Nudging – oder wie überzeuge ich Dich, daß Du willst, was Du gar nicht willst

Nudging ist der neueste Clou in der Politk. Wir befinden uns mutmaßlich in einer frühen noch nicht ganz nachdemokratischen Phase der Politik sowohl in der EU als auch in Nordamerika.

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Der scheinbare Widerspruch löst sich bei genauer Betrachtung auf. Einerseits haben wir zwar sehr wohl demokratische Verfassungen mit Wahlen und erstaunlich vielen Möglichkeiten der Bürgerpartizipation an politischer Willensbildung. Andererseits leben wir in einer Zeit aufkommender Denkverbote. Man kommt nicht umhin immer wieder Versuche der Meinungsmanipulation festzustellen. Wer gegen Gender ist, ist homophob und rechts. Wer die Entwicklung des Islam im Land kritisch betrachtet ist islamophob. Wer Zuwanderung lieber steuern möchte als überrollt zu werden ist fremdenfeindlich. Wer raucht ist ein Scheusal. Wer gerne mal ein Bier trinkt vermutlich bald schon ein Alki. Wer Auto fährt statt Bahn, Fahrrad oder zu Fuß zu gehen, wer dann auch noch zugibt, gerne mal flott zu fahren, ist ein Umweltscheusal und macht sich des Global warmings schuldig. Wer Fleisch ißt, statt sich vegan ernähren ist ein Oberscheusal. Nun gut, mag man einwenden, man darf rauchen (aber nicht mehr in der Kneipe, im Zug, im Flieger, im … ). Man darf noch sein Steak grillen, aber nicht vom Schwein, das könnte anstößig sein und den Nachbarn darf der Grill auch nicht behelligen. Man darf – laut Grundgesetz – seine Meinung frei äußern, aber man darf nicht anderer Meinung sein als der Mainstream, denn das ist schon gefährlich.

So kommt man bei genauer Betrachtung dazu, daß wir zumindest insofern es die verfassungsmäßige Ordnung in unserem Land angeht, durchaus noch in einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat leben. In der Praxis allerdings schon die Schere im Kopf ist, wenn man sich irgendwo äußert. Darf ich denn überhaupt noch das so schöne und eigentlich wirklich geschlechtergerechte generische Maskulinum verwenden? Ein Genus (=grammatikalisches Geschlecht), der für jedes Geschlecht gleichermaßen gilt. Einfach so. Das funktioniert. Es hat Jahrtausende funktioniert und jetzt auf einmal ist bähpfuiigittigitt. Da kriegen ja einige schon hysterische Anfälle, wenn jemand em-a-en (nicht zu verwechseln mit eM-a-en-an!!) sagt und hyperventilieren ef-er-a-u (nicht zu verwechseln übrigens mit eF-er-a-u).

Was hat das mit Nudging zu tun?

Die Nudgetheorie geht davon aus, daß Menschen sich nur begrenzt rational verhalten. Das heißt, Menschen handeln so, daß sie sich eher selbst schaden als nützen. So weit die Theorie. Um nun den Menschen einen Stups (=Nudge) zu geben, werden Maßnahmen aus der Verhaltenstherapie so eingesetzt, daß die Masse der Menschen davon beeinflußt wird und sich mittelfristig anders verhält. Die Regierung weiß, was für Menschen gut ist und “stupst” sie in die richtige(?) Richtung.

Verhaltenstherapie ist ein Ansatz in der Psychotherapie, der darauf zielt, dysfunktionale, mithin krank machende Verhaltensmuster zu löschen und neue funktionale Verhaltensmuster zu etablieren, durch die der psychisch kranke Mensch gesund werden und ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Verhaltenstherapie ist die effektivste Form der Psychotherapie und zeigt sehr schnell Wirkung beim Patienten. Hält man die Stabilisierungsphase lange genug aus, d.h. wird nicht bei ersten Erfolgen die Therapie beendet, ist eine vollständige Gesundung des Patienten in den meisten Fällen zu erwarten.

Die Maßnahmen der Verhaltenstherapie sind massive Eingriffe in die Psyche eines Menschen. Nun handelt es sich bei psychisch kranken Menschen eben um kranke Menschen, die eben dieser massiven Eingriffe bedürfen, um wieder gesund zu werden. Der Therapeut muß, um wirklich erfolgreich zu sein, das Vertrauen seines Patienten genießen und größtmögliche Sorgfalt an den Tag legen, da man mit derart massiven Eingriffen in die Psyche eines Menschen durchaus großen Schaden anrichten kann.

Wird nun diese Methode des Nudging gezielt im vorlegislativen Raum angewandt, so kann man in großen Stil Verhaltens- und Bewußtseinsänderung bei vielen Menschen herbei führen. Erfolgreich war eine Art von Nudging durchaus beim Gendermainstreaming, von dem zwar keiner weiß, was es ist, aber jeder hat gefälligst dafür zu sein. Aufmerksam sein: Kritiker des Gendermainstreamings werden nicht in der Sache angegriffen sondern persönlich diffamiert und so versucht kalt zu stellen. Das ist schon eine Form von Nudging. Man darf gegen Gendermainstreaming sein, doch man mit den gesellschaftlichen Nachteilen rechnen.

