Rocker: Quotemachen einerseits, Großrazziamachen andererseits

Rocker, Rocker, Rocker. In den Medien sind die Bruderschaften auf zwei Rädern immer wieder willkommenes Fresschen. Wer hat dank „Spiegel“ und Genossen mittlerweile keine Angst mehr, wenn er das Knattern eines Shovelhead-, Evolution- oder Twin Cam-Motors hinter sich vernimmt?

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Dabei könnte ein Blick in die offiziellen Kriminalitätsstatistiken der Republik durchaus für Beruhigung sorgen.

Zum Teil nämlich sind die Ermittlungen gegen sogenannte Rocker-Banden deutlich zurück gegangen. Das Bundeskriminalamt schrieb in seinem letzten „Lagebericht Organisierte Kriminalität“: „Im Jahr 2012 richteten sich 26 OK-Verfahren (4,6 Prozent aller OK-Gruppierungen) gegen Angehörige von Rockergruppierungen (2011: 32, 2010: 35, 2009: 21, 2008: 15). Davon waren von den vier großen Clubs in zehn Verfahren Angehörige des Hells Angels Motorcycle Club (MC) (2011: 20), in sieben Verfahren Angehörige des Bandidos MC (2011: sechs), in vier Verfahren Angehörige des Gremium MC (2011: vier) sowie in einem Verfahren Angehörige des Mongols MC (2011: ebenfalls in einem Verfahren) betroffen.“

Dabei weiß das BKA durchaus darauf hinzuweisen, dass nicht gegen die Clubs selbst sondern lediglich gegen vereinzelte Angehörige ermittelt wurde. Ein wichtiger Unterschied, der der juristischen Korrektheit geschuldet ist. Gänzlich anders möchten es stets die Schreiberlinge und Rundfunker deuten. Sie sprechen von kriminellen Banden, wenn einzelne Rocker gegen Recht und Gesetz verstoßen. Der Auflage und den Einschaltquoten geschuldet. Dabei käme sicherlich nie jemand auf die Idee, die erste Mannschaft der schwarz-gelben Borussia aus Dortmund als körperverletzende Döner-Wurf-Bande zu bezeichnen, nur weil sich Jungspund Kevin in einer Party-Nacht nicht beherrschen konnte.

Differenzierte Analyse oder gar Nachsicht dürfen Rocker hingegen nicht erwarten. Dabei windet sich ein jeder Schreiberling schon arg, wenn er der Quote wegen die Fakten vernachlässigt. Gerade einmal gegen ein einziges Prözentelchen der Hells Angels-Mitglieder wird im Bereich der Organisierten Kriminalität ermittelt. Nur zehn von geschätzten tausend deutschen Höllenengeln werden von Polizei und Justiz verdächtigt. Ist man den Journalisten gnädig und zählt auch die Ermittlungen gegen Angehörige der Angehörigen von Motorrad-Clubs hinzu, kommt man auf insgesamt 31 Verfahren im Jahr 2012. Und auch abseits der Organisierten Kriminalität herrscht gähnende Leere. Beispielsweise wurden im Jahr 2011 lediglich 506 Ermittlungsverfahren gegen Angehörige von Berliner Motorrad-Clubs wegen Straftaten ohne Bandenhintergrund eingeleitet. Im gleichen Jahr belief sich die Zahl aller Straftaten in Berlin auf sage und schreibe 494.385. Gerade einmal 0,1 Prozent aller vermuteten Straftaten wurden also von sogenannten Rockern verübt, wie schon Josef Hämmerling in der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ nachrechnete. Ganz zu schweigen davon, dass nur in 99 von 506 Ermittlungsverfahren Indizien und Beweise dazu ausreichten, Haftbefehle auszustellen.

Die Reaktion verläuft diametral. Razzien und Hausdurchsuchungen nehmen überhand. Dies aber immer wieder ergebnislos. Ein Beispiel: Während einer Razzia dursuchten Ende August 2013 nahezu 300 Ermittler Räume der Hells Angels in Berlin und Brandenburg. Privatwohnungen, Cafés, einen Autohandel. „Erwartet haben wir den Fund von Revolvern, Schrotflinten und Pistolen mit dazugehöriger Munition“, erklärte damals ein Polizeisprecher. Gefunden hatten er und seine Kollegen allerdings bis auf kleine Mengen illegalisierter Genussmittel nichts. „Strukturermittlungen“ nennen dies die Einen. Großrazziamachen so lange, bis etwas auffällt, nennen es die Anderen.

