Neues vom Gesetzgeber – Das Ersatzkraftwerkebereitstellungsgesetz

In hoher Schlagzahl baut die Regierung neue Gesetze. Da im Energiebereich kaum noch Marktkräfte wirken, muss auf veränderte Bedingungen administrativ und kleinteilig reagiert werden. Die Gasmangellage birgt hohes Risiko, wie die entsprechenden Gesetze auch.

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Im liberalisierten Strommarkt reihen sich Kraftwerke nach ihren Grenzkosten ein. Je nach Bedarf und Preis kommen sie zum Einsatz oder auch nicht. Das regelte früher der Markt und eines wie oben angeführten Gesetzes bedurfte es nicht. Nun wird seit vielen Jahren in den Markt hineingegrätscht, es wird gefördert und verboten, was das Zeug hält. EEG-begünstigte Anlagen werden per Einspeisevorrang zwangsweise in den Markt gedrückt, konventionelle Kraftwerke werden durch Sonderlasten wie den CO2-Zertifikatehandel belastet oder gleich ganz verboten.

Der Energiemix im Strombereich wurde zielgerichtet verengt und es blieb Erdgas als einzige „Brückentechnologie“. Wer je über die Unzuverlässigkeit der wetterabhängigen Wind- und Solarstromproduktion sprach, wurde von dauerprogressiven Energiewendern darüber belehrt, dass es bald viele hochmoderne, schnell regelbare Gaskraftwerke geben würde. So hatte es auch die Kohlekommission empfohlen, schon im Januar 2019. Passiert ist allerdings so gut wie nichts, denn der Regierung wohlwollender Blick galt ausschließlich dem möglichst schnellen und umfangreichen Ausbau der Wind- und Solarenergieanlagen.

Die weiteren Abschaltungen von Kern- und Kohlekraftwerken können aufgrund einer zu geringen Zahl an Gaskraftwerken nicht kompensiert werden. 30 bis 50 Anlagen fehlen – eher mehr. Nun mangelt es nicht nur an diesen Kraftwerken, sondern kriegsbedingt am Gas selbst. Obwohl einige Übereifrige nach Zero-Covid schon nach Zero-Gas riefen und selbst den Schieber schließen wollten, löst der sinkende Gasdruck regierungsseitig große Bedenken aus.

Was sich früher über die Merit Order am Strommerkt selbst erledigt hätte, erfordert nun staatliches Handeln. Mit dem EKWG sollen einige der verschmähten fossilen Kraftwerke wieder reaktiviert werden, natürlich nicht einfach so, sondern unter ordentlich bürokratischen Bedingungen. Und so ist das „Ersatzkraftwerkebereitstellungsgesetz“ auch nur eine Abkürzung und steht für „Gesetz zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften“. Dazu fand im Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Bundestages am 24. Juni eine öffentliche Anhörung statt. Es ging konkret um den „Entwurf einer Formulierungshilfe der Bundesregierung für die Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP“ zu dem Gesetz. Ordnung muss sein.

Wie immer blickt man im Gesetzentwurf nichts aufs Ganze, sondern ausschließlich auf das knappe Gas, dessen Einsatz zur Stromerzeugung auch finanziell bestraft („pönalisiert“) werden soll. Die Technologien Kernkraft wie auch Windkraft kommen im 31-seitigen Entwurf nicht vor. Die eine ist Teufelszeug und soll nicht mehr erwähnt werden, bis sie hoffentlich am 31. Dezember ihr Leben in Deutschland aushaucht, die andere wird peinlich beschwiegen, weil sonst ihre Unfähigkeit zur Versorgung zur Sprache kommen würde. So blieb es mir und nicht der Vertreterin des klimafixierten Ökoinstituts vorbehalten, die CO2-Vermeidung durch Kernkraft zu erwähnen.

Hü und Hott

Einigkeit bestand darüber, dass die Gasmangellage „sehr, sehr ernst“ sei, Putin wurde schuldig gesprochen, tiefer ging man bei den Ursachen leider nicht.

Sollte das Gesetz in Kraft treten, wirken zwei bestehende Gesetze gleichzeitig und gegensätzlich: Über das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) werden Kohlekraftwerke abgeschaltet, über das Ersatzkraftwerkebereitstellungsgesetz (EKWG) werden sie teilweise wieder aktiviert. Die deutsche Energiepolitik zeigt Symptome der Konfusion auf höchstem bürokratischen Niveau. Die Schlagzahl der Formulierung neuer Gesetze in immer kürzeren Fristen nimmt zu.

Der alte Römer Tacitus sprach: „Der verdorbendste Staat hat die meisten Gesetze.“ (Um der Gefahr des Vorwurfs der Delegitimierung des Staates zu entgehen, distanziere ich mich umgehend von diesem Zitat und weise daraufhin, dass damit das alte Rom gemeint war.)

