Mindestlohn

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Papst Leo XIII. schreibt in Rerum Novarum:

17. Vor allem aber ist es Pflicht der Arbeitsherren, den Grundsatz: jedem das Seine, stets vor Augen zu behalten. Dieser Grundsatz sollte auch unparteisch auf die Höhe des Lohnes Anwendung finden, ohne daß die verschiedenen für die Billigkeit des Lohnmaßes mitzuberücksichtigenden Momente übersehen werden. Im allgemeinen ist in Bezug auf den Lohn wohl zu beachten, daß es wider göttliches und menschliches Gesetz geht, Notleidende zu drücken und auszubeuten um des eigenen Vorteils willen. Dem Arbeiter den ihm gebührenden Verdienst vorenthalten, ist eine Sünde, die zum Himmel schreit.

Unbestritten ist, daß Papst Leo XIII. wohl kaum an einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn gedacht hat. Doch der Papst macht Vorgaben, wie ein gerechter Lohn auszusehen hat. In unseren Worten ausgedrückt berücksichtigt ein gerechter Lohn zum einen natürlich die Qualifikation eines Arbeiters. Als Mindestmaß jedoch gilt es sicher zu stellen, daß ein Arbeiter von seinem Lohn seinen Lebensunterhalt angemessen betreiten kann. Über das Wort “angemessen” läßt sich trefflich streiten. Wohin überzogene Entwicklungen führen, zeigt ja das Versagen der Tarifautonomie in unserem Land, die zunächst einmal aus unserem Land ein Hochlohnland schuf. Billige Konkurrenz besonders in östlichen Nachbarländern ließ die Unternehmen abwandern. Massenarbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit und Sockelarbeitslosigkeit führten dazu, daß man Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts von einem abghängten Prekariat in unserer Gesellschaft sprach. Eine neue Unterschicht hatte sich gebildet. Eine Unterschicht, die mit sozialen Transferleistungen über zwei, teilweise drei Generationen versorgt und abhängig gehalten wurde. Dieser Krug ging zum Brunnen, bis er brach. Leere Kassen nötigten – so machte man uns glauben – zur Agenda 2010.

Zwei Grausamkeiten hatte dieses Machwerk eines sozialdemokratischen Kanzlers vor allem zur Folge: Mit der Hartz IV – Gesetzgebung wurden ein neuer Standard in der Sozialgesetzgebung geschaffen. Ein absolutes Überlebensminimum sollte der Staat noch zahlen. Rücklagen, die ein Arbeiter angelegt hatte, müssen bis auf geringe Freibeträge verbraucht werden. Wer nicht gespart hat, macht keine Einbußen. Bestraft wurde und wird, wer sorgfältig gewirtschaftet hat.

Zum anderen, diese Grausamkeit trat erst sehr viel später ein, wurde das ehemalige Hochlohnland Deutschland zu einem absoluten Niedriglohnland. Dumpinglöhne von 5 €/ Stunde für einfache Tätigkeiten sind keine Seltenheit. Kurzes Rechenbeispiel: bei 40 Std. Arbeitswoche und 21 durchschnittlichen Arbeitstagen käme ein Arbeiter mit 5 € Stundenlohn auf einen Bruttoverdienst von 840,– €. Netto ergibt das knapp 670,– €. Selbst wenn man nicht in München oder Düsseldorf lebt, kann man davon nicht leben.

Dumpinglöhne verstoßen also gegen das Mindestkriterium des “jedem das seine” aus Rerum Novarum und ist damit eine himmelschreiende Sünde.

Die Tarifautonomie in unserem Land hat versagt. Gewerkschaften sind längst in Bedeutungslosigkeit versunken, insofern es sich nicht um den öffentlichen Dienst oder uralte Großbetriebe handelt. Der Niedriglohnsektor interessiert die Gewerkschaften nicht im geringsten. Und nun ist der Staat am Zug. Per Gesetz soll nun festgelegt werden, daß jeder Arbeiter mindestens 8,50 € verdienen soll. Noch einmal die schnelle Rechnung bezogen auf eine Vollzeitstelle … Bei Steuerklasse I, unverheiratet, kein Kind ergibt das einen Nettoverdienst von ca 1050,– €. Das ist kein Luxuseinkommen, aber es kann den Lebensunterhalt sichern.  So mag es denn sein.