Kriminalität ist in Motorrad-Clubs präsent. Ohne Zweifel. Doch in Sachen Drogenhandel, Zuhälterei und Gewalt haben die Clubs mächtige und vielfältige Konkurrenz aus allen Bevölkerungsteilen. Auch der Staat und seine Begünstigten mischen mit. Ämter, Behörden, Parteien und Big Business gebären ebenso regelmäßig kriminelle Machenschaften, wie auch einzelne Mitglieder von Motorrad-Clubs. Doch im Gegensatz zu Bandidos, Hells Angels und Co sind sie systemrelevant. Sie sind im Auge des Leviathans Grundpfeiler einer Gesellschaft, die es zu beschützen gilt. Rocker mit ihren eigenen Regeln stellen den staatlichen Monopolanspruch in Frage. Und nicht nur sie. Von den zu Hause unterrichteten Kindern, über die Großfamilie, über den Hobby-Club bis hin zur religiös geprägten Kulturgemeinschaft reicht die Bandbreite der Parallelgesellschaften, die dem staatlichen Monopolisten Angst einflößt und ihn zur Kontrolle ruft. Nahezu jede freiwillige Gemeinschaft, die über den Single-Haushalt hinausgeht, mahnt ihn zur Überwachung, zur Reglementierung und zur Demonstration seines Gewaltmonopols.

Warum aber des Schreibers Lust allein auf Rocker? Offensichtlich. Während sich über das brave, von Mami und Papi daheim unterrichte, Mädel kaum eine brachiale Titelzeile reimen lässt, geben die ledernen Kutten und metallenen Bikes der harten Jungs reichlich Futter der schreibenden Zunft. Quotemachen auf der einen, Großrazziamachen auf der anderen Seite eben.

Beitrag erschien auch auf: ef-magazin.de

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Kawumm

Völlig halt- und hirnloser Kommentar.das ist genau das Ergebnis,welches sich Staat und Massenmedien bei der Bevölkerung wünschen.eine Reaktion wie aus dem Lehrbuch und oben zum Teil beschrieben.glückwunsch!vielleicht einfach mal die Zeit nehmen und ein paar dieser ach so bösen und brutalen Menschen und deren FAMILIEN kennenzulernen.das sind nämlich zu 99% ehrenwerte,hart arbeitende Männer,hinter denen zumeist starke Frauen sowie Kinder und Haustiere gehören.ausnahmen bestätigen natürlich wie so oft die Regel.heisst:auch hier gibt es,wie in jedem Sport oder kegelverein oder wie in jeder politischen Partei oder wie in jeder Glaubensgemeinschaft oder oder oder,schwarze Schafe.beispiele für eben solche schwarzen Schafe aus Sport,Politik oder Glauben muss ich an dieser Stelle-denke ich-namentlich nicht aufzuführen.die kennen wir alle zu Genüge.und dennoch hörte ich nie den ruf nach einem Verbot von beispielsweise der CDU oder des fc Bayern oder der kath. Kirche...naja-wie gesagt-nehmen sie sich doch einfach mal die Zeit sich SELBST mit der Thematik auseinanderzusetzen und lernen sie ein paar Menschen kennen.beste Grüße und schöne Zeit

Gravatar: Gabi

Das finde ich echt mal klassen. Ein bericht der mir aus dem Herzen spricht. Nur leider trauen sich die wenigsten dazu mal die Wahrheit zu schreiben. Hier werden viele Menschen evrteufelt die nichts getan haben. Leute die "anders" sind will man nicht, so sieht es aus. gesucht werden nur Jasager. Sind alle Prister Verbrecher weil es ein paar KInderschänder darunter gibt? Werden alle Kirchenbesucher jetzt kontrolliert wenn sie in die Kirche gehen? Natürlich nicht aber die Kirche hat eine Lobby, die Rocker nicht.

Gravatar: Gabi

Finde ich klasse.. Endlich mal genau das auf den Punkt gebracht was ich denke. Respekt für diesen Beitrag.. Das trauen sich die wenigsten

Gravatar: Fry´nBender

Bewerfen sich Homeschooling-Eltern auch gegenseitig mit Handgranaten?

Gravatar: Rüdiger

ja Henning, endlich mal einer der die Tatsachen recherchiert hat, und sagt wie es ist.

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