Die Klimaziele sollen unberührt bleiben, offenbar vermutet man nur einen kurzfristigen Einsatz von Kohlekraftwerken, weshalb die Regelungen im Gesetz nur bis 31. März 2024 gelten sollen. Inwieweit und warum sich bis dahin die Lage grundlegend geändert haben sollte, wurde in der Anhörung an keiner Stelle deutlich. Dafür gab es die Idee, die zwangsläufig steigenden Emissionen schnellstens wieder „zurückzuholen“, natürlich durch die zügige Beschleunigung des schnelleren Ausbaus der „Erneuerbaren“.

Deutlich wurde, dass auch neue Gaskraftwerke nötig sind. Niemand versuchte, die Sektoren Strom und Wärme zu trennen, wie es einige Politiker und Pseudowissenschaftler und –innen tun, um die Kernkraft aus der Diskussion herauszuhalten. Spätestens wenn egoistische Menschen bei administrativ abgesenkten Raumtemperaturen ihren Heizlüfter mit der Steckdose verbinden, wird die Überlappung der Sektoren deutlich. Zudem bleiben Gaskraftwerke für die Spitzenlast im Stromnetz weiter nötig, denn die reaktivierten Kohlekraftwerke müssen zunächst den entfallenden Strom aus Kernkraft ersetzen.

Noch sind Heizlüfter käuflich zu erwerben, aus guten Gründen gab es sie im DDR-Einzelhandel nicht. Besser wäre, die Bevölkerung würde von selbst auf den Einsatz solcher Geräte verzichten und Pullover überstreifen, aber der Weg zum klimagerechten Menschen dürfte noch viel grüne Erziehungsarbeit erfordern.

Ob die unter Zeitdruck zu verabschiedenden Energie-Gesetze nutzen oder eher schaden, wird die Zeit zeigen. Unverändert gilt, dass kleinteilige administrative Regelungen unweigerlich zum Bedarf weiterer Regulierung führen, denn man kann ihre Wirkung und mögliche Umgehungstatbestände nicht in Gänze vorhersehen.

Darf`s etwas weniger sein?

Zunächst führt die planmäßige und angekündigte Revision der Nordstream-1-Leitung zum Stopp der russischen Gaslieferungen. Damit dürfte das Auffüllen der Speicher unterbrochen werden. Ob die Leitung wieder termingerecht in Betrieb geht, ist angesichts der politischen Unwägbarkeiten unklar. Die Liefereinschränkung durch einen fehlenden Verdichter wird auf jeden Fall bestehen bleiben, was Klimaminister Habeck als politisch verursacht feststellt. Inzwischen bestätigte Kanada allerdings, dass tatsächlich eine überholte Gasturbine für einen Verdichter aus Sanktionsgründen nicht zurück geliefert werden kann. Russland wird sich kaum bemühen, eine alternative Turbine einzusetzen. Gazprom-Chef Miller sagt, man könne über Nordstream 2 liefen. Das wollen wir natürlich nicht.

Unterdessen erweckt unsere Situation in der Ukraine Mitleid. Seit dem 16. März ist das Land mit dem europäischen ENTSO-Stromverbundnetz gekoppelt und Energieminister Haluschtschenko bietet Deutschland Strom aus ukrainischen Kernkraftwerken an. Etwa 50 Prozent des Stroms in der Ukraine hat seinen Ursprung in der Kernspaltung. Das größte europäische Kernkraftwerk (KKW) steht bei Saporischschja, ist derzeit allerdings unter russischer Kontrolle. Etwa 14 Gigawatt KKW-Leistung stehen zur Verfügung, es gibt eine Vereinbarung mit Westinghouse zur Optimierung von zwölf Reaktoren und zum Bau weiterer neun Blöcke. Eine Reaktion unserer Regierung auf das Angebot ist nicht bekannt, natürlich müsste man es aus Gründen der Sicherheit (in der Ukraine) ablehnen.

Die Aussichten sind trüb wie ein Gurken-Smoothie mit Banane und Rucola. Die Energiepolitik der Ampel wird durch die Grünen dominiert. Das hilft „dem Klima“ nicht, denn die Grünen sind keine Klimaschutz-, sondern eine Antiatompartei. Das Festhalten an einer Achtziger-Jahre-Ideologie ist reaktionär und kontraproduktiv, bestimmt aber den Kurs der Ampelregierung. Es wird noch mindestens zwei Politikergenerationen brauchen, bevor wie bei den finnischen Grünen ein Umdenken einsetzt.

Bis dahin wird es noch eine Fülle neuer Gesetze geben müssen, um die Energieplanwirtschaft zu gestalten. Bürokratie und Preise steigen, Versorgungssicherheit und Lebensniveau sinken. Grün wirkt.

