Offener Brief an Stanislaw Tillich

Ich habe den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich in einem offenen Brief gebeten, die Öffnung der CDU zum bundesweiten Volksentscheid zu unterstützen. Hier der Wortlaut des Briefes:

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Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

lieber Parteifreund Stanislaw Tillich,

ich möchte Sie bitten, sich für eine Öffnung unserer Partei für den bundesweiten Volksentscheid auszusprechen. So können wir vor der anstehenden Landtagswahl in Sachsen ein starkes Signal setzen, um bürgerliche Wähler neu für die CDU zu begeistern.

Als Bürgerrechtlerin und Christdemokratin setze ich mich schon lange für mehr Direkte Demokratie ein. Die Erfahrung in der DDR hat mir gezeigt: Wenn Menschen sich engagieren, aufbrechen und von unten etwas bewegen wollen, dann können sie sehr viel erreichen und Vieles zum Guten wenden. Ich wünsche mir deshalb, dass auch die CDU sich für mehr direkte Demokratie öffnet und den bundesweiten Volksentscheid in ihre Programmatik aufnimmt. Dafür spricht sich übrigens auch die überwältigende Mehrheit der Mitglieder und Wähler unserer Partei in Umfragen aus.

Die Argumente, die bis heute noch von Christdemokraten gegen Volksentscheide vorgetragen werden, sind vielfach widerlegt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das Ermächtigungsgesetz von 1933, das oft als Beleg für die Gefahren direkter Demokratie angeführt wird, kam gerade nicht durch eine Entscheidung des Volkes zustande, sondern durch ein terrorisiertes Parlament. Wir können sehr viel Glaubwürdigkeit beim Wähler zurückgewinnen, wenn wir uns endlich von solchen und ähnlichen falschen Argumenten trennen.

Demgegenüber gibt es gerade aus christdemokratischer Sicht sehr gute Argumente für den Volksentscheid. Denn zahlreiche Beispiele aus den Bundesländern und aus anderen Ländern zeigen, dass sich für viele unserer Themen und Positionen durch Volksentscheide die politische Durchsetzungschance deutlich erhöht. Ein Beispiel: Wir haben in unser Regierungsprogramm 2013-2017 den tariflichen Mindestlohn als Alternative zum gesetzlichen Mindestlohn aufgenommen, den wir aus ökonomischer Vernunft heraus bisher abgelehnt haben – ohne Erfolg. Die Schweizer haben den gesetzlichen Mindestlohn einfach per Volksentscheid verhindert.

Wir müssen aufpassen, dass wir den Anschluss im bürgerlichen Lager nicht verlieren. Unsere Konkurrenten von der FDP und der AfD haben den bundesweiten Volksentscheid längst im Programm – selbst unsere Schwesterpartei CSU ist dafür. Die Zeit ist also reif für ein nachhaltiges Umdenken – dies ist unsere große Chance vor der Sachsenwahl.

Bitte teilen Sie mir noch vor der Wahl mit, ob Sie bereit sind, die Öffnung der CDU zum bundesweiten Volksentscheid zu unterstützen und mitzutragen. Über eine positive Zusage würde ich mich sehr freuen. Ich werde vor der Wahl über 20.000 bürgerliche Wähler in Sachsen anschreiben, um sie für das Thema bundesweite Volksentscheide zu gewinnen. Wenn Sie mir Ihre Unterstützung signalisieren, können wir für die CDU einen neuen Aufbruch schaffen.

Mit sehr freundlichen Grüßen,

Ihre

Vera Lengsfeld, MdB a.D.

Sprecherin

Bürgerrecht Direkte Demokratie 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Karin Weber

Als Kurt Biedenkopf noch Ministerpräsident in Sachsen war, da war ich treue CDU-Wählerin, ohne zu wissen, was da im Hintergrund in der 2. Reihe agiert und nach vorn drängt. Der Ex-Landtagsabgeordnete Karl Nolle war sicherlich ein unangenehmer Zeitgenosse, aber er hat (bis man ihn über das Finanzamt platt gemacht hat) den Finger in der Wunde gehabt. Man lese sich einmal in die kleinen Anfragen des Ex-Landtagsabgeordneten ein:
http://www.karl-nolle.de/medienservice/pdfrtf

Ich erinnere daran, dass in Sachsen konsequent die Funktionsträger des SED-Regimes aus dem ÖD entfernt wurden. Tlw. wurden belastete Lehrer sogar aus dem Unterricht herausgeholt. Insofern ist es seltsam, dass in Sachsen sich doch Altkader rübergerettet haben. Ein gutes Beispiel dafür scheint ein hoher Polizeiführer des Freistaates Sachsen zu sein:
http://www.karl-nolle.de/medienservice/pdfrtf/cat/54

Insbesondere solche Vorgänge sollte man kritisch hinterfragen:
http://www.karl-nolle.de/medienservice/download/id/548

Aber auch der derzeitige Ministerpräsident Tillich hat von Herrn Nolle sein Fett wegbekommen:
http://www.karl-nolle.de/medienservice/pdfrtf/cat/40

Sehr interessant sind solche Details und ich verstehe nicht (ohne das ich dies selbst bewerte!), warum man da nicht offen & ehrlich antworten kann und derart ausweicht:
http://www.karl-nolle.de/medienservice/download/id/441
http://www.karl-nolle.de/medienservice/download/id/442

