Rosenkranzbetrachtung: Jesus, der uns das Reich Gottes verkündet hat

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Nachdem ich Anfang des Monats vollmundig angekündigt hatte, den Marienmonat Oktober intensiv für Rosenkranzbetrachtungen zu nutzen, ist das Ergebnis eher mager ausgefallen: eine eigene Betrachtung und einen „geklauten“ Bericht vom New Yorker Kardinal Dolan. Dann soll es wenigstens am letzten Tag des Monats noch eine Betrachtung geben … und die darf sich dann aber auch mit einem wichtigen Thema, eigentlich „DEM“ wichtigsten Thema des Christentums beschäftigen: Jesus, der uns das Reich Gottes verkündet hat!

Zwischen den zwanzig „klassischen“ Rosenkranzgeheimnissen verbirgt sich dieses ganz unscheinbar, weder am Ende (Jesus, der dich o Jungfrau im Himmel gekrönt hat) noch am Anfang (Jesus, den du o Jungfrau vom Heiligen Geist empfangen hast), auch nicht in der Mitte (wo man wohl anordnen müsste „Jesus, der uns die Eucharistie geschenkt hat“ und „Jesus, der für uns Blut geschwitzt hat) sondern, wenn man die chronologische Reihenfolge durchzählen würde an Nummer 8. Dabei ist doch das Reich Gottes der wesentliche Aspekt unseres Glaubens, oder er sollte es jedenfalls sein. Der christliche Glaube beinhaltet zwar auch Gebote und Verbote, die sind aber nicht der Kern unserer Botschaft; was mit einer „Partei“, deren Botschaft darauf basiert, langfristig passiert, haben die „Grünen“ gerade am eigenen Leib erlebt, und die Kirche gibt es jetzt seit mehr als 2000 Jahren. Es werden uns durch Gottes Gnade die Sünden vergeben, und das ist natürlich wunderbar – aber nicht der Kern; wäre es der Kern bliebe die Frage: Für was werden uns denn die Sünden vergeben? Die Auferstehung, die von Jesus wie die uns angekündigte Auferstehung der Toten. Ein epochales Ereignis und eine epochale Aussicht – aber ebenfalls nicht der Kern; wäre es der Kern bliebe die Frage: Wohin, in welches Leben, auferstanden?

Und genau darum geht es: unsere Beteiligung, man könnte sagen unseren Einzug in das Reich Gottes! Das Problem dabei: Es ist ganz offenbar schwer zu beschreiben, was denn das Reich Gottes eigentlich ist. Jesus selbst beschreibt das Reich Gottes nur in Gleichnissen (siehe z.B. unter Markus 4, 1-34) „so, wie sie es aufnehmen konnten“, in der Offenbarung des Johannes wird ebenfalls nur in Bildern gesprochen. Das, was darüber hinaus in den meisten religiösen Büchern oft beschrieben steht, klingt eher nach dem „Münchner im Himmel“ denn nach einem erstrebenswerten Ort und Zustand. Wenn aber wahr ist, was Jesus gesagt hat, wenn wahr ist, dass das Reich Gottes das ist, wofür wir im Grunde geschaffen sind, dann sollte wir uns in etwa ein Bild davon machen – notfalls eben ein sehr persönliches Bild. Denn noch wissen wir nicht, wie das Reich Gottes wirklich sein wird – der Grund dafür wird darin liegen, dass wir auch einfach noch nicht begriffen haben, nicht begreifen können, wie Gott ist. Das passt gut zur Lesung von Allerheiligen aus dem 1. Johannesbrief, in der es heißt:

Liebe Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, daß wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Jeder, der dies von ihm erhofft, heiligt sich, so wie Er heilig ist.

(1. Johannes 3, 2-3)

Eine der – wie ich finde – im Sinne der Evangelisierung ineffizientesten, wenn auch theologisch sicher korrekten, Beschreibungen geht in diese Richtung, verfehlt aber den Punkt: die ewige Anschauung Gottes! Fehlt nur noch, dass beschrieben wird, dass wir die ganze Zeit „Hosianna“ rufen. Diese Beschreibung des Reiches Gottes ist eigentlich – das kann man zur Entschuldigung sagen – das Ergebnis der Unmöglichkeit, das Reich Gottes wirklich plastisch zu beschreiben. Abstrakt kann man dabei annehmen, dass dieses ewige Schauen auf Gott unser größtes Glück darstellen könnte – aber wer wird an so einer abstrakten Idee sein Leben ausrichten? Wer wird sich an den Seligpreisungen orientieren, wie wir sie ebenfalls an Allerheiligen im Evangelium hören, wenn man dafür etwas erwarten muss, was einem jedenfalls im irdischen Leben wenig Freude verspricht? Anders gefragt: Was, wenn das Reich Gottes todlangweilig wäre?

Ich wäre nicht katholisch, wenn ich glauben würde, dass das Reich Gottes eine Enttäuschung sein könnte. Eine solche Beschreibung habe ich mal beim amerikanischen Freikirchler John Eldredge gehört: Im Himmel wird niemand enttäuscht sein! Wenn man im negativen Sinne von Enttäuschungen spricht, die ausbleiben, dann sollte man im positiven Sinne von Sehnsüchten sprechen, die sich erfüllen. Dabei geht es aber nicht um ein einfaches Begehren, dass uns vielleicht in den Bann schlägt, keine irdische Sucht, die wir zu befriedigen suchen – es geht um die größte Sehnsucht, die jeden Menschen umtreibt, die uns, als Abbild Gottes, in die Seele gelegt wurde: die Sehnsucht geliebt zu werden und zu lieben! Nicht umsonst wird von vielen Autoren, unter ihnen Papst Johannes Paul II., der Bezug zwischen dem Himmelreich und der Sexualität hergestellt – damit ist aber nicht das gemeint, was uns Medien, Film und Gesellschaft an „sexueller Erfüllung“ verheißen und doch nur ein Abklatsch ist (siehe dazu auch einen etwas älteren Beitrag von mir: Agendasetting oder: Sexualität aus dem Mülleimer), sondern die vollständige Hingabe an den anderen, für die die weltliche Sexualität nur ein Vorgeschmack ist. Weshalb ich darauf so rum reite: das Thema Sexualität, die Sexualmoral der Kirche ist einer der häufigsten Streitpunkte mit der „Welt“, da ist es gut, auch zu beschreiben, dass Sexualität von Gott geschaffen und damit gut ist – es kommt nur darauf an, sie auch richtig zu betrachten, damit sie etwas wird, das uns wirklich ein Bild vom Himmel gibt.

Die Erfüllung unserer größten Sehnsüchte, die uns Gott ins Herz gelegt hat und die wir in „diesem Leben“ nur in Teilen erfüllt sehen werden, die wir vielleicht – je nach Charakter und Vorlieben – bemerken beim Anblick des Meeres oder der Berge oder der Wildnis, beim Blick in die Augen eines glücklichen Kindes, beim Hören schöner Musik, die uns Tränen in die Augen treibt, bei einem Gedicht … das sind aber alles nur Bilder, die mir selbst in den Sinn kommen (ich möchte noch ergänzen, dass ich ganz sicher bin, dass das Reich Gottes die besten Zigarren vorhält, die man sich selbst auf Kuba nur im Traum vorstellen kann), Sie als Leser haben vielleicht ganz andere. Es wird also gut sein, wenn man sich das Reich Gottes schon nicht plastisch vorstellen kann, sich doch über seine tiefsten Sehnsüchte klar zu werden – und sich darauf zu freuen und anzustreben, diese erfüllt zu sehen!

Beitrag erschien zuerst auf: papsttreuer.blog.de

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