Richtig, aber gefährlich

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Burka-Verbot für rechtens erklärt. Das ist aus mehreren Gründen richtig, aber auch gefährlich, denn es stellt die Religionsfreiheit in Frage.

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Der EGMR hat das französiche Burkaverbot für rechtens erklärt.

Das ist insofern gut und richtig, als die Vollverschleierung in unserer europäischen Kultur- und Rechtsgeschichte erhbeliche Probleme aufwirft. Da ist zunächst einmal die Frage der Indentifizierbarkeit einer Person. Eine andere Frage ist die, in einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft unbedingt erforderliche Möglichkeit zu einer direkten und unverstellten Kommunikation unter allen Menschen ein wertvolles Gut.

Dem steht aber ein anderes, ebenso hohes Gut gegenüber, nämlich das Recht auf freie Religionsausübung. Die Kernfrage, die sich also stellt, ist die Frage, ob eine Vollverschleierung als ein legitimer Ausdruck religiöser Freiheit aufgefaßt werden kann oder nicht. Im europäischen Rechtsverständnis, das haben die EU- Richter mit dem Urteil bekräftigt, ist das nicht der Fall. Damit hat der französische Staat, mithin auch jeder andere europäische Staat das Recht, die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit zu untersagen.

Kritisch wird es, wenn man ernsthaft die Frage nach den Grenzen dieser Freiheit stellt. Ist der Habit einer Benediktinerin oder einer Karmelitin noch im Rahmen? Stellt der breitkrempige Hut eines orthodoxen Juden eine unzulässige, weil die Identifizierbarkeit beeinträchtigende, Kopfbedeckung dar? Aber nicht nur die Kleidung, auch andere Praktiken, die religiös motiviert sind, können in Frage gestellt werden, wenn man erst einmal eine religiöse Praxis verbietet. Schon oft genug hat es Prozesse um störende Kirchenglocken gegeben. Prozessionen im öffentlichen Raum sind in Deutschland unproblematisch, müssen angemeldet, nicht jedoch genehmigt werden. Wird das so bleiben?

Es gibt einen – allerdings wahrlich schweren – Ausweg, dem sich, so weit ich das sehen kann, die EU- Richter entzogen haben. Es wäre die Frage zu stellen, was wirklich ein religiöses Gebot ist und was nicht. Es wäre zu fragen, was eine nicht hinterfragbare religiöse Praxis ist und was nicht.

Man erinnere sich, im Jahr 2011 erstritt sich sich ein Pastafari aus Österreich das Recht, mit einem Nudelsieb auf dem Kopf auf seinem Führerschein abgebildet sein zu dürfen. Die Pastafari, die nichts anderes als eine Scherzreligion zur Verunglimpfung religiöser Menschen sind, können in Wirklichkeit – auch gemäß ihrem eigenen Selbstverständnis – natürlich kaum Anspruch auf die Bezeichnung religiös erheben. Dennoch knickte die zuständige Behörde ein.

Hier ein einknicken vor einer im Grunde die Religion verhöhnende Pseudoreligion, dort ein Urteil gegen eine religiöse Praxis begründet mit höher bewerteten Menschenrechten. Weder das eine noch das andere wird auf Dauer als Rechtspraxis tragen, ohne sich dem Vorwurf der Willkür auszusetzen. Es gilt für den Staat zu klären, welcher Religion und welcher religiösen Praxis er im eigenen Interesse Anerkennung und Freiheit in der Ausübung zubilligt. Die extreme Diversifizierung der Gesellschaft hat den Art. 4 GG schon ein Stück weit ausgehöhlt. Wo eine Freiheit mißbraucht wird, indem sie gegen andere Freiheiten ausgespielt wird, ist Gefahr im Verzug. Wo Religionsfreiheit in der alltäglichen Rechtspraxis zu der Illusion führt, Religion sei Privatsache und der öffentliche Raum religionsfrei zu halten, ist gleichfalls Gefahr im Verzug.

Ein christliches Europa hatte damit keine Probleme. In der Armee der K. u. K. – Monarchie gab es Beispielsweise selbstverständlich den Imam, den Rabbi, den Popen und den Pfarrer als Seelsorger für die Soldaten der jeweiligen Religionen. Ein religiöser Staat oder auch nur ein Staat, der religiöse Grundlagen zu eigen hat, wie es die Präambel unseres Grundgesetzes zumindest noch suggeriert, kann das gut und recht einfach integrieren. Ein weltanschaulich neutraler, vollends säkularer Staat hat hier ein weitaus größeres Problem, denn er muß das Phämonen Religion erst einmal für sich definieren und gegen Klamauk ebenso wie gegen die Gesellschaft schädigendes Verhalten abgrenzen.

Diesem Problem haben sich die Richter des EGMR aus meiner Sicht nicht gestellt. Und insgesamt scheint man dieser Diskussion auch in Deutschland ein wenig auszuweichen.

Beitrag erschien auch auf: katholon.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: MicroHirn

Das Problem ist wohl die Identitätsaufgabe. Wir sind bereit abendländische Identität aufzugeben. Die Folge ist unweigerlich ein Vakuum, welches gesetzmäßig durch fremde Identitäten ersetzt wird. Dort wo Freiräume geschaffen werden, werden diese auch genutzt.
Religionsfreiheit darf die Vernunft nicht antasten, ansonsten wird es unweigerlich destruktive Interferenzen geben.

