Neue Männer hat das Land

Zwei deutsche Männer, aus Feuilleton und Wissenschaft, ein Pfeifkonzert im Wald intonierend, während Frauen der Gewalt ausgesetzt sind.

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Die Verfassung des deutschen Mannes, in seiner politisch- medial zugerichteten Form, lässt sich emblematisch aus zwei aktuellen Artikeln in der Tageszeitung Die Welt ablesen.

Uwe Schmitt, Reporter bei der Welt, plädiert bei Gewaltdelikten gegen Frauen für gewaltfreien Widerstand der Männer. Der deutsche Mann soll nicht körperlich einschreiten, sondern Fotos machen, mit dem Mobiltelefon. Nach der Armlänge nun die Handykeule, à la: stell dir vor, es ist Sylvester in Köln, und alle haben‘s gepostet.

Uwe will keine Gewalt, denn: „Die Grenze zwischen einem Kavaliersdelikt in Verteidigung einer angegriffenen Frau und dem Faustrecht bis zum Lynchmob ist hauchdünn.“ 

Eine Grenze, so hauchdünn, beinahe nicht wahrnehmbar, und für Uwe, den Reporter, irgendwie verwirrend. Gemeinsam in einem Rudel von Faschos mit Baseballschlägern loszuziehen, um Ausländer zu klatschen ist für ihn nicht unterscheidbar vom Schutz pubertierender Mädchen in der U-Bahn. Unbewiesene „Gerüchte, ein Fremder habe eine einheimische Frau unsittlich berührt, verführt, gar vergewaltigt“ stehen für Uwe auf einer Stufe mit Gewalt gegen Frauen, wenn sie tatsächlich stattfindet. Was Uwe umtreibt, ist nicht das Schicksal der Opfer, sondern die ewige Gefahr einer falschen Instrumentalisierung überholter Ehrbegriffe. Die zwölf Jahre und so.

Aber Uwe hat sich aber noch mehr Gedanken gemacht: er warnt davor, auf eigene Faust zu handeln. Erst die Menge von Fotografierenden macht den richtigen Schutz: „Schon ein halbes Dutzend Smartphones in den Händen halbwegs wehrhaft aussehender Kerle wäre eine taugliche Distanzwaffe. Nicht perfekt, dafür unblutig."

Nicht für die Frauen, doch zumindest für Pyjamaboy Uwe, denn: Ei, Blut, Kakao - auf dem Strampler will er keine Flecken! Ein halbes Dutzend Rentner, Frauen, Kinder, Conchitas oderWelt-Reporter, nein, das reicht nicht. Es braucht wehrhaft aussehende Kerle. Wenn weniger als sechs Halbwegige da sind, haben die Mädchen auch Pech gehabt. Dann bitte weder einschreiten noch fotografieren, weil zu wirkungslos und vielleicht sogar gefährlich.

Auch Professor Jörg Baberowski, der medial vielbeachtete Gewaltexperte von der Humboldt- Universität, ist, am Tag drauf in der Welt, froh darüber, dass vom deutschen Mann keine Gewalt mehr ausgeht: „Wir sehen, dass Männer in Deutschland gar nicht mehr wissen, wie man mit Gewalt umgeht. Gott sei Dank. Deutsche Männer vertrauten auf den Staat. In einer Situation wie der Silvesternacht mache ein solches Verhalten natürlich sehr hilflos. Wenn der Staat sein Gewaltmonopol dann nicht behaupte, erschüttere dies das Vertrauen der Bürger massiv.“

Deutsche Männer vertrauen dem Staat – das klingt eine wenig wie: Deutsche Frauen vertrauen auf o.b., auch an den kritischen Tagen.

Auch hier betrachtet Professor Baberowski die Situation von der Sofaperspektive aus: erschüttert ist nicht die körperliche und seelische Unversehrtheit einiger hundert Frauen, sondern das Vertrauen von unbeteiligten Bürgern in den Staat. In Professor Baberowskis Welt kommt der deutsche Mann als Agens schon gar nicht mehr vor, weil er zivilisatorisch von Gewalt gereinigt ist. Auch hier spielen die tollen zwölf Jahre bestimmt ihre Rolle. Gott oder Allah oder so ähnlich sei Dank. 

Es ist gar nicht verwunderlich, dass der deutsche Wissenschaftsbeamte, wenn es Probleme gibt, nach mehr Staat ruft. Doch welchen Staat imaginiert der Professor hier? Nordwestkorea? Was für ein Staat soll überall präsent sein? Und das, als ob die Polizisten und ihre Vorgesetzten eine andere Sorte Mann wären, wie die von Baberowski gelobten Gott-sei-Dank-Männer. Der deutsche Polizist ist verordnet deeskaliert, deswegen war er ja an Sylvester in Köln nicht da.