Während die Verhaltenstherapie sich an kranke Menschen richtet, haben wir es ja bei den meisten Menschen im Land (hoffentlich) mit psychisch gesunden Menschen zu tun. Hier wird also nun eine Methode zur Anwendung gebracht, die eigentlich Krankheiten heilen soll. Der nächste Schritt ist im Grunde logisch. Es ist damit zu rechnen, daß erkanntes und benanntes Fehlverhalten ab irgendeinem Punkt, wenn nämlich eine hinreichend große Mehrheit der Menschen im Land ihr Verhalten und ihre Ansicht geändert haben, schlicht pathologisiert wird. Das ist dann yxz-phob … hoppla, woher kennen wir das?

Zielt also nun die Psychotherapie darauf ab, Menschen zu einem freien und selbstbestimmten, gesunden Leben zu führen, so zielt Nudging darauf ab, bei überwiegend gesunden Menschen manipulitiv in deren Denken einzugreifen und dies zu verändern. Daß Nudging in jedem Fall ein libertärer Paternalismus sein wird, glaubt auch nur jemand, der schon gewaltig einen an der Waffel hat oder eben selber bewußt manipulieren will. Welche Regierung würde, schon allein aus Gründen des Machterhaltes, darauf verzichten, die Bürger in ihre Richtung zu beeinflussen, wenn sie Mittel dafür in der Hand hat. Schon allein der Wahlkampf bedient sich reichlich manipulativer Methoden. Regierungshandeln stütze sich bislang zumeist auf wissenschaftliche Begleitung (auch wenn nur zu oft anders entschieden wurde, als Wissenschaftler beraten haben).

Nudging als Aspekt von Regierungshandeln, also in der Ausführung der Gesetze und in der initiativen Vorbereitung von positiver Rechtssetzung ist ein recht massives manipulatives Werkzeug. Auch wenn Panik oder Übertreibung nicht das Mittel der Wahl ist, hier Widerstand zu leisten, es ist festzustellen, daß Nudging alles andere harmlos ist.

Mag also nun die Kanzlerin auf Nudging setzen, an uns ist es, sich dem manipulativen Handeln zu verschließen. Äußerungen der Regierung sind künftig auf eben jene verhaltenstherapeutisch-manipulativen Methoden zu untersuchen und zu kennzeichnen. Rationale Betrachtung ist – mehr denn je – durch nichts zu ersetzen. Im Falle einer erfolgreichen Massenbeeinflussung, auch das sollte man im Blick halten, besteht latente Gefahr für unsere Demokratie. Es ist also nicht ganz von der Hand zu weisen und nicht ganz aus der Luft gegriffen, wenn wir jetzt in dieser Zeit erleben, wie Freiheit und Demokratie durch Beibehaltung bestehender Verfassungsregelungen dennoch unterhöhlt werden. Ein aktuelles Beispiel ist das Gegeneinander aufrechnen von Freiheit und Sicherheit. Zunehmend werden Freiheitsrechte zu Gunsten der Sicherheit eingeschränkt. Wo verläuft ist die Grenze, an der die Freiheit auf Kosten der Sicherheit bereits abgeshafft ist? Das wird auch in anderen Bereichen von Politik und Gesellschaft gelingen können. So wie zwischen Freiheit und Sicherheit verläuft auch zwischen anderen (vermeintlichen oder echten) Werte eine hauchdünne Grenze, die bei Überschreitung einen Wert auf Kosten der Abschaffung eines anderen aushebeln kann.

Lassen wir uns nicht pathologisieren, wenn wir unsere Meinungsfreiheit wahrnehmen. Lassen wir uns nicht pathologisieren, wenn wir nicht im Mainstream schwimmen. Ob es gelingen kann?

Beitrag erschien auch auf: katholon.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gerd Müller

Das ist alles nichts Neues.
Bereits Lenin sagte "Man muß die Menschen zu ihrem Glück zwingen".

Das war seinem Denken, daß alle anderen Menschen dumm sind und nur die kommunistische Partei allwissend ist, geschuldet.

Von dem Ostzonenregime wurde getreu dieser leninistischen Erkenntnis auch
40 Jahre bevormundet und drangsaliert.
Das Ergebnis war der Untergang dieses Regimes.

Heute ist man nun schon wieder so weit.
Die Menschen werden für dumm angesehen und Parteien bestimmen was gut und was schlecht ist.

Für mich ist das bereits ein vollständiger Demokratieverlust und die Hinwendung zu sozialistisch-kommunistischer Ideologie.

Zudem ärgere ich mich darüber, was das für Menschen sind die gescheiter als der Rest der Bürger sein wollen.
Diese Leute vergessen offenbar, daß man ihre Vita im Internet nachlesen kann.
Ich habe das bereits fleißig getan und ich muß sagen, mir wurde dabei kotzübel, wer sich da anmaßt über uns bestimmen zu wollen.
Mich wundert, daß nicht schon hundertausende Menschen auf den Straßen sind.
Es wird aber wohl nicht mehr lange dauern !

Gravatar: Jochen Reimar

Was für ein Menschenbild steckt da bloß dahinter?
Früher sagte man noch: "Des Menschen Wille ist sein Königreich." Leben und leben lassen, war die Devise, was ist daran schlecht? Das zählt heute offensichtlich nicht mehr. Man muß den Menschen beugen, ihm einen "höheren" Willen aufzwingen.
Es reicht nicht mehr, täglich den Adam in sich zu ersäufen (s. bei Luther), sondern man muß auch noch täglich dem König in sich das Rückgrat brechen. Übrig bleibt der stumpfsinnige, willenlose Mensch. Na dann, Gute Nacht!

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