Nichts deutet in den letzten Jahren darauf hin, dass Europas Musterrolle im Klimaschutz sich wirklich auszahlen und die ambitionierten Ziele der Reduktion von Treibhausgasen, die massive Förderung erneuerbarer Energieträger und willkürliche Energieeffizienzziele über die davon profitierenden Wirtschaftssektoren hinausgehende Gewinne versprechen würden. Noch immer gibt es keine Einigung über ein internationales Klimaschutzabkommen und steigende globale Treibhausgasemissionen lassen nicht erwarten, dass außerhalb Europas in naher Zukunft der klimapolitische Durchbruch gelingt. Amerikas sinkende Kohlendioxidemissionen sind dem Schiefergasboom und der konjunkturellen Flaute zuzuschreiben, der Rest der Welt, Europa eingeschlossen, freut sich über sinkende Kohlepreise und denkt nicht ans Maßhalten in Sachen Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen.
Das hält den Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) nicht davon ab in seiner jüngsten Stellungnahme der EU mit der Realität kollidierende Forderungen ins Stammbuch zu diktieren und die europäische Klimapolitik, namentlich deren Emissionsziele und den für deren Erreichung maßgeblichen Emissionshandel, in den Dienst eines energiepolitischen Dirigismus zu stellen. Dessen Ziel soll eine kohlenstofffreie Wirtschaft sein, die noch immer mit dem dubiosen, wissenschaftlich nicht belegbaren Zwei-Grad-Ziel rechtfertigt wird. Die Stellungnahme des SRU lässt den klimapolitischