Politische Reformen im Iran: Realität oder Halluzination?

Gastbeitrag von Hossein Yaghobi

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Seit der Entstehung der „islamischen Republik“ im Iran und der damit verbundenen regionalen und globalen Ereignisse steht die politische Entwicklung in diesem Land stets im Fokus des internationalen Interesses. Aufgrund der kulturellen und geopolitischen Lage des Landes war der Iran auch während des kalten Krieges für den Westen von großer Bedeutung.

Gleich nach der Machergreifung der Mullahs im Iran erklärte Ayatollah Chomeini „den Export der islamischen Revolution“ zum Grundpfeiler seiner Politik. Diese Politik führte im ohnehin als Spannungsfeld geltenden Nahen- und Mittleren Osten zu ernsthaften Konflikten, die bis heute noch andauern. Der achtjährige blutige Iran-Irak Krieg war auch im Wesentlichen von dieser außenpolitischen Doktrin Chomeinis beeinflusst.

Um die politischen Prozesse im Iran objektiv und realistisch zu analysieren, ist die Kognition der politischen Struktur der Islamischen Republik unabdingbar. Nur dann ist man in der Lage, die politischen Entwicklungen, z.B. die jüngste „Präsidentschaftswahl“ im Iran, besser zu verstehen.

Das politische System im Iran basiert auf dem im Artikel 5 des Grundgesetzes verankerten Prinzip der Welayat-e Faghih, der Statthalterschaft der religiösen Rechtsgelehrten. Die rechtlich-politische Grundlage des so genannten islamischen Staates beruht somit nicht auf der Volkssouveränität, sondern auf der Machtbestrebung des obersten religiösen Führers. Praktisch und faktisch bedeutet dies, dass der oberste religiöse Führer (=Welayat-e Faghih) befugt ist, als theokratischer Alleinherrscher alle Schlüsselorgane des politischen Systems zu besetzen bzw. unter seiner Kontrolle zu halten. In diesem Kontext werden auch die Freunde und Feinde des Systems definiert. Bereits am 7. September 1979 warnte Chomeini mit den Worten: „Die Widersacher der velayat-e faqih sind in Wirklichkeit Gegner des Islam.“

Vor diesem Hintergrund, was am 14. Juni im Iran geschah, war nach allen bekannten Definitionen und Normen alles andere als eine freie und legitime Wahl. Ein Wettbewerb unter 8 Kandidaten, deren tiefe herzliche und praktische Loyalität zum Prinzip der Welayat-e Faghih zuvor durch den so genannten Wächterrat bestätigt worden war, kann keineswegs den freien Willen der Iraner widerspiegeln.

Doch die fehlende Legitimation dieser Wahl darf nicht über deren Wichtigkeit hinwegtäuschen. Denn diese ist ein wichtiges Kapitel, das die politischen Koordinaten zutiefst zuungunsten der Welayat-e Faghih beeinflusst. Die politischen Entwicklungen im Iran werden nach dieser Scheinwahl einen beschleunigten Lauf nehmen. Darüber hinaus müssen die wesentlichen offenen Schlüssel- und Streitfragen, die die Mullahs gerne hinauszögern wollten, in einem engen Zeitfenster geklärt werden.

Die Hauptbotschaft dieser Scheinwahl war, entgegen der öffentlich verbreiteten Meinung, nicht der Sieg Rohanis, sondern eine klare Niederlage des obersten religiösen Führers, Ali Chamenei. Eine Niederlage, welche das Resultat tiefer Unzufriedenheit der Menschen von der gegenwärtigen Situation sowie deren Forderung nach dem Regimewechsel einerseits und der zunehmenden internen Machkämpfe andererseits ist. Zwei außerordentlich wichtige Faktoren, die die weitere politische Entwicklung im Iran entscheidend bestimmen werden.

