Rebelliere gegen zu niedrige Erwartungen!

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Meine Frau, eine Pädagogin mit Herz und Seele und besonderem Interesse für Lernprozesse mit Jungs (wir haben ja selber fünf davon), kommt auf der Strasse ab und zu ins Gespräch mit Heranwachsenden. So geschehen im Bus. Ein bleicher, gut angezogener Zwölfjähriger drängte sich in den überfüllten Bus und stupste dabei herablassend eine Mutter, die mit ihren zwei kleinen Kindern im Eingangsbereich stand. Anstatt sich bei dem Betreffenden zu beschweren, suchte meine Frau das Gespräch. Sie sprach ihn auf sein teures Kickboard an. Stolz nannte er den Kaufpreis. Dann fragte sie ihn nach der Schule. Sofort war die gute Laune verschwunden. „Wer geht schon gerne zur Schule?“ fragte er verächtlich.

Ja, das ist eine gute Frage. Der Gruppensozialisierung sei Dank heisst es heute in der Lebensphase mit der meisten Zeit und Energie fürs Lernen: Lernen ist „uncool“. Warum eigentlich? Bei Heranwachsenden, die zu Hause unterrichtet werden, beobachte ich ganz andere Verhaltensweisen. Sie gehen mit Begeisterung und Ausdauer ihren Projekten nach. Sie lesen sich selbst durch dicke Fachbücher, fragen Erwachsene und gestalten, bauen, stricken und programmieren von sich aus. Was in der Schule in einem halben Jahr produziert wird, steht bei ihnen nach drei, vier Tagen. Ich habe dafür eine Hypothese:

Die Jugendlichen wissen nicht, was sie imstande sind zu leisten, weil sie von der Gesellschaft unterfordert und mit dem Vorurteil der Unreife abgestempelt werden, anstatt Verantwortung für ihr Leben übernehmen zu müssen. Alex und Brett Harris halten dagegen: “Rebelliere gegen niedrige Erwartungen!” Die Aufforderung, schwierige Dinge zu tun, meinen Alex und Brett vollkommen ernst. Sie sind davon überzeugt, dass dazu jeder Jugendliche in der Lage ist und nennen gleich einmal fünf Übungsfelder:

     

  • Tu Dinge, die dich aus deiner Wohlfühlzone holen!
  • Tu Dinge, die über das hinausgehen, was von dir erwartet wird!
  • Tu Dinge, die du nicht allein machen kannst!
  • Tu Dinge, die sich nicht sofort rentieren!
  • Tu Dinge, die sich von dem abheben, was alle tun!
  •  

 Mit 16 haben Brett und Alex den Blog www.therebelution.com gestartet. Ich sage dazu nur zwei Dinge:

     

  1. Wir brauchen dringend Alternativen zum westlichen “Teenager”-Konzept.
  2. Die fünf Leitsätze gelten auch für mein Leben.
  3.  

Erschien zuerst unter www.hanniel.ch.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Melanie

Große Zustimmung von mir, Herr Dr. Brosowski und herzlichen Dank für Ihren wichtigen Kommentar!

Gravatar: Dr .Gerd Brosowski

Einverstanden: Der Zugriff des Staates auf die Kinder muss zurückgeschraubt werden. Aber man muss nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten und zur privaten Unterrichtung zurückkehren, wie es vor Einführung der Schulpflicht der Fall war. Wir sollten nicht vergessen, dass die Schulpflicht eingeführt wurde, um die Kinder den Krallen der Arbeitswelt zu entziehen und um ihnen so einen Freiraum zu gewähren, um halbwegs ungestört lernen zu können.

Wer Kinder und Jugendliche in ernsthafter Auseinandersetzung mit frei gewählten, wichtigen, anspruchsvollen Zielen erleben will, möge die Trainingsstunden des DLRG, des THW, der Jugendfeuerwehr und dergleichen besuchen oder möge seinen Enkel in den Unterricht in einer Musikschule begleiten. Aber alle diese überaus wichtigen Einrichtungen sind gefährdet, wenn wir die Kinder in der Ganztagsschule von morgens bis abends festhalten und sie der Freiheit berauben, die sie brauchen, um sich die beispielhaft erwähnten oder andere selbstgewählte Ziele zu setzen und diese ausdauernd zu verfolgen.

Kehren wir zurück zur Schule am Morgen, die spätestens um 13.15 Uhr endet! Lassen wir die Kinder wieder Samstags in die Schule kommen, damit der Nachmittagsunterricht entfallen kann. So war es bis in die neunziger Jahre, und es hat wunderbar funktioniert. Unser Vereinsleben war weltweit anerkannt, man hat uns darum beneidet. Müssen wir denn alles zugrunde richten, was unser Bildungs-und Erziehungssystem einmal ausgezeichnet hat?

Gravatar: mestro

"Aus meiner Sicht muss man Kinder dem staatlichen Einfluss höchstmöglichst entziehen."
Das kann ich nur dick unterstreichen.

Gravatar: Karin Weber

Um Ideale bei Kinder zu erzeugen, müssten sie eine Perspektive haben. Sieht man sich nur u. a. den GenderMüll und den Schuldenberg an, mit dem die junge Generation unschuldig in diesem Lande konfrontiert wird, dann kann man schon verstehen, dass die kein Licht sehen.

Sich entwickelnde Einzelpersönlichkeiten sind doch in diesem Staat nicht erwünscht. Alles läuft auf Gleichstellung, Gleichmacherei und Einheit hinaus. Der Sozialismus ist da und wer ihn erlebt hat, der weiß, dass hinter einer schillernden rotgebannerten Fassade nicht wirklich eine Perspektive steckt.

Aus meiner Sicht muss man Kinder dem staatlichen Einfluss höchstmöglichst entziehen. Wie der staatliche Bildungsauftrag für die letzten deutschen Kinder in zuwanderungsdominierten Integrationsschulen aussieht, wurde hier schon oft angeführt.

Gravatar: Melanie

Volle Zustimmung, Herr Strebel! Kinder und Jugendliche werden heute behandelt, als dürfe nichts von ihnen erwartet werden, als seien sie allesamt in einem Zustand der Behinderung, dem Nachsicht und Samthandschuhe Rechnung tragen müssen.
Wer so erzogen wird, muss zwangsläufig zum Egoisten und Versager werden, der sich nicht selbst hilft, sondern immer nur Hilfe von anderen erwartet.

Gravatar: Stephan Achner

Genauso! Schluss mit der unsäglichen Kuschel- und Wohlfühl-Pädagogik. Das Leben in einer globalisierten Welt ist kein "Ponyhof".

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