Die Kröte eines gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohnes wird also jetzt zu schlucken sein. Bleibt zu hoffen, daß daraus Lehren gezogen werden.

Maßlosigkeit bei gewerkschaftlich ausgehandelten Tarifverträgen macht Unternehmen unwirtschaftlich, produziert Arbeitslosigkeit und zwingt die Arbeiter zunächst in Sozialtransfers und am Ende in einen Niedriglohnsektor, den dann der Staat vorgibt, regulieren zu müssen.

Es ist dies nichts weniger als ein Schritt in den Sozialismus. Jeder Unternehmer, der Arbeiter zu Dumpinglöhnen beschäftigt hat, hat seinen Teil dazu beigetragen. Für unser Land und für die Unternehmenskultur in unserem Land, das sich die soziale Marktwirtschaft auf die Fahne geschrieben hat, ist die Notwendigkeit eines gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohnes eine Schande.

Beitrag erschien auch auf: blog.peter-winnemoeller.de

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: peter-deutsch

Sorry .. wenn ich das schon lese : AG kann nicht gezwungen werden Menschen einzustellen wenn der Wert der Arbeit den Lohn nicht wert ist :-( WER , so frage ich mich entwertet denn die Arbeit ? Sind es die Werktätigen oder die Arbeitgeber die Menschen mit Maschinen vergleichen ? Eine Maschine wird zu einem Stundenlohn ( auf die Laufzeit berechnet ) 1000de von Menschen ersetzen und ist deswegen immer mehr wert ( leider ) sie wird nie krank und streikt auch nicht ... die 8 Millionen Arbeitssuchenden kommen ja nicht von irgendwo her :-( Wenn also AG die Menschen nur noch gewillt sind Menschen zu Dumpinglöhnen zu "verheizen" nur um die Gewinnmargen zu erhöhen dann ist ein Arbeiter-Menschenleben wertlos ... nicht Arbeit macht frei sondern GERECHT bezahlte Arbeit macht frei !!

Gravatar: luxlimbus

Grundsätzlich ist ein Mindestlohn nichts positives.
Wenn jedoch das Kind, wie bei uns, bereits in den Brunnen gefallen ist, - das eherne und gerechte Marktgesetz von "Angebot und Nachfrage" mittels Migrationsexzessen ("Asyl"/Migration/Bürgerkriegs-"flüchtlinge") ad absurdum geführt wurde und immer noch wird, – und so die Plan-, die soziale Marktwirtschaft stillschweigend ablösen konnte und kann, paßt ein normalerweise abzulehnender Mindestlohn wieder recht gut in diese volkswirtschaftliche Landschaft.
Allerdings sollte ein Mindestlohn hierzulande dann gefälligst auch bei mindestens 9,50€ liegen, schliesslich ermöglicht Deutschlands "politische Noblesse" diesen bereits großzügig (über fragwürdige Bankenunterstützungen) in seinem französischem Nachbarland. (...)
Nachtrag:
Ob die demonstrative Verneinung eines Mindestlohnes auf den derzeitigen Wahlfahnen der AfD sich gut machen werden, darf mehr als bezweifelt werden. Dies ist, ganz abgesehen vom Standpunkt, schlicht ein böser (Anfänger-)Fehler.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Der Gesetzgeber kann zwar die Unternehmen zwingen, jedem Arbeiter, den es beschäftigt, den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Er kann aber kein Unternehmen zwingen, zu diesem gesetzlichen Mindestlohn Arbeiter einzustellen, deren Arbeit diesen Mindestlohn nicht wert ist. Folge: Geringqualifizierte bleiben ewig arbeitslos.

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