Rohani und die gegenwärtigen Herausforderungen des Mullah-Regimes

Das iranische Mullah-Regime ist gegenwärtig mit drei Hauptherausforderungen konfrontiert:

- Explosive politische Lage, die das Produkt von über drei Jahrzehnten brutaler Unterdrückung der Menschen in allen Lebensbereichen ist. Seit über 30 Jahren werden im Iran jegliche Bestrebungen nach Freiheit im Keim erstrickt. Auf den Punkt gebracht, hat das Mullah-Regime eine katastrophale Bilanz.

- Außenpolitische Niederlage und regionale Isolation. Der „Export der islamischen Revolution“, der außenpolitisch eine wichtige Stütze des Mullah-Regimes war, ist vehement von den Menschen in den islamischen Ländern abgelehnt worden. Der einzige Verbündete der iranischen Mullahs ist der syrische Diktator, der selbst auf wackeligen Füßen steht.

- Atomstreit und das Ende des Spielchens auf Zeit. Die internationale Gemeinschaft ist alarmiert, dass ein nuklearer Iran eine regionale und globale Bedrohung darstellt.

In all diesen Fragen, insbesondere, was die Atomfrage betrifft, hat Hassan Rohani nichts zu sagen, selbst wenn er wollte. Hierzu hat Rohani bestenfalls keine Rolle als die eines Frühstücksdirektors.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: M. Moshiri

Sehr geehrter Herr Lemmermann,
man kennt Sie durch Ihre Kommentare in Zeit Online und weiß, wie Sie als Deutscher (!!) die Mullahs und insbesondere Khamenei unterstützen. Ich überlasse es den Lesern, sich im Internet ein Bild von Ihnen zu machen.
Aber auf Ihren Leserbrief über meinen Artikel in der Berliner Umschau muss ich Ihnen antworten. (Gewöhnlich antworte ich den Verfassern solcher Kommentare wie derer in Zeit Online nicht.)
Ich möchte den Lesern Ihres Leserbriefs in der Berliner Umschau klar machen, was in Ihrem Text falsch und irreführend ist:
1- Sie schreiben:
Der Revolutionsführer kann vom Wächterrat abgesetzt werden.
Falsch: Er kann (theoretisch!) nur durch die so genannte Expertenversammlung abgesetzt werden.
Paragraph 111 Verfassung der Mullahs:
„Sollte der Führer unfähig sein, seine Aufgaben zu erfüllen, wird er von der Expertenversammlung abgesetzt.“
Aber wer sind die Mitglieder dieser Expertenversammlung, dass sie seit 35 Jahren dem Führer keine einzige Frage gestellt und ihn nie kritisiert haben?
Es sind Rechtsgelehrte (meist im Mullahrang), die gemäß Paragraph 107 der Verfassung vom Volk gewählt werden, aber alle Kandidaten müssen vom Wächterrat bestätigt werden.
Und wer sind die Leute vom Wächterrat?

Sie schreiben: „Khamenei ernennt den Wächterrat nicht alleine. Die sechs hohen Geistlichen, die ihm angehören, werden von ihm ernannt, wohingegen die sechs Juristen vom Parlament gewählt werden.“
Falsch: Sechs Personen, alles Mullahs, werden von Khamenei direkt ernannt. Sechs weitere Personen werden durch den Chef der Justiz ernannt und dem Parlament vorgeschlagen. Sie müssen vom Parlament bestätigt werden.
Wer wählt direkt den Chef der Justiz? Khamenei selbst.
Das heißt, alle 12 Mitglieder des Wächterrates werden direkt oder indirekt von Khamenei (dem Religiösen Führer) bestimmt.
Das heißt weiter, der Wächterrat wird keinen zulassen, der sich im Iran gegen Khameneis Willen als Kandidat für die Wahlen zum Parlament, für die Präsidentenwahl oder die Wahl des Expertenparlaments aufstellen lässt.
Das Expertenparlament wird für acht Jahre gewählt. Es besteht aus 86 Personen aus religiösem Feld, die dem Führer treu ergeben sind.
Das heißt, kein Posten im Iran wird ohne Zustimmung Khameneis besetzt.

