Quoten verstoßen gegen Demokratie

 

Sind SPD, Grüne, Linke und CDU/CSU demokratische Parteien?

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Nach dem Wahlerfolg der „Piraten“ in Berlin wird die Kritik an dieser Partei immer lauter. Allerdings konzentrieren sich viele Kritiker nicht auf die politischen Inhalte, sondern auf den Umstand, dass bei den „Piraten“ kaum Frauen politische Ämter bekleiden. Unter den 15 Abgeordneten der Piratenpartei im Berliner Abgeordnetenhaus ist nur eine Piratin. Auch unter den Mitgliedern gibt es relativ wenig Frauen. Schnell wird von den Kritikern eine Frauenquote für die Piratenpartei gefordert.

Offensichtlich haben diese Kritiker den Sinn der Demokratie nicht verstanden. Jede Frau darf der Piratenpartei beitreten. Als Mitglied darf sie für ein Amt kandidieren. Wird sie von der Parteibasis mehrheitlich für das Amt gewählt, darf sie es auch bekleiden. Das ist Demokratie. Alles, was dieses demokratische Verfahren umgeht, z.B. Frauenquoten, ist undemokratisch.

Ein anderes Argument, das nicht nur gegenüber den „Piraten“, sondern auch gegenüber anderen Parteien erhoben wird, lautet: Wenn die „Piraten“ mehr weibliche Mitglieder hätten, würden mehr Frauen dort politische Ämter bekleiden. Es soll demnach ein proportionales Verhältnis zwischen der Anzahl von weiblichen Mitgliedern und den Inhaberinnen von politischen Ämtern bestehen (Beispiel: 30% der Parteimitglieder wären Frauen, dann müssten 30% der Ämter von Frauen besetzt sein).

Das läuft auf Zahlenverhältnisse hinaus und verstößt gegen die demokratische Wahlprozedur. Ich wiederhole: In einer demokratischen Partei darf jedes Parteimitglied für ein Amt kandidieren. Es muss sich zur Wahl stellen. Es kommt dann in ein Amt, wenn es mehrheitlich von den anderen Parteimitgliedern dafür gewählt wird. Es kann dann die demokratisch legitimierte Situation eintreten, dass die meisten Mitglieder in einer Partei Frauen sind, die meisten politischen Ämter dort aber Männer bekleiden, weil sie für diese Ämter mehrheitlich gewählt wurden. Und umgekehrt: Die meisten Mitglieder sind Männer, die meisten Ämter erhalten Frauen - aber ohne Quote, sondern aufgrund von demokratischen Wahlen.

Solange in einer Partei die Frauenquote besteht, können Männer, die sonst hätten kandidieren wollen, nicht kandidieren, weil sie Männer sind und durch die Frauenquote von der Kandidatur ausgeschlossen werden. Das ist undemokratisch. Aus der Perspektive der nicht kandidierenden Parteimitglieder, also aus der Perspektive der Wähler betrachtet: Solange die Frauenquote besteht, können viele Wähler diejenigen potentiellen Kandidaten nicht wählen, die sie sonst hätten wählen wollen. Die Frauenquote verletzt somit nicht nur die parteiinterne Demokratie, sondern schränkt auch die Wahlfreiheit entscheidend ein.

Der ehemalige wirtschaftspolitische Referent in der SPD-Bundestagsfraktion Klaus Funken hat in dem lesenswerten Artikel „25 Jahre Frauenquote sind genug“ eine sehr ernüchternde Bilanz der Frauenquote in seiner Partei gezogen. Er äußert verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine verbindliche Quotenregelung. Die Frauenquote in der SPD wurde auf dem Parteitag in Münster 1988 nur als zeitlich befristetes Mittel eingeführt (auf das Jahr 2013 befristet); denn sie stellt eine „Abweichung vom Grundsatz der Wahlgleichheit“ dar. Auf dem Parteitag 2003 wurde die Quotenregelung entfristet und auf Dauer gestellt. Die 40%-Frauenquote in der SPD führt nach Funken zur Bevorzugung von Frauen und zur Benachteiligung von Männern. Sie verletzt Art. 3, Abs. 3, S. 1 des Grundgesetzes, nach dem Menschen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit, hier aufgrund des Geschlechts, weder benachteiligt noch bevorzugt werden dürfen.

