Meinungsfreudig und bisweilen verschwörungstheoretisch – Heiner Kappel über den Euro-Wahnsinn

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Heiner Kappels Streitschrift „Kapiert’s endlich! Geldkrieg statt Weltkrieg“ ist in zweiter, erweiterter Auflage im Gerhard Hess Verlag www.gerhard-hess-verlag.de erschienen. Das Buch hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Der evangelische Theologe und Ex-Politiker (FDP, Bund Freier Bürger) schreibt eine schnörkellose, meinungsfreudige Prosa. Dies ist ein klarer Vorteil. Als Nachteil erweist sich aber Kappels Hang zu Verschwörungstheorien, so als konzentrierten sich die Großmächte spätestens seit Otto von Bismarck darauf, Deutschland klein zu halten und zu knechten.

Deutschland sei immer noch ein besetztes Land, das die Schulden anderer Staaten begleichen solle, so seine zentrale These.

Ein bestimmter Typus des Konservativen in Deutschland neigt bisweilen zur Larmoyanz, und auch Kappel ist nicht frei von Einseitigkeiten und Weinerlichkeit. Wenn der Autor über Deutschlands Rolle im Zweiten Weltkrieg räsoniert, dann ist viel vom Leid die Rede, das „den Deutschen“ angetan wurde, weniger vom Leid, das „die Deutschen“ den anderen Völkern angetan haben.

Missverständliche Formulierungen wie diese hätte sich der Autor besser verkniffen: „Nicht wenige waren damals (in der Weimarer Republik; A.L.) hoch verschuldet auf Gedeih und Verderb von einem reichen ‚Geldjuden‘ abhängig gewesen. So war es ein leichtes, ‚den Juden‘ anzuklagen und dabei ganz zu vergessen oder zu verdrängen, dass sehr viele jüdische Familien von nebenan genauso arm und hilflos dran waren – ja zum Teil noch schlimmer.“

Auch Kappels Beschreibung der „Umerziehung“ der Deutschen fällt sehr einseitig aus. Westliche „Wohltaten“ werden bewusst ausgeblendet: „Diesen Deutschen musste zuerst einmal eingetrichtert werden, dass sie grundsätzlich an allem schuld waren, sind auch und sein werden“.

Dabei hat Kappel ja nicht Unrecht: Mit der Aufgabe der D-Mark zu Gunsten des Euro wollten insbesondere die Franzosen den wirtschaftlich überlegenen, weil leistungsfähigeren Nachbarn schwächen. Während die Banken gerettet wurden, haben viele Durchschnittsbürger Angst um ihr Erspartes, ihre Renten und Pensionen. Banken und Versicherungen feixen, Politiker lavieren, die Bürger sind ohnmächtig.

Doch was in Europa schief läuft, macht man im Inneren nicht besser: „Von den 16 Bundesländern zahlen inzwischen nur noch Bayern, Baden-Württemberg und Hessen in den Länderfinanzausgleich, während alle übrigen subventioniert werden.“

Von den Entwicklungen „in den PIGS (Portugal, Italien, Griechenland und Spanien)“ schweigt derweil die Presse. Syrien, die Ukraine und der Irak sind uns wichtiger geworden als die anhaltende (Jugend-)Arbeitslosigkeit und die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten insbesondere in Südeuropa.

Es gab einmal ein Europa mit vielen Völkern, eigenen Sprachen, Kulturen, Traditionen und Geschichten. Die Kriegsgefahr war gebannt auf dem Kontinent, zumindest in der EU. Der Euro und die Brüsseler Bürokratie sind verantwortlich, wenn dies nicht mehr so ist: „„Europa wird organisatorisch, juristisch, fiskalisch und reglementarisch immer enger zusammengebunden, und die Europäer entfernen sich – oft unbewusst und manchmal sogar bewusst gesteuert – mental immer mehr voneinander“.

Heiner Kappel: Kapiert’s endlich! Geldkrieg statt Weltkrieg. Bad Schussenried: Gerhard Hess Verlag 2014. 2., erweiterte Auflage, 84 Seiten, 9,90 Euro.

 

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