Auf dem falschen Weg
Es ist durchaus möglich, daß eine ganze Gesellschaft auf Abwege gerät. Der Einzelne orientiert sich am Verhalten der Mitmenschen; niemals kann er sicher sein, daß das ringsum Vorgelebte auch das Richtige ist. Und so besteht immerzu die Gefahr, das gesamte Kollektiv könne damit beginnen, nachteilige oder ausgesprochen schädliche Verhaltensweisen zu praktizieren. Die modernen Ernährungsgewohnheiten zum Beispiel verursachen Zivilisationskrankheiten, deren sichtbarste die Fettsucht ist. Ein anderes Beispiel ist die Praxis fiatgeldfinanzierter Wohlfahrtsdemokratien, wo paradoxe Verhaltensweisen gefördert werden: Konsum und Verschwendung werden belohnt, Produktivität und Sparsamkeit werden bestraft.
Der Mensch ist ein soziales Wesen, und sein Verstand kann nur so weit reichen, wie es ihm die Kultur vorgibt, in der er lebt. „Das Gehirn ist ein Organ, das uns befähigt, Kultur aufzunehmen, aber nicht sie zu entwerfen“, warnte Friedrich August von Hayek jene Konstruktivisten, die sich vorgenommen haben, die Schöpfung zu verbessern. Und er wurde noch deutlicher: „Nur Narren glauben, daß sie alles wissen, aber es gibt viele davon.“
Auch Wege, die sich anfangs als bequem und nützlich darstellen, könnten auf lange Sicht ins Verderben führen. Diese Wahrheit sollte nicht in Vergessenheit geraten.
Mangelgeschwätz
Schule ist eine kollektive Einrichtung. Dem Individuellen bietet sie keinen Platz. Von den Verantwortlichen wird dieser Mangel sehr wohl empfunden, das schlechte Gewissen fördert indes nichts anderes als eine schier unerträgliche Geschwätzigkeit. Ohne Unterlaß reden Schulpolitiker und selbsternannte Experten der angeblich in der modernen Schule verwirklichten Individualisierung das Wort. Sie entwerfen das schöne, aber unrealistische Bild der persönlichen Betreuung und Förderung, bei dem kein Kind zurückgelassen wird. Nur wenige durchschauen diesen Euphemismus. Persönlich betreut und individuell gefördert wird das Kind nur an einem einzigen Ort der Welt: im Elternhaus.
Es läßt sich eine generelle Regel aufstellen: wovon in Politik und Öffentlichkeit am meisten die Rede ist, dessen tatsächlicher Mangel ist am größten. Wir haben es mit dem leeren Getöse von Mangelgeschwätz zu tun.
Die Ökologie des Schmerzes
Ernst Jünger sagt, der Schmerz fordere seine Außenstände zurück. Freude und Leid müßten im Leben eines jeden Menschen im Gleichgewicht sein. Die Homöostase der Gefühle ist notwendig, wenn man nicht in manchen Situationen verzweifeln will. Es existiert auch ein Gleichgewicht zwischen Recht und Unrecht, Freiheit und Unfreiheit, Gut und Böse – wiewohl das Pendel von der einen zur anderen Seite nicht immer im Takt schlägt. Die Froschperspektive, zu der wir alle verdammt sind, vermittelt nur einen Teil der Wahrheit, den anderen muß der Verstand ergänzen. Die Tragik des Daseins will es, daß Soll und Haben makroökonomisch zwar das Gleichgewicht halten, das Schicksal dem einzelnen aber willkürlich das eine oder das andere zuteilt.
Für den Gefühlshaushalt gilt: gleich dem Radfahrer, der sich nur durch kaum merkliches Schwanken nach links und rechts in der Vertikale hält, so pendeln auch die Bedingungen unseres Daseins hin und her. Es ist ein unablässiger Kampf, bei dem es stets nur darum geht, verlorengegangenen Raum zurückzuerobern.
Jedes Ding hat zwei Seiten, für jedes Lachen bezahlen wir mit Tränen, für jeden Genuß mit Schmerz. Gut tut, wer dies weiß und sich auf diese Buchhaltung des Lebens einrichtet. Der Vorausschauende legt seinen Begierden selbst die Zügel an. Er übt sich frühzeitig im vorübergehenden Verzicht, sonst wird ihm das Leben denselben mit brutaler Gewalt abverlangen. Er schluckt freiwillig dann und wann einen Löffel bittere Medizin, damit er nicht eines Tages das ganzes Faß in einem Zuge ausleeren muß. Es gibt sie tatsächlich, die Ökologie des Schmerzes.
Weshalb ist moderne Architektur so häßlich?
Im antiken und mittelalterlichen Wettstreit um Einfluß und Macht beeindruckten die Clans einander mittels Errichtung prächtiger Bauwerke. Monumentale Burgen und kunstvolle Sakralbauten sind Relikte einer Epoche, in der man sich noch durch handwerkliches Können und Kühnheit der Schöpferkraft zu übertrumpfen suchte. Wie anders stellt sich uns die Architektur heute dar. In atemberaubendem Tempo entsteht eine bauliche Scheußlichkeit nach der anderen: Schnelligkeit ist Trumpf!
Machtdarstellung dazumal war Kunst, Machtdarstellung heute ist das durch Kreditfinanzierung Machbare. Ob ein Bau entsteht oder nicht, wie groß er wird und welche Form er hat, ist vom Kreditrahmen abhängig. Und dieser scheint heute unbegrenzt zu sein, denn die Bauherren bestimmen diesen Rahmen selbst. Das Fiatgeld hat von Kunst und Können unabhängig gemacht. Bauen ist eine rein technologische Angelegenheit, gleichermaßen herzlos erscheinen die architektonischen Früchte.
Im Mittelalter wuchs die Architektur im Pulsschlag der Zeit heran – so manches Großprojekt überstieg die Lebenszeit des Bauherren. Niemand, der ein Großprojekt anordnet, muß dies heute noch befürchten. Quasi über Nacht werden Beton-Stahl-Glas-Silos hochgezogen, es sind allesamt Produkte abstoßend häßlicher Geistlosigkeit und monströse Zeugnisse der Gewaltherrschaft des Fiatgeldes. Gewaltherrschaft hat noch nie anderes als Häßlichkeit hervorgebracht. Allein die historisch gewachsene Autorität gewährt den notwendigen zeitlichen Rahmen, in welchem auch die Schönheit zur Entfaltung kommen kann. Gut Ding braucht Weile. Das gilt auch für heute, mehr denn je.
Am stillen Örtchen
Schriftlicher Hinweis auf der Innenseite der Toilettentür: „Bitte werfen Sie keine Binden in die Toilette. Benutzen Sie dafür den bereitstehenden Treteimer.“
Darunter locker hingekritzelt: „Habe es versucht. Eimer ist leider zu groß.“
Die „Damen-Schachtel“
In öffentlichen Damentoiletten findet man häufig ein Behältnis vor, das wie folgt beschriftet ist: „Lady-Box“. Wie wäre es mit der Eindeutschung des Begriffes? Mein Vorschlag: „Damen-Schachtel“.
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