Verstehen Sie jetzt, Frau Lengsfeld, warum ich von der CDU Abstand genommen habe? Es ist nicht nur der Sachsensumpf, der regelrrecht totgeschwiegen wurde, da ist noch viel mehr. Ich gebe offen zu, vor Jahrzehnten Mitglied der SED gewesen zu sein. Es war der Fehler meines Lebens, den ich aber weit vor der Wende korrigierte als ich feststellte, dass irgendetwas verkehrt sein muss, wenn ich mit solchen Stasi-Leuten in einer Partei bin und man so mit mir umgeht (Anmerkung: Ich habe eine dicke Stasi-Akte.). Wie kann das sein, dass solche Leute wie dieser Polizist, die damals keine Berührungsängste zum System hatten bzw. dazu gehörten, heute wieder auf solchen Posten sitzen? Übrigens war genau dieser Polizeiführer für die Absicherung der Familienkonferenz (Compact) des Herrn Jürgen Elsässer verantwortlich. Können Sie sich vorstellen, warum der linke Mob so lange vor dem Tagungsgelände wüten konnte und man sogar auf internationale Gäste eingetreten hat? Da hätte doch die Polizei schon im Vorfeld reagieren müssen. Der Polizeiführer ist Mitglied der sächsischen CDU. So schließt sich der Kreis.

Mich erinnert das alles an Herrn Adenauers Aussage zu Ex-Nazirichter: „Solange man kein sauberes Wasser hat, gießt man kein dreckiges weg.“ Ich kenne auch einige Richter in Sachsen, die schon zu DDR-Zeiten gewirkt haben. Wenn das damals ein Unrechtsstaat war, wie können die heute einen Rechtsstaat vertreten?

Tillich ist der Chef von dem ganzen Laden. Insofern hat er für alles den Hut auf. Ich habe bei meinen beiden Söhnen in Sachen Kinder/Sorge- u. Umgangsrecht einiges erlebt. In der Summe aller dieser Erlebnisse und Erkenntnisse wende ich mich von der sächsischen Altlasten-Politik konsequent ab und wähle nur noch AFD. Auch in Sachsen muss sich etwas ändern, aber nicht mit diesem Herrn Tillich und den Altlastenparteien.

Gravatar: Gerd

Oh Gott, ist das ein falsches Spiel! Niemand, wirklich buchstäblich niemand aus der Politik - auch nicht Vera Lengsfeld, AfD oder FDP - will bundesweite Volksentscheide, wenn sie den Namen verdienen.

Ich erinnere mich noch gut an das "Papier" von Hetha Däubler-Gmelin, in dem sie vollmundig für bundesweite Volksentscheide eintrat. Es war ein riesiger Präsentkorb, dessen Inhalt durch Einschränkungen auf ein Nichts reduziert wurde. Finanz- und Außenpolitik wurden von Referenden ebenso ausgeschlossen wie die Innenpolitik. Mehr noch, jeden einzelnen Volksentscheid hätte eine Zweidrittelmehrheit des Bundestages genehmigen müssen. Somit hätten genau jene die Macht behalten, gegen deren Positionen sich Referenden richten würden.

Volksentscheide auf Bundesebene wird es in der "BRD" nicht geben. Sie taugen höchstens als Gloriole, wenn sich ein Politiker schnell mal als besonders volksnah präsentieren möchte. Ein Beispiel:

Da war der Vorstoß von Roland Koch, der seinerzeit gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Unterschriften sammelte (mit überwältigendem Ergebnis!) und zu diesem Thema einen Volksentscheid auf Bundesebene vorschlug. Natürlich war das nur heiße Luft. Er wollte Druck auf die neue Regierung ausüben. Interessant indes war die Reaktion der sonst so "basisdemokratischen" Grünen, die sagten, man könne zu diesem Thema einen Volksentscheid abhalten, insofern es dann auch einen im Kontext Atomkraft geben würde. Typisch! Nicht nur, daß man ein Thema gegen das andere ausspielte. Nein, die Grünen wußten nur zu gut, daß Koch einem Referendum zur Atomkraft niemals zustimmen würde. So arbeiten die Grünen-Antidemokraten im vollen Bewußtsein gegen die Mehrheit des Volkes.

Jede Partei hat Themen, die niemals einem Volksentscheid standhalten würden. Sie wissen das genau. Deshalb sind sich hinter vorgehaltener Hand auch mit Sicherheit alle darüber einige, daß man niemals dem Volk die Entscheidung überlassen darf; das Machtkartell bräche komplett zusammen.

Und selbst wenn es dazu käme, darf man sich einer Däubler-Gmelin-Mogelpackung sicher sein. Entscheidende Themenfelder würden dem absoluten Machterhalt zuliebe schlicht ausgenommen, damit sich am Ende nichts ändern kann. Oder ist tatsächlich jemand so naiv und glaubt, die Deutschen dürften frei über Themen entscheiden wie EU-Mitgliedschaft, Euro, Bailout, TTIP, TiSA, Masseneinschleusung und Migrationsgenozid, Asyl, Homoehe, Homo-Adoptionsrecht, Bildungsplan, Genderismus etc. ? Niemals. Voraussetzung dazu ist ein kompletter Systemwechsel.

Volksentscheide sollten ein ultimatives Machtinstrument des Volkes sein. Frau Lengsfeld dagegen sieht darin nur ein parteipolitisch-außerparlamentarisches Werkzeug. Und alleine damit zeigt sie, daß sie in Wahrheit nicht das Volk meint, sondern stattdessen nur ihre Partei.

Gravatar: Kaiser

Bin gespannt ob klare, bekennende und zustimmende Worte von dem Adressaten zu lesen sein werden.

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