Außerdem wird durch die Frauenquote die innerparteiliche Demokratie beschränkt. Alle Parteien müssen ihren Mitgliedern die gleichen Mitwirkungsrechte gewähren. Die innere Ordnung der Parteien muss „demokratischen Grundsätzen“ entsprechen (Art. 21, Abs. 1, S. 3 GG). Das Bundesverfassungsgericht hat zwei „ganz elementare Anforderungen“ an die Parteien aus dem genannten Artikel abgeleitet: „Zum einen müssen sie den Aufbau und den Entscheidungsprozess von unten nach oben gewährleisten, zum anderen muss die grundsätzliche Gleichwertigkeit der Parteimitglieder bei der Willensbildung in der Partei garantiert sein.“

Klaus Funken analysiert die negativen Folgen der Frauenquote für seine Partei. Nur eine möchte ich hier hervorheben: Innerparteiliche Wahlen und Listenaufstellungen werden in großem Umfang „vorfestgelegt“, was dem demokratischen Entscheidungprozess zuwiderläuft.

Der bekannte SPD-Politiker Hans Apel, ein enger Vertrauter von Helmut Schmidt, schreibt in seinem Tagebuch zur Einführung der Frauenquote in Münster: „In persönlichen Gesprächen hält niemand diese Quotierung für sinnvoll. Auch die meisten Frauen sind dagegen, sie ziehen einen politischen Aufstieg ohne die Krücke der Quote vor. Auch sie befürchten, dass sich künftig weniger qualifizierte Männer in der SPD engagieren, weil ihre Aufstiegschancen über Jahre blockiert sind. Doch bis auf wenige Ausnahmen sind wir alle elende Feiglinge. Wir haben Angst vor der organisierten Kraft der Frauen in der ASF (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen) und hoffen, dass der Kelch der Quote an uns vorübergeht.“ Kritiker wie Hans Apel und Klaus Funken finden in der SPD-Führung offensichtlich kein Gehör.

Weitere Literatur:

Ralph Bärlingea, „Quoten: Angriff auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“

Qualifikation statt Quote

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Karl

Da wäre es dann aber längst nötig, dass die anderen parteien Quoten einführen, damit NICHT hauptsächlich Beamte und Juristen (darunter viele Lobbyisten) im Bundestag sitzen. Das wäre viel wichtiger als Geschlechterproporz.

Gravatar: Rudi Gems

Ich hatte es schon vor Monaten hier geschrieben. "Wer Qualifikationen von Körpermalen abhängig macht, ist ein Rassist!" Er befindet sich nicht nur außerhalb des Grundgesetzes, sondern auch im rechtsradikalen Bereich.

Grüße, Rudi Gems

Gravatar: ich

Ich wundere mich, dass es bei der Müllabfuhr noch keine Quotenregelung gibt. Oder bei den Fußballmannschaften. Bayern steht jede Woche ohne Frauen auf dem Platz. Die Nationalelf auch. Und bei den Frauenmannschaften sind ja die 100% Quoten erreicht..... Wo sind die Frauenquoten im Pflegedienst, bei den Kindergärten und Grundschulen, die z.B. auf 30% begrenzt sind? Man spricht doch immer von den 30 oder 40% Grenzen....

Gravatar: michael

ich denke daran wird man die Piraten messen können, knicken sie ein vor den Medien oder den giftspritztenden Frauenbewegten und Feministinnen oder behaupten sie sich? Als Wähler kann man dies nur beeinflussen indem man entsprechend wählt. Ich werde meine nächste Wahlentscheidung davon abhängig machen.

Gravatar: Dunken Sadovic

Hervorragender Artikel, aber auch die Ausführungen von Klaus Funke sprechen Klartext. Es wird Zeit, dass sich die Bürger gegen diesen Irrsinn wehren. "Kompetenz, statt Quote!" sollte das Motto ab sofort lauten. Niemand hat ein Problem mit einer Frau als Chefin, wenn sie denn kompetent ist. QuotenQuallen haben weder Kompetenz, noch Respekt der Mitarbeiter und ruinieren ein Unternehmen eher nachhaltig.

Gravatar: Günter Buchholz

Ich halte die m. E. ausgezeichnete Analyse von Dr. Ulfig in vollem Umfang für zutreffend; sie sollte bezüglich dieses Quoten-Irrweges überfällige Diskussionen in den Parteien anstoßen.

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