ausgereicht, um diese diffamierende Bosheit mit dem Trennenden nicht zu bringen - wenigstens nicht guten Gewissens.

Ob es Anstand und Redlichkeit in manchen Politiketagen gelgentlich etwas schwer haben? Denn der AEK hat - anders als von J.R. behauptet - bislang keine Gelegenheit ausgelassen, seine stets faire katholische Wortmeldung mit ökumenischer Ausrichtung und der für ihn selbstverständlichen christlichen Toleranz zu verbinden. Das Raunzen des Rüttgers ist schlichtweg falsch. Ob es böswillig weil beabsichtigt war, wer könnte das schon sagen?! Übrigens: Weder ein katholischer Ministerpräsident noch ein Prälat oder der AEK haben einen Monopolanspruch auf Katholisches. 

Die Sache mit der Diaspora ist geradezu absurd. Sollte man wirklich nur dann einen Arbeitskreis gründen "dürfen", wenn man eine verschwindende Minderheit geworden ist? Sind die Protestanten also nach Rüttgerscher Denkart eine verschwindende Minderheit, weil sie einen großen und seit Jahrzehnten von (allen, auch den katholischen) Mitgliedern kräftig finanzierten und gut ausgestatteten Arbeistkreis haben, in dem alle evangelischen Unionsmitglieder zwangsweise beziehungsweise automatisch Mitglied sind? Meint Rüttgers wirklich, die Senioren mit ihrer Senioren-Union seien eine quasi-unterdrückte Minderheit? Oder die Mitglieder der Jungen Union lebten als Jugendliche und junge Erwachsene in einer Diaspora?

Ach ja, weiter vorne im Interview meint der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und NRW-Ministerpräsident, er sei gegen jede Ausgrenzung und dagegen, dass man nicht miteinander redet. Gefragt war er nach seinem guten Verhältnis zu den Grünen. Wenige Fragen später, als es um engagierte katholische Christen in seiner Partei ging, hatte Rüttgers diesen seinen edlen Grundsatz schon wieder vergessen und machte im Blick auf den AEK genau das Gegenteil dessen, was zuvor noch zu seinem Credo zu gehören schien. Schade

Mit keinem aus dem AEK hat er ein Gespräch gesucht. Dabei gibt es dort unter anderem einen Sprecher, der ihm bestens bekannt ist. Und dieser ist nicht alleine der AEK-Überzeugung, dass man als Christ und Demokrat wirklich gegen Ausgrenzung sein sollte und dagegen, dass nicht miteinander geredet wird. Im AEK gelten nämlich christkatholische Grundsätze. Und dazu gehören Toleranz, Fairness, Demokratie und Dialogbereitschaft. Verlässlichkeit, Worttreue und Klarheit. Selbst vor Widerspruch, wenn er denn fair ist, herrscht keine Angst.

Fragt sich nur, ob man sich auf solche Spielregeln auch mit einem Jürgen Rüttgers einigen könnte. Nichts ist unmöglich. Auch Anstand und Fairness.Die CDU sollte wikrlich ein Komplettangebot machen können. Ein volles und von beiden großen Konfessionen getragenes C muss in ökumenschem Geist möglich sein. Daher werden beide Arbeitskreise gebraucht - der Ökumene zuliebe und dem Profil der Partei zuliebe.

Im AEK sind alle, denen der große Wählerverlust der CDU nicht egal ist und die davon überzeugt sind, dass es auch morgen eine moderne und belastbare Politik aus christlicher Verantwortung geben sollte, herzlich zur Mitarbeit eingeladen. Auch Jürgen Rüttgers.

Und unter Christen sollte doch gelten: Versöhnen statt spalten. Verbinden statt trennen. Oder ganz aktuell: Reden statt raunzen.

 

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