Politik für die Zeit nach der Krise

Einige Milliarden mehr für Wissenschaft und Bildung – Politiker und Professoren loben sich. Dabei hat die Politik eigentlich nur das Notwendigste getan und das ziemlich spät.

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Es gehört schon seit Jahren zum Allgemeinwissen, dass Bildung Zukunft bedeutet und dass hier mehr investiert werden muss. Erst recht in einem Staat wie Deutschland, der wegen fehlender Rohstoffe wie kein anderer in Europa so stark auf das Kapital in den Köpfen angewiesen ist. Ohne Stärkung der Innovationskraft, die aus der Bildung erwächst, zieht jede Industrienation auf Dauer im internationalen Wettbewerb den Kürzeren. Das kann auch Deutschland passieren. Der Mangel an Fachkräften hierzulande und der im Vergleich zu den USA und anderen Nationen nachlassende Eifer bei den Patentanmeldungen zeigen an, dass die Innovationskraft im Land der Denker und Tüftler nicht mehr so strotzt. Es gibt einiges aufzuholen.

Es gibt aber auch einiges nachzudenken. Denn eines ist klar: Die Innovationskraft, Schlüsselgröße der Zukunft, ist nicht nur eine Frage der Wissensvermittlung an den Schulen und Universitäten. Sie ist eine Frage von Bildung im weiteren Sinn, von Persönlichkeitsbildung, mithin auch von Emotionen. Und das fängt schon sehr früh an. Emotionen sind nach einem Wort des bekanntesten amerikanischen Kinderpsychotherapeuten Stanley Greenspan die „Architekten des Gehirns“. Sie fördern die Bildung neuronaler Verschaltungen, mithin das Wachstum des Gehirns. Gute Emotionen schaffen gutes Wachstum, Ausdauer, Empathie und soziale Kompetenz, schlechte Emotionen und Traumata bremsen das Wachstum und führen zu Ängsten und Verhaltensstörungen. Viele Forscher sagen deshalb: Bindung geht der Bildung voraus. Mit anderen Worten: Zuwendung, Zärtlichkeit, Zeit – die drei großen Z von Pestalozzi – schaffen die Voraussetzung, dass das Kind später gut lernen, sich konzentrieren und mit Ausdauer beschäftigen, also nachhaltig arbeiten kann, dass es innovativ ist und so später als Ingenieur den (deutschen) Export mit anschieben kann, dass es seine Gefühle einordnen und so teamfähig sein kann, dass es, kurz gesagt, über das Humanvermögen verfügt, um Staat und Gesellschaft menschlich mit zu gestalten.

Ein Symposium am 29. Juni in Berlin (www.i-daf.org) will diese Zusammenhänge, die innere Logik zwischen Bindung, Bildung und Innovation aufzeigen. Es kommen Bindungs-, Familien- und Hirnforscher zu Wort, Entwicklungspsychologen, Ökonomen und Chefs großer Unternehmen. Sie stellen sich Fragen wie: Was sagt uns die Wissenschaft über die Zusammenhänge von Bindung und Bildung? Welche Rolle spielt die Liebe? Was heißt in diesem Kontext Hochbegabung, was heißt Humanvermögen? Welche Fähigkeiten brauchen der Arbeitnehmer und die Wirtschaft für die Zeit nach der Krise? Welche Bildungswege führen zu mehr Innovation? Müssen Bildung und Arbeit nach der Krise neu organisiert werden? Das sind Fragen, die sich eine zukunftsorientierte Politik stellen sollte.

Das wäre innovativ und nachhaltig - und führte weiter als zu einigen Milliarden für ein überholtes Bildungssystem. Das Symposium ist für Interessierte offen und sprechen sollen auch Wirtschafts- und Technologieminister zu Guttenberg und Familienministerin von der Leyen. Man darf gespannt sein, ob die Politik sich für Impulse eines ganzheitlichen, umfassenden Denkens noch offen zeigt.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Charly W.

Von den Regierungsparteien erwarte ich nichts mehr.
Jetzt noch kurz vor den Wahlen so eine Werbeaktion mit Selbstverständlichkeiten.
Eine ganzheitliche Lösung muss her.
Bildung und Bindung ist nicht genug, das Arbeitsleben muss zu einem auskömmlichen Leben ausreichen. Der Exodus der Mediziner und Ingenieure muss gestoppt werden. Die Steuergesetze müssen vereinfacht werden. Der Staat muss schlank werden.
Das Ausplündern der Sozialkassen und der Rentenversicherung durch Nichtzahler muss aufhören. Die "Bankenrettung" darf nicht weitergehen. Wer jetzt schon für die Zeit nach der Krise plant soll lieber seine Energie zur Überwindung der Krise aufwenden.
Wir haben nicht nur eine Wirtschaftskrise, wir haben eine Systemkrise.

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