Meinungsfreiheit als Naturkatastrophe?

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Wenn unter 80 Millionen Menschen jemand eine Meinung äußert, die vielleicht nicht ganz richtig, vielleicht sogar komplett falsch ist, dann ist das eigentlich keine große Nachricht. Meinungsfreiheit führt zwangsläufig dazu, dass auch viele Meinungen geäußert werden, die einem persönlich widerstreben. Wenn man Meinungen, die man für falsch oder sogar als unmoralisch empfindet, grundsätzlich nicht hören will, dann kann man nicht für Meinungsfreiheit sein. Wer allerdings seine Meinung äußert, der muss auch damit leben, dass andere das auch tun und die eigene Meinung kritisieren. Polemik darf durchaus auch mit Polemik beantwortet werden. Die freie Gesellschaft ist keine Gesellschaft des Konsens, sondern der heftigen Kontroverse. Schon Humboldt meinte geistiges Leben erstürbe, wenn man völlig einig werde. Manchmal hat man aber den Eindruck, diese „völlige Einigkeit“ sei ein gesellschaftspolitisches Ziel. Abweichende Meinungen seien ein Skandal – eine „Störung des sozialen Friedens.“ Nur so ist erklärbar, dass Thilo Sarazzin mit seinen Thesen nicht nur einen Platz im Feuilleton erhalten hat, sondern es gleich auf Platz 1 der Tagesschau geschafft hat. So zu reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist, hat in Deutschland denselben Nachrichtenwert wie die Anschläge vom 11. September, eine großer Naturkatastrophe, oder das Scheitern einer Landesregierung. Dies sollte Anlass dazu bieten, über die Kultur der Meinungsfreiheit in Deutschland nachzudenken. Darüber nachzudenken, warum es nicht möglich ist, mit einer gewissen Gelassenheit auch Kontroversen zu ertragen. Jede öffentlich geäußerte kontroverse Meinung ist die Bestätigung der Offenheit unserer Gesellschaft. Mag man sich noch so sehr über die Meinung des politisch Andersdenkenden ärgern, man sollte nie vergessen, dass es viele Gründe gibt, dankbar dafür zu sein, wenn man in einer Gesellschaft leben darf, in der selbst die abseitigste Meinung ohne Sanktionen geäußert werden darf. Viele Menschen haben große Opfer gebracht und bringen große Opfer, um die Meinungsfreiheit zu schaffen, die bei uns heute offenbar oft als lästig empfunden wird.

Dieser Beitrag wurde zu erst veröffentlicht auf dem Blog des Liberalen Instituts.

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freidenker

Als kritsicher Rationalist gebe ich zu, dass ich mich irren kann, dass du recht haben kannst und dass wir gemeinsam vielleicht der Wahrheit auf die Spur kommen werden.

Gravatar: Rolf D. Lenkewitz

Eine lebendige Streitkultur trägt dazu bei die eigenen Ansichten zu überprüfen und oftmals ein besseres Ergebnis zu erzeugen. Die Reaktion der Politik zeigt die Uniformität, die bereits entstanden ist, sie ist auch ein gefährlicher Hinweis auf den wirklichen Zustand der Demokratie in Deutschland.

Gravatar: Ralf Bann

Gut gesagt, gut das es die FreieWelt.net gibt, wir wären alle ein grosses Stück ärmer, wenn es Euch nicht gebe. Der Strom des lebendigen Wassers fliesst hier weiter : )

Gravatar: Z. Klimowa

Dann fangen wir doch gleich mal bei der Linkspartei und den Grünen an. Wer einer Claudia Roth, Renate Künast oder Gesine Lötsch beobachtet, sieht, dass diesen Frauentypen es besonders schwer fällt, die Meinung anderer zu ertragen, obwohl sie selbst aus einer großen Schnauze und platten Sprüchen nichts zu bieten haben.

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