Nach-Gedacht: Von allem zu viel

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Karl Wilhelm Georg August Gottfried von Einem ist, wie gerade erst hier zu lesen war, seine Straßenwürdigung zu Gunsten eines Vorkämpfers der Schwulenbewegung losgeworden, weil er ein Militarist war - letzteres für einen preußischen Offizier und Kriegsminister vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts allerdings keine große Überraschung. Für ihn persönlich spielt das sicher keine große Rolle mehr, wie auch nicht die jüngsten und dennoch tragischen Ent- und Verwicklungen für Günter Pfitzmann. Der vor elf Jahren verstorbene große Volksschauspieler (Praxis Bülowbogen) sollte nach Vorschlag der CDU-Fraktion im Berliner Bezirk Tiergarten geehrt werden, indem ein bei einer Parkneugestaltung entstandener Weg seinen Namen tragen sollte. Undenkbar war dies aber für die Vertreter der Grünen und ihrer Sekundanten von der SPD, denn erst sei - trotz der unbestrittenen Bedeutung Pfitzmanns - die 50-prozentige Frauenquote bei der Gesamtzahl der Straßennamen zu erfüllen.

Bei dieser Rigidität steht zu befürchten, dass den weltverbessernden Abgeordneten bald die weiblichen kulturhistorischen Randerscheinungen und die in KZs umgekommenen Frauen ausgehen. Wie viel eleganter ist doch der ebenfalls rot-grün dominierte und demselben Dogma unterworfene Nachbarbezirk Kreuzberg-Friedrichshain mit ähnlichen Situationen umgegangen. Als beispielsweise ein Name für den neuen Vorplatz des jüdischen Museums gesucht wurde und das Museum dafür den Philosophen Moses Mendelssohn vorschlug, sorgte der Bezirk dafür, dass dessen Ehefrau mit auf das Straßenschild kam. Seit einigen Wochen ergeht man sich jetzt in Kreuzberg tatsächlich auf dem Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz! Man kann nur hoffen, dass hier keine Postadressen vergeben werden.

Auch für andere männliche historisch bedeutende Erscheinungen wurden schon mal zwei Augen zugedrückt, allerdings nur unter der Voraussetzung, linke oder besser linksradikale Klientel zu bedienen. So wurde bekanntermaßen ein Teil der Kochstraße nach Rudi Dutschke, einem Mitinitiator der Straßenkämpfe der 60er-Jahre, benannt. Und auch für die Ikone der Antifa, Silvio Meier, dessen Verdienst es war, bei einer selbstprovozierten Schlägerei mit Rechtsradikalen erstochen zu werden, ließ man eine Ausnahme zu. Muss denn Willkür wirklich so offensichtlich praktiziert werden?

Nach Recht und Gesetz hätte „Pfitze“ durchaus eine Chance in Berlin, denn im Straßengesetz heißt es nur, dass Frauen bei der Verwendung von Personennamen „verstärkt Berücksichtigung finden“ sollen. Da es aber im alternativen Wolkenkuckucksheim nicht immer um Recht und Gesetz geht, kann man es vielleicht einmal mit dem Vorschlag eines Berliner Bürgers versuchen: „Nennt den Weg doch einfach Günter-Pfitzfrau-Straße“.

Mehr von Konrad Kustos gibt es hier: chaosmitsystem.blogspot.de

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Dem-Ernst-Kuzorra-seiner-Frau-ihr-Stadion (der legendäre Vorschlag von Johannes Rau für die geschlechtergerechte Benennung des Stadions von Schalke 04)

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