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse

"......Es wäre die Frage zu stellen, was wirklich ein religiöses Gebot ist und was nicht..."
Nun, dann gebe ich mal die Antwort:
Der Islam ist eine politische Ideologie und keine Religion, da er die Trennung von Staat und Kirche nicht akzeptiert.
Bei derartigen Fragen: Kopftuch, Burka, Fritten und Würstchen im Kindergarten usw,usw, geht es immer um Politik. Es geht darum, den deutschen Staat (oder den französischen) in die Knie zu zwingen.
Jeder Vergleich mit dem Habit der Benediktinerin ist einfach lächerlich!

Gravatar: Ulrich Dittmann

An dem EGMR -Urteil ist nicht herumzumäkeln. Weltweit gilt: „When you are in Rome, you have to do as Romans do"!
Wir haben sehr wohl das Grundrecht der Religionsfreiheit, aber nicht jede
als "Religion" politisch-ideologisch verbrämte, archaische Glaubensphantasie ist auch als solche anzuerkennen.

Vor einiger Zeit sah eine Richterin in Deutschland unter Berufung auf die Scharia - die Rechtssprechung der Islamreligion - keinen Anlass einen Mann strafrechtlich zu belangen, der seine Ehefrau geschlagen hatte. Deutsche Politiker kneifen seit langem u. a. auch vor nach hier eingeschleppter, übelster Tierquälerei, dem betäubungslosen Abmetzeln von Tieren (Schächten), krampfhaft die Augen zu - oder auch vor Körperverletzung, dem Beschneiden von Knaben. Sollte man da eventuell nicht in diesem Anflug von totalem Multi-Kulti-Wahn, auch das Beschneiden von Mädchen erlauben? Oder die Prügelstrafe für Kleinkriminelle einführen und Hände abhacken bei richtig bösen Verbrechern?

In Israel wurde zur Weihnachtszeit das Aufstellen eines Christbaumes in einer Hotelhalle untersagt. Begründung : Götzendienst. Weiterhin fordert dort die Schass-Partei strengere Gesetze gegen Christen - wer Juden zum Religionswechsel auffordert, soll gar mit einem Jahr Gefängnis bestraft werden. (Quelle: Idea-Zeitschrift/Spektrum 21.3.2007) Und wie bekannt, begibt man sich in manchen islamischen Ländern schon beim öffentlichen Blättern in einer Bibel in Lebensgefahr.-

Religionsfreiheit und Toleranz ja - diese findet aber immer seine Grenzen an der Nasenspitze des Gegenübers, eben der hier gewachsenen Kultur und Identität des Gastlandes.

Gravatar: Karin Weber

Aber bitte! Sie beschreiben schon wieder ein Schreckensszenario, als müssten Sie die Notwendigkeit Ihres Frauenhauses begründen. Weltweit .. Massenvergewaltigungen .. ja, glauben Sie das alles wirklich?

Hier bei uns brauch sich auch niemand zu "verhüllen". Vor "lüsternen Männerblicken" können Frauen gefahrlos in feministische Frauenhäuser flüchten. Im Umkehrschluss müssen Sie uns mal erklären, wieso die FEMEN gefahrlos nackt quer durch Europa reisen und sich gelegentlich nur mal den barbusigen Oberkörper bedecken. Micaela Schäfer fühlt sich auch angezogen eher unwohl. Also das mit der Burka ist so eine Sache.

Der Aspekt der Terrorgefahr wäre allerdings ein Argument. Kein Mensch weiß, ob da überhaupt eine Frau drunter steckt bzw. ob die einen Bombengürtel um hat. Wenn so was in die Sparkasse kommt, würde ich sofort den Alarmknopf drücken.

PS: Vielleicht exportiert der Feminismus seine deutschen Frauenhäuser in muslimische Länder, damit die Frauen dort vor den lüsternen Blicken der Männer geschützt sind. (Früher waren Frauen mal stolz, wenn möglichst viele Männer ihnen hinterhergeschaut haben. Tja, so können sich die Zeiten ändern.)

(Anm. d. Red.: gekürzt)

Gravatar: Klartexter

Was hat das Burkaverbot mit der Einschränkung der Religionsfreiheit zu tun. Die Burka und andere Verschleierungsmthoden haben nur einen Zweck zu erfüllen, nämlich die Ferhüllung vor den lüsternen Blicken von Männern. Das ist angesichts der erschreckenden Anzahl von Vergewaltigungen in muslimischen Ländern und den Übergriffen und Vergewaltigungen von Europäerinnen durch Muslime durchaus angebracht. Die Religionsfreiheit geht nach dem Koran und der Scharia so weit, dass eine Ungläubige durchaus und straffrei missbraucht werden darf. Wo beginnt Religionsfreiheit und Toleranz und wo ist das Ende der Fahnenstange. In Europa sind offensichtlich schon einige über das Ende der Fahnenstannge der Religionsfreiheit geklettert.

Gravatar: Helene

Das hat mit Religionsfreiheit nicht mehr so viel zu tun. Es geht darum, daß die Gesellschaft ein Recht darauf hat, daß IHRE Regeln beachtet werden. Und im Abendland ist es üblich, sein Gesicht zu zeigen (worauf schon unsere Redensarten hindeuten). Demnächst macht sich bei uns eine Religion breit, die Menschenopfer oder totalen Nudismus fordert. Und die einknickenden Deutschen würden auch darüber noch Prozesse führen lassen. Dem Christentum ließe man ja menschenverachtende Praktiken auch nicht durchgehen.
Klugerweise haben die Franzosen auch darauf verzichtet, die Burka explizit zu nennen. Und so ist es auch richtig. Wer möchte eigentlich einem Mann in Bankräuber-Verkleidung begegnen? Genauso furchterregend für das Gegenüber ist eine Burka!!

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