Dieselbe Denkfigur widerfährt Professor Baberowski bezüglich der Lage in den deutschen Flüchtlingslagern. Hat er sich zuvor auch durchaus kritisch zur Flüchtlingspolitik und der verordneten Willkommenskultur geäußert, stellt er seiner Analyse nun das Glaubensbekenntnis des zeitgenössischen Wissenschaftsopportunisten voran: „die Kölner Übergriffe haben nichts mit dem Islam zu tun, wohl aber mit der Situation in den Flüchtlingslagern. In diesen Lagern sei der Staat abwesend,“ so Professor Baberowski, zitiert in der Welt.

Abgesehen davon, dass die meisten der Täter in Köln nicht in Flüchtlingslagern lebten, abgesehen davon, dass sexuelle Übergriffe auf Frauen in den Ländern mit der I-Religion eher die Regel als die Ausnahme sind, so ist das ganze Problem auch hier wieder: einfach nicht genug Staat. Gewalt ist keine Eigenschaft von selbstbestimmt Handelnden, sondern kommt nur aus mangelnder Fürsorge der Aufseher. Wiederum: welches Aufsichtsniveau sehnt sich Professor Baberowski herbei?

Uwe Schmitt und Professor Baberowski zeigen sehr gut den Unterschied zwischen Courage und Zivilcourage. Zwischen altmodischem Mut und seinem totgepredigten Bastard, dem Bürgermut. Mut bedeutet, zu einer Tat bereit sein. Nicht mehr, aber vor allem nicht weniger. Bürgermut ist eine nette Phrase, die man gut behaupten kann. Sie fordert nur die richtige Haltung, mit dem Mikrophon, dem Smartphone oder der Fernbedienung in der Hand.

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Dirk S

Irgendwie haben wohl Beide das mit dem staatlichen Gewaltmonopol nicht so ganz kapiert.

Das staatliche Gewaltmonopol ist historisch als Strafmonopol entstanden (um die Folgen der Blutrache zu begrenzen). Also hat der Staatsbürger sein natürliches Recht darauf, ihm zugefügtes Unrecht zu rächen, an den Staat abgetreten. Und damit überhaupt klar ist, was denn nun Recht und Unrecht ist, dazu auch das Recht, Gesetze (Regeln) zu erlassen, denen der Bürger sich verpflichtet, zu unterwerfen. Das bedeutet aber auch, dass der Staat verpflichtet ist, eben diese Gesetze durchzusetzen, meist eben erst hinterher, wenn möglich aber sofort, unverzüglich.
Denn aus der Pflicht des Bürgers, Gesetze zu befolgen, entsteht das Recht des Bürgers darauf, dass der Staat die Gesetze durchsetzt. Und durch das Recht des Staates, Gesetze zu erlassen, übernimmt dieser die Pflicht, diese auch durchzusetzen. Und zwar bei jedem, auch bei seinen eigenen Organen und das ohne Verzug. Jedes Recht bedeutet eine Pflicht, jede Pflicht erschafft ein Recht.

Wenn nun exekutive Staatsorgane, aus welchen Gründen auch immer, ihrer Pflicht Gesetze durchzusetzen nicht nachkommen, so gibt der Staat sein Gewaltmonopol auf und erklärt dem Bürger, doch wieder zum Faustrecht zurückzukehren.
Also, wenn das Staatsorgan Polizei am Ort von Straftaten (wie in Köln) herumsteht und (aus welchen Gründen auch immer) nicht der Pflicht nachkommt, geltendes Recht durchzusetzen, dann gibt der Staat sein Gewaltmonopol auf, weil ein Durchsetzen des Rechts unverzüglich möglich wäre (war).
Da können Journalisten lamentieren wie sie wollen, der Staat hat Pflichten und wenn er diesen nicht nachkommt, müssten wir eigentlich über einen neuen Vertrag zwischen Staat und Bürger verhandeln.

Denn das Gewaltmonopol des Staates bedeutet nicht, dass nur der Staat Gewalt anwenden darf und sich der Bürger alles gefallen lassen muss. Es ist nur das Monopol auf die Gerichtsgewalt (Strafgewalt).

Ach ja, wem meine Ausführungen etwas komisch vorkommen, möge sich mal über die "London Riots" informieren. Da ist der Staat quasi partiell zusammengebrochen und der englische Staat hat sich aus seiner Verantwortung gestohlen und seine Bürger tagelang plündernden Horden überlassen. Es ist meiner Ansicht nach nur eine Frage der Zeit, bis wir hier in DE auch so etwas erleben. Köln war nur ein Vorgeschmack...

Gewaltfreie Grüße,

Dirk S

Gravatar: Anne R.

Die neuen Männer im Land sind doch auch nur Opfer. Wegen der zwölf Jahre, vielleicht.
Oder wegen des Feminismus. Bei aller sehr berechtigten Kritik an diesem schreibt Michael Klonovsky:
"Ohne seine zahlreichen Kollaborateure existierte der Feminismus heute nur im Lehrbuch der Psychologie."

Recht hat er!

Gravatar: Diederich Heßling

Uwe gehört in die Psychiatrie! Geschlossenste Abteilung! Sofortige Zwangseinweisung ohne Widerspruchsrecht!

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