Die Dokumentation zur Veranstaltung incl. Video (1:24h)

Meine Stellungnahme zum Gesetzentwurf

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: The Failing State

„Der verdorbendste Staat hat die meisten Gesetze.“ (Um der Gefahr des Vorwurfs der Delegitimierung des Staates zu entgehen, distanziere ich mich umgehend von diesem Zitat und weise daraufhin, dass damit das alte Rom gemeint war.)

Zitieren Sie „Der verdorbenste Staat hat die meisten Gesetze.“ Von dem betreffenden Staat abgesehen gibt es dann nichts mehr, wovon Sie sich distanzieren müssten.

Gravatar: Heinzel

Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose.
Eine Verstromung fossiler Brennstoffe macht Elektroautos sinnlos. Kernkraftwerke verursachen im Betriebs- und im Störfall unlösbare Probleme mit dem radiaktiven Dreck.
Solarzellen decken Landflächen ab, an denen man etwas anpflanzen oder wachsen lassen könnte.
Und mit Wasserkraft? Das wäre zu ungefährlich oder was?

Gravatar: Hans Diehl

Lassen Sie mich eine wesentliche Aussagen des Artikels etwas Ausführlicher betrachten.

Zitat:
Was sich früher über die Merit Order am Strommarkt selbst erledigt hätte, erfordert nun staatliches Handeln. Mit dem EKWG sollen einige der verschmähten fossilen Kraftwerke wieder reaktiviert werden, Zitat Ende.

Der Merit Order Effekt ( MOE ) bleibt weiterhin erhalten, lediglich würde jetzt der Staat vorgeben, was die Preis bestimmenden Grenzkraftwerke sind. Und da ist Kohle weitaus billiger als Gas, mit anderen Worten die Strompreise müssten sinken.

Und wie das funktioniert versuche ich mit dem Folgenden zu erklären.
https://de.wikipedia.org/wiki/Merit-Order

Auf der MOE Angebotskurve der Grafik wird von links nach rechts, mit steigenden Preisen, solange angeboten, bis der jeweilige Bedarf gedeckt ist. Das letzte, noch für die Nachfrage benötigte Kraftwerk, bestimmt den Preis, sprich Börsenpreis, oder Großhandelspreis.. Alle anderen benötigten Kraftwerke werden nach diesem Preis bezahlt, und profitieren von einem sogenannten „Mitnahmeeffekt“ Besonders profitieren – ganz links auf der Kurve – die abgeschriebenen AKW davon, weil diese die niedrigsten Gestehungskosten haben. Deshalb nennt man die im Volksmund auch „Gelddruckmaschinen“ Womit auch deutlich wird, dass das Weiterlaufen der AKW gar keine steigenden Strompreise verhindern kann. Das Gegenteil ist der Fall, für die wird der Mittnahmeeffekt höher.

Das Positive an der Sache ist die Tatsache, dass die Anbieter an der Börse sich nicht mehr der Manipulation verdächtigen lassen müssten.


Siehe hier

https://taz.de/!280669/

und hier:
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wettbewerbshueter-warnen-vor-preismanipulationen-auf-dem-strommarkt-17823799.html

Denn wenn der Staat die Kohlekraftwerke wieder reaktiviert, sind diese die Preis bestimmenden Grenzkraftwerke.

Gravatar: Hans Meier

Such zu diesem Artikel, werden sich Diehl und sein Kollege https://gruene-edenkoben-maikammer.de/ortsverband-edenkoben/ wieder in der altbekannten Art und Weise „aufschlagen“.

Wobei ich diesen „Erneuerbaren-Knülchen empfehle“ neben jede Solaranlage und jedes Windrad ghört gleichzeitig ein „Kutter hingestellt“ der bei Dunkelheit in der Nacht den fehlenden Strom macht, oder bei Flauten der längeren Art, „kräftig tuckert um Strom ins Wechselstromnetz einzuspeisen, wobei die Strompreise durch die „noch intensiverer Kostensteigerungen“ zu den „allerhöchsten in der ganzen Welt“ werden, um das „Schicksal der deutschen Grünen zu verherrlichen“ bis sämtliche grünen Kreisvorstände „einen Stehen haben“! Der ihnen ständig mit ellenlange Schwachsinns-Kommentaren „zu müllt, weil sich kein Weib und kein Strolch, sich seiner erbarm, um ihn mit sozialen Gesten, von seinem „Solargerödel und Windgreümpel mit zunehmen, um jetzt zu denn Strom-Kuttern“ zu gehen „zur großen Freude von Käpten Blaubär un Heinblöd“ die ihnen fröhlich zuwinken...
Es ist einfach „märchenhaft, was der Kinderbuchautor so ins Rennen schickt“ und „welche Idioten sich für totalen Schwachsinn ins Zeug legen, mit dem jährlich weit über 30 Milliarden von der Bevölkerung zu den Privatkonten der Profiteure dieser Volksver@rschung fließen“.

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