One more thing ... iGod?

Ich gebe zu, ich bin ein Apple-Fan! Ich nutze iTunes zum Musikdownload, besitze zwischenzeitlich mein zweites iPhone (allerdings noch ein 4er …) und ein iPad.

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Zu mehr Apple- und Mac-Technik hat es nicht gereicht, was aber eher an meiner finanziellen Ausstattung und der generellen Fixierung auf Windows- und Office-Produkte im Geschäftsbereich liegt denn an der Überzeugung, dass diese besser wären als die Produkte aus dem Hause Jobs Erben.

Andererseits bin ich kein Apple-und-Jobs-Jünger! Der Tod des Apple-Gründers hat mich betrübt, an der damaligen medialen Heiligsprechung mochte ich schon weniger teilhaben. Und – um den Unterschied deutlich zu machen – ich habe zwar immer mal wieder gehört, dass ein neues iPhone und so was wie eine iWatch, also eine Apple-Uhr in Planung war, habe aber erst Dienstag Nachmittag erfahren, dass die Präsentation der neuen Produktgeneration am gleichen Abend (mitteleuropäischer Zeit) stattfinden würde. Bei mir also kein Hype, wohl aber Interesse. Ich mag das Apple-Design, bin davon überzeugt, dass Steve Jobs und sein Team visionäre Geister waren bzw. sind, die unser Leben mehr beeinflussen, als uns vielleicht bewusst, und vielen möglicherweise lieb ist.

Insofern ist auch die Apple-Uhr ein interessanter Aspekt. Eigentlich braucht kein Mensch eine solche Uhr – aber eigentlich braucht auch kein Mensch ein iPhone oder ein anderes Smartphone. Und vor deren Auftreten gab es eine Zeit, in der Menschen mit einem Mobiltelefon schräg angesehen wurden, weil so was die meisten für unnötig gehalten haben. Produzenten reagieren aber nicht nur auf Kundenbedürfnisse, sie wecken sie auch. Anders ist kaum zu erklären, weshalb Menschen einen Apple-Aufschlag bei Telefonen bezahlen, die sie von der Funktionsfähigkeit her auch günstiger bekommen könnten. Ich selbst beruhige mich mit dem Gedanken, diese Kaufentscheidungen doch einigermaßen bewusst zu treffen – aber sicher bin ich mir nicht!

Die Uhr liefert also einiges, was eine normale Uhr wie Sie und ich sie am Handgelenk tragen, nicht hat: neben der Zeitanzeige ist das zum Beispiel die Ausstattung mit bekannten Apps, herausragend soll beispielsweise eine Navigation sein, die einen durch Vibrationen der Uhr den rechten Weg weist (bzw. auf den falschen eingeschlagenen aufmerksam macht). Auch Gesundheitsdaten soll die Uhr über die Haut erfassen können – was mich schon eher hinsichtlich der Möglichkeiten der Überwachung beunruhigt, und sie hat integriert das neue Online-Bezahlsystem von Apple: Bezahlen mit der Uhr, die man ohnehin immer am Handgelenk hat (wenn ich es recht gelesen habe, gibt’s dieses Feature erst mal nur für den amerikanischen Markt, wird aber auch hierzulande nicht lange auf sich warten lassen). Selbstverständlich kann man mit der Uhr auch Musik hören, Mails lesen (und schreiben?) oder andere Apps wie Twitter, Facebook etc. nutzen.

Ernüchternd in dem Zusammenhang: die Uhr erscheint Anfang Januar zu einem Preis von voraussichtlich rund 350 bis 400 € - nicht eben wenig, wenn man vom Preis einer „normalen“ Uhr ohne besondere Funktionen und nicht aus einer Edelmanufaktur ausgeht.

Und – braucht man sowas? Eigentlich nicht, so wenig wie ein Smartphone, so wenig wie man früher ein „Handy“ benötigte. Und trotzdem beschleicht mich das Gefühl, dass in wenigen Jahren jeder mit so was wie einer Smartwatch durch die Gegend laufen wird, sei es von Apple, sei es von einem anderen Hersteller. Ich müsste bald mal ein neues Handy haben, mein Home-Knopf auf dem alten iPhone lässt langsam deutlich nach (scheint ein nicht seltenes Problem zu sein) und ich liebäugle mit dem neuen iPhone 6 – was rein finanziell erst mal die Anschaffung der Uhr ausschließt. Aber ich habe doch das Gefühl, dass auch ich in ein paar Jahren eine solche Uhr am Handgelenk tragen werde.

Warum ich das alles hier in einem katholischen Blog schreibe: Wenn Apple es schafft, Millionen Menschen für etwas Profanes wie ein Mobiltelefon oder die angebliche Neuerfindung der Uhr zu begeistern, wenn so viele Menschen auf das „one more thing“ warten, als sei es ein Heilsbringer (Sie sehen, ich komme zum Punkt), wieso gelingt uns das nicht mit unserer Nachricht von der Erlösung der Welt? Ist es Marketing, ist es Design? Es ist leicht, das auf den „Markt“, also die Menschen zu schieben, wie Schreibmaschinenhersteller die auf die Nutzer von PCs schimpfen. Erfolgversprechender scheint mir zu sein, unser Herzblut bei der Vermittlung unserer Botschaft in Frage zu stellen. Man sagt von Apple-Mitarbeitern, dass sie stolz seien, für ihr Unternehmen zu arbeiten. Sie verstehen ihren Beruf als etwas Besonderes, ihre Produkte als etwas, auf das die Welt gewartet hat, auch wenn sie es noch nicht weiß – Ich finde, das klingt ähnlich wie bei Kirchens: Viele meinen, ohne sie auskommen zu können, aber was wirklich fehlt ist derjenige, der bewusst macht, dass es doch ein Bedürfnis nach „mehr“ gibt, das nur Gott befriedigen kann.

Solange wir als Christen im Grunde immer noch glauben, eine Smartwatch oder das neue iPhone sei in den Augen der Menschen wichtiger als deren Seelenheil, solange wird das auch so sein. Wenn Apple glauben würde, die Menschen könnten eine Smartwatch nicht brauchen, würden sie sie nicht produziert haben. Sie haben sie hergestellt und wir werden vermutlich in ein paar Jahren nicht mehr wissen, wie wir ohne ausgekommen sind. Sollte uns das nicht irgendwie als Vorbild dienen?

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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