Interessant ist es aber, einmal auf einen anderen Zusammenhang hinzuweisen, den Zusammenhang nämlich zwischen den sinkenden Reallöhnen in Deutschland und dem Erfolg von Aldi, Lidl oder Netto. Die Reallöhne in Deutschland sind heute niedriger als im Jahr 2000. Das heißt, dass die Menschen sich weniger leisten können als damals. Ein niedriges Lohnniveau ist das Kernelement des Erfolgs der deutschen Wirtschaft in den letzten Jahren. Dafür muss aber ein Preis bezahlt werden. Wer inflationsbereinigt immer weniger verdient, der wird darauf achten, was er kauft. Zuerst gespart wird beim Essen und damit kommen die Discounter ins Spiel. Sie sind die Profiteure der deutschen Wirtschaftsstrategie. Sie bieten billigen Einkauf, auch von Non-Food, und ermöglichen so die Versorgung einer Bevölkerung, deren Großteil heute weniger verdient als vor 13 Jahren.
Da erstaunt es nicht mehr, dass Aldi jetzt auch in Großbritannien Erfolge vorzuweisen hat. Wachstum allein 2011 um 29,4 Prozent. Sicher liegt es auch daran, dass das Sortiment durch die Listung von teureren Produkten angepasst wurde (und damit auch Wohlhabende dort einkaufen, das senkt die Hemmschwelle auch bei den einfachen Leuten), es liegt aber vor allem daran, dass die die Briten sich aufgrund der Wirtschaftskrise vieles nicht mehr leisten können. Hat man früher aus Standesdünkel den Discounter geschmäht, selbst die finanziell nicht so rosig gebetteten Briten legten immer großen Wert auf standesgemäßen Einkauf (lieber etwas teurer, aber dazugehören), so kauft man heute beim Discounter ein. Aldi versüßt das den Briten, indem er ein etwas hochwertigeres Sortiment anbietet. Auch hier der gleich Effekt.
Fazit: Die Discounter werden zum Massenphänomen aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage. Sie befriedigen die Bedürfnisse einer Bevölkerung, die in ihrer Masse immer weniger Geld in der Tasche hat. Das mittlerweile gesellschaftlich anerkannte Geiz-ist-Geil-Lebensgefühl verdeckt die Tatsache, dass sich viele Arbeitnehmer einen anderen Lebensstil gar nicht mehr leisten könnten.
Artikel zuerst erschienen im "Telegramm aus dem Lebensmittelhandel"
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