Nebeneinkünfte als Haupterwerbsquelle

Die Debatte über Nebeneinkünfte von Politikern geht bisher am Wesentlichen vorbei. 

Wenn die "Nebeneinnahmen"zur Haupterwerbsquelle werden, wie viel Zeit bleibt da noch für die verfassungsgemäße Ausübung des Mandats?

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Mit dem Angriff auf Peer Steinbrücks Honorare, die er neben seiner eigentlichen Aufgabe als Abgeordneter durch rege Vortragstätigkeit erzielte, haben die Angreifer Geister gerufen, die sie so schnell nicht wieder los werden könnten - wenn die richtigen Fragen gestellt werden.

Das tun unsere freien Medien bislang aber nicht. Die Berichterstattung erschöpft sich in der Widergabe des peinlichen Gezänks, das sich Koalition und Opposition derzeit liefern.

Besonders schrill ist die Forderung nach mehr „Transparenz“ bei der Angabe von „Nebeneinkünften“. Statt der bisher drei Einkommensstufen, die bislang beim Bundestagspräsidenten angegeben werden müssen, sollen es bis zu zehn sein –wenn es nach den Grünen ginge. Ob die Nebeneinnahmen in drei oder zehn Stufen angegeben werden müssen, ist aber völlig nebensächlich. Man hat den Eindruck, die für die Abgeordneten gefährliche Debatte soll damit von vornherein in eine Richtung gebogen werden, die vom Wesentlichen ablenkt.

Was Peer Steinbrück betrifft, ist das Wesentliche, dass seine „Nebeneinkünfte“ seine Abgeordnetenbezüge weit übertreffen. Als Abgeordneter bekommt er knapp 8000 € Diäten und eine steuerfreie „Kostenpauschale“ von reichlich 4000 €, das sind im Jahr Einnahmen von rund 144 000 €. In  drei Jahren also etwa 433 000 €. Seine Nebeneinnahmen sollen in diesem Zeitraum über eine Millionen Euro betragen haben, also das Mehrfache seiner Abgeordnetenbezüge. Wenn ich das richtig überblicke, bezieht sich diese Million lediglich auf Vortragseinnahmen. Es ist anzunehmen, dass Steinbrück, wie viele seiner Abgeordnetenkollegen, in Aufsichtsräten sitzt, die ebenfalls reichliche Vergütungen ausschütten. Als Richtwert können die in Bezug auf FDP-Generalsekretär Döring genannten Summen, zwischen 3000 € und 75000, oder mehr Euro monatlich, dienen.

Das Bundestagsmandat ist eine Vollbeschäftigung. In Anbetracht der überreichlichen Nebentätigkeiten von Abgeordneten  wäre die Frage, ob sie zeitlich überhaupt in der Lage sind, ihr Mandat so wahrzunehmen, wie es notwendig wäre.

Die Einkünfte aus Nebentätigkeiten werden aus „verfassungsrechtlichen“ Gründen nicht auf die Diäten angerechnet. Warum eigentlich nicht, wenigstens ab einer gewissen Grenze? Jeder Bezieher von Arbeitslosengeld oder Sozialleistungen muss sich strengsten Nebeneinkunftsbeschränkungen unterziehen.

 

In Frage zu stellen wäre auch die steuerfreie Aufwandspauschale, die gewährt wird, um Aufwendungen für Wahlkreisbüros und Zweitwohnung in Berlin zu kompensieren. Angeblich sei den Abgeordneten nicht zuzumuten, was jedem Selbstständigen vom Finanzamt abverlangt wird: ein exakter Nachweis seiner Werbekosten und sonstigen Aufwendungen für die Ausübung seines Berufes. Wenn Zeit ist für jede Menge Nebentätigkeiten, sollte für  den Nachweis von Aufwendungen auch Zeit sein.

Die Frage ist auch, ob Steinbrück und Kollegen noch „Funktionszulagen“ von der Fraktion erhalten, obwohl das Bundesverfassungsgericht solche Zulagen, bis auf die für den Fraktionsvorsitzenden für unzulässig erklärt hat.

Besonders interessant ist die Einlassung der Grünen, dass sie es ablehnen, die Nebeneinkünfte auf 150000 Euro zu beschränken. In diesem Zusammenhang wüssten wir gern, wie viel unsere Volksvertreter an den Subventionen für  „Erneuerbare Energien“ verdienen, die sie selbst beschlossen haben.

Wie ethisch ist ein Verdienst, den man sich selbst genehmigt?

Der Fall Wulff ist noch nicht abgeschlossen, da wird am Fall Steinbrück schon wieder klar, dass Politik in unserem Land zu einem Selbstbedienungsladen verkommen ist.

Natürlich hat Steinbrück Recht, wenn er seinen Kontrahenten Verlogenheit und Scheinheiligkeit vorwirft. Er hat sich den Regeln des Bundestages gemäß verhalten. Wenn sein Verhalten aber durch diese Regeln gedeckt war, müssen sie dringend geändert werden.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: franz dreesen

Werte Frau Lengsfeld,sie treffen-wiedermal- genau den WUNDEN Punkt!
Geldgier,Machtgier,Eitelkeit sind doch
untrennbar von hoher& nicht so hoher Politik!
Die Grünen sind doch seit den Zeiten
Fischer`Schilly etc. genauso Wohlstandskorrumpiert & Wohlstandsverwahrlost wie die sogenannten Volksparteien!

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