Partner in der Not

Schon wieder eine neue Ära. Sie trägt den Namen Obama, vielleicht auch den Doppelnamen Obama-Medwedjew.

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Zwar ist noch keine einzige Atomrakete verschrottet, aber das Ziel ist vorgegeben – und signiert von den beiden Namen. Damit ist die erste Stufe der Abrüstungsrakete gezündet. Wie weit sie trägt, hängt von den anderen Stufen ab. Das sind der Senat in Washington und Ministerpräsident Putin in Moskau. Beide Institutionen sind nicht so leicht berechenbar. Da geht es auch um andere, sachfremde Aspekte, nämlich um die Macht.

Das Präsidentenpaar von Moskau hat die Schwierigkeiten im jeweiligen Lager wohl im Blick. Obama verliert seine Außenministerin Clinton nicht aus den Augen und versäumt auch keine Gelegenheit, sie an den Rand zu drängen. Das gilt für Nahost ebenso wie für den Irak, Europa, China oder jetzt Russland. Meist bereitet er selbst das Terrain vor und dann kommen die Sondergesandten des Präsidenten, die die Arbeit erledigen. Für Hillary Clinton bleibt Administratives. Obama regiert mit einem Küchenkabinett an Beratern. Ähnliches gilt für Medwedjew, allerdings unfreiwillig. Sein Widersacher Putin hat in der Regierung die Schaltstellen mit eigenen Leuten besetzt, der Präsident muß Freunde auch außerhalb suchen. In Obama hat er einen gefunden. Der hilft ihm nach Kräften, schon weil er Putin als Vertrauten von Bush und Mann der Vergangenheit einstuft. Seine Bemerkungen über Putin im Vorfeld des Treffens mit Medwedjew waren eine Einmischung in den inneren Machtkampf im Kreml. Obama weiß: Putin betreibt die Restauration des alten Regimes, der alte Geheimdienstmann träumt von der Weltmacht Russland. Medwedjew dagegen ist realistischer. Er will Partner sein, nicht Herrscher.

Für beide Präsidenten steht die gemeinsame Bewährungsprobe ihrer Partnerschaft noch aus. Sie heißt Iran. In Sachen Terrorismus arbeiten sie zusammen, amerikanische Soldaten dürfen russisches Territorium für ihren Einsatz in Afghanistan überfliegen. Das Land am Hindukusch soll nicht wieder Zufluchtsgebiet des islamistischen Terrors werden. Beide wissen, dass das Regime in Teheran die schiitischen Kämpfer in Afghanistan und auch im Irak unterstützt. Beide wissen, dass eine Atommacht Iran eine Gefahr für den Frieden bedeuten würde. Das wollen beide verhindern. Putin ist schon eher bereit, mit den Mullahs zu kooperieren, um den Einfluss Washingtons in der Region zu schmälern. Aber nicht nur interne Gegner und außenpolitische Problemfelder, auch die Wirtschafts-und Finanzkrise schweisst die beiden Präsidenten zusammen. Es gibt weniger Ressourcen und engere Spielräume in der Innenpolitik. Insofern hat Obama durchaus recht, wenn er sagt: Wir haben mehr Verbindendes als Trennendes. In der Not rückt man halt enger zusammen. Eine Vision oder neue Ära ist das noch nicht.

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