Sie schreiben, Rafsanjani habe aus Altersgründen nicht Präsident werden wollen …
Falsch: Warum hat er sich dann als Kandidat beworben?
Warum schreibt Isna (eine regimetreue Presseagentur) am 09.06.2013:
„Die Führung des Landes kann nicht durch Banden und Flügel (hier sind die Flügel des Khamenei-Lagers) ausgeübt werden“ ...?
Mehrfach hat Rafsanjani gesagt, er fühle sich zur Rettung des Landes verpflichtet und lasse sich deshalb als Kandidat aufstellen. …
Wenn man Ihre Aktivitäten als Deutscher in Zeit Online verfolgt, kann man feststellen, dass Sie häufig zugunsten des Regimes im Iran schreiben und das ist offenbar Ihr Hauptthema.
Wir sind als Exiliraner Opfer des Regimes - was sind Sie denn?

Mohammad Moshiri
Schriftsteller in Berlin
21.08.2013

Einige Kommentare von Markus Lemmermann in Zeit Online:

markus lemmermann
Wohnort:
63065 offenbach
Jahrgang:
1981

http://www.zeit.de/2013/32/iran-atomstreit-obama-hassan-rohani?commentstart=17#cid-2956811
Zeit online
1.08.2013
IranAngereicherte Hoffnung
In Washington Obama, in Teheran Ruhani: Sie könnten den Atomstreit beilegen. Von Gero von Randow
• m.lemm
• 12.08.2013 um 7:56 Uhr
23. Wer ist der Beserker? Wer besitzt die Atomwaffen?
Dem Iran hat man eine Sanktionsrunde nach der anderen verhängt, obwohl das Land sich an alle völkerrechtlich bindenden Verträge gehalten hat. Würde man hier bei uns die UN-Charta oder den Atomwaffensperrvertrag nur halb so ernst nehmen, wie der Iran seine Religion und die damit verbundenen Fatwas ernst nimmt, die Atomwaffen verbieten, dann könnte man von einer Vorbildfunktion der westlichen Akteure spechen, stattdessen untergräbt man durch die Entwertung der UN-Charta und dem NPT nur die eigene Glaubwürdigkeit.
• m.lemm
• 08.08.2013 um 5:32 Uhr
57. Copy&Paste-Journalismus
"Der Westen verdächtigt den Iran, an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten, was Teheran bestreitet."
Immer wieder wird das dem Leser eingetrichtert. Wer ist "der Westen"? Lediglich einige westliche Politiker meinen, der Iran wolle Atomwaffen bauen, wobei selbst ihre eigenen Geheimdienste ihnen widersprechen. Selbst der Generaldirektor der IAEA Amano hat gesagt, dass der Iran sich nicht dazu entschieden hat, Atomwaffen zu bauen.
Zwar überprüfe ich sehr gerne die Quellen, doch eigentlich sollte das die Aufgabe der Redakteure sein, vor allem weil nicht jeder Leser die Zeit findet, alles zu überprüfen.
• m.lemm
• 08.08.2013 um 1:30 Uhr
53. Widerlich, wie Herr Naß im Namen der Iraner spricht.....
Alle internationalen Statistiken (z.B. CIA World Fact Book) weisen auf, dass die wirtschaftlichen Probleme auf die Sanktionen zurückzuführen ist. Bis 2011 hatte Iran sogar eine verhältnismäßig gute Wirtschaft. Ahnungslos ist hier nur der Autor, der lediglich den "Humor" der iranischen Führung vermisst. Ist das also alles nur ein Witz? Soll die iranische Führung jetzt eine Comedy-Show starten nach der Verhängung von Sanktionen, die sich stark auf das iranische Volk auswirken (Auch die Iraner machen die USA nach der Studie von GALLUP für die Probleme verantwortlich), nach den Morden an Atomwissenschaftlern und nach den ständigen Drohungen eines militärischen Erstschlages? Erwartet er Humor von Iran, nachdem man die zwei Nachbarstaaten Irak und Afghanistan zerbombt hat und in Pakistan, einem weiterem Nachbarland, der Terrorismus wortwörtlich mehr boomt denn je, seitdem das Land mit den Vereinigten Staaten noch enger kooperierte? Gerade das von US-Drohnen heimgesuchte Pakistan zeigt, was der Iran außenpolitisch richtig gemacht hat: Der Iran hat verstanden, dass Atomwaffen ein Land nicht vor einem solchen Schicksal schützen kann, und wenn man sich die Lage in dem Land (und natürlich auch im Irak und in Afghanistan) betrachtet, dann ist es auch nicht verwunderlich, dass der Iran an seine Rechte festhält und nur so weit nötig kooperiert, also sollte der Autor sich Verweise auf einen Mangel an Humor in einem solchen Kontext, in dem es um Menschenleben geh, gefällig
• m.lemm
• 07.08.2013 um 0:10 Uhr
39. Immer wieder Fehlübersetzung und folglich Fehlrückschlüsse
"Fetneh" heißt Zwietrachter und nicht "Aufhetzung der Massen"... immer diese Fehlübersetzungen... (wie mit dem falschen Zitat von Ahmadinedschad und neuerdings auch Rohani)... das erscheint mir langsam wirklich amateuerhaft.

Gravatar: Greta Tüllmann

Alles spricht dafür, dass Rohani kein Moderat ist. Unter den fundamentalistischen Mullahs hat es keine Wahlen geben können. Rohani bemüht sich um den Erhalt des bisherigen Systems. Das beteuert er in aller Deutlichkeit. Wir dürfen uns nicht manipulieren lassen. Die Menschen dort verdienen eine echten Wechsel: Regimechange.

Gravatar: hayek

Das ist doch lächetlich, in Shah zeit war viel mehr unterdruckung als jetzt, ich selbe würde mehrmals von eurem Sawak Geheimdienst geschlagen und viele unsere Freunde ebenso. Ws gab nicht mal einen Autobahn. Iran musste sogar Stecknadeln von USaA kaifen genau wie Saudi Arabien. Bitte hören Sie auf mit eurem längst verstorbener Shah. Glauben Sie mir er ist zurzeit als Mitarbeiter von Teufel tätig wie seinen Lebenzeit für Israel und USA.
Er so viele Unschuldigen auf die Gewissen und Sie wollen Ihn aus Graben aufwecken?

Gravatar: urvo

Politische Reformen im Iran: Realität oder Halluzination?
Keineswegs haluzination.
wir sehnen uns doch nach den idealen Bedingungen, welche wir unter Seiner Majestät Schahinschah König der Könige,Ariamehr das Licht der Arrier, Perserkaiser der Leztzte einiger Zeit genießen dürften. Wird in uns die Erinnerung an die für uns goldene Zeiten - was sehr leicht zu bewerkstelligen ist und selbst gern nachhelfen - gewekt, so verlieren wir jeglichen Sinn für die Realität. Wir Verfallen dann unserem Wünschtraum und Sehensüchte. Stellen wir uns vor die goldenen Zeit seien sicht- und hörbar nah. Sehen unseren Wünschträumen wahr geworden. Das sind keine Hlluzianationen. soweit sind wir noch nicht. Befinden uns im Stadium von Wünschträumen. Diesen Ttrance verfallen wir seit 1978 7 79 immer wieder. Wenn wir dann und wann in Normalzustand zurückkehren, vom Schlaff mit Wünschtraum aufwahen, den Realzustand wahrnehmen, so schreien wir Amerika schlag doch endlich zu. Er aber ist selbst starr und immobil geworden. Schon sein längerem. Mindestens seit 1978 /79. Schade? Was?

Gravatar: toni

Was auch interessant ist, ist die vorgeschlagene Ministerposten von Rohani.
100% Leute aus Sicherheit und Informationbehörten( Geheimdienst) trotzdem 3 von Ihnen nicht genug Khameneis waren vertrauten. und wurden durch sogenanntes Parlament der Mullahs abgelehnt.
Der Krieg der Wolfen ist schon angefangen

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