Probleme könnten durch Steigerung der Qualität beseitigt werden

Kita-Lüge 8: Häufig wird behauptet, die Probleme der Fremdbetreuung könnten durch Qualitätssteigerung der Einrichtungen beseitigt oder zumindest verringert werden (u.a. Jesper Juul (13) oder auch die politik- und wirtschaftsnahe NUBBEK-Studie und viele andere mehr).

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Allerdings werden diese Hoffnungen durch die NICHD-Studie klar enttäuscht: Im Alter von 15 Jahren zeigten sich bei früh ganztags betreuten Kindern gleich starke Effekte wie bei vernachlässigten oder misshandelten Kindern unabhängig von der Qualität der Betreuung: Kinder, die sehr gute Einrichtungen besuchten, verhielten sich fast ebenso auffällig wie Kinder, die in Einrichtungen minderer Qualität betreut wurden. „Die Qualität der Kinderbetreuung wirkte sich weder kompensatorisch noch schützend aus. Alles in allem steht damit fest, dass Krippenbetreuung die Stressregulation auch langfristig negativ beeinflusst. Und: Das in der Öffentlichkeit verbreitete Mantra ist falsch, alle Probleme der Krippenbetreuung ließen sich alleine mit Qualität lösen.“ (Rainer Böhm)

2008 warnte die Hamburger Psychoanalytikerin Ann-Kathrin Scheerer: “Es ist alarmierend, dass Millionen von Kindern im Alter von 8 Wochen bis 36 Monaten in Krippen betreut werden, deren personale Ausstattung und Ausbildung bei weitem nicht ausreichen, um ihnen die nötige zeitliche und emotionale Aufmerksamkeit zu bieten.“ (14)

Selbstverständlich müssen also die Qualität der Krippen, die Ausbildung der Erzieherinnen und die Betreuungsschlüssel verbessert werden, denn frühe und umfangreiche Betreuung von mangelhafter Qualität birgt ein hohes Risiko, nicht nur für die Bindungsqualität. Gute Krippen können zu etwas besseren kognitiven Leistungen im Vor- und frühen Grundschulalter führen. Allerdings verflüchtigen sich diese Effekte schon nach wenigen Jahren, wie der Erziehungswissenschaftler Klaus Zierer, Direktor des Didaktischen Zentrums an der Universität Oldenburg, ausführt: „Spätestens zum Ende der Grundschulzeit sind sie nicht mehr feststellbar.“ Dagegen stehen die intellektuellen Leistungen von Kindern, die in den ersten drei Jahren von gut ausgebildeten Eltern erzogen wurden: „Sie sind in hohem Maße nachhaltig, was von den Effekten der Kita nicht behauptet werden kann […]. Man spricht von Wash-out-Effekten und kann in der vierten Klasse nicht mehr feststellen, ob ein Kind in der Kita war oder nicht.“ (15)

In öffentlichen Verlautbarungen ist viel von der zu steigernden Qualität der Kitas und der „Professionalität“ des Personals die Rede – im Gegensatz zu den laienhaften Erzieherqualitäten der Eltern. Angesichts der unwürdigen Bezahlung, Ausbeutung und Überforderung der in diesen Einrichtungen tätigen, oft hochmotivierten Erzieherinnen und Erziehern entlarven sich solche Forderungen ebenfalls als pure Heuchelei.

Allein aus finanziellen Gründen bleiben die Gruppen zahlenmäßig deutlich über dem geforderten optimalen Betreuungsschlüssel. International gilt eine Erzieherin für drei bis vier Kinder als guter Standard. Die gebeutelten Kommunen sehen sogar in der Vergrößerung der Gruppenstärke oft den einzigen Weg aus dem Finanzierungsdilemma. Unter solchen Bedingungen müssen Empathie, sorgfältige Wahrnehmung der Verhaltensweisen der Kleinstkinder und die angemessene Reaktion darauf zwangsläufig auf der Stecke bleiben.

Erstaunlich ist, wie ein großer Teil der vielzitierten gut ausgebildeten Akademikerinnen, die in jeder Hinsicht um maximale Förderung ihrer Kinder besorgt sind, diese Tatsachen ignorieren.

(13) Jesper Juul: Wem gehören unsere Kinder? Dem Staat, den Eltern oder sich selbst? Beltz-Verlag 2012, S.15

(14) Ann-Kathrin Scheerer: Krippenbetreuung sollte nicht schöngeredet werden, FAZ vom 10.7.2008

(15) Klaus Zierer: Die missverstandene Bildungsgerechtigkeit, FAZ vom 16.8.2013

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Reiner Schöne

Der Staat will durch die Kinderbetreuung die Elternerziehung abschaffen, man hat einfach keinen Draht mehr zu den Kindern. Eltern werden als Zeugungsinstitution abgewertet, damit der Staat Kinder hat. Vorgemacht wurde es in der Anfangsphase im 3. Reich, nachgemacht durch den Sozialismus in der DDR und jetzt vervollkommnet. Beide Anfangssysteme gibt es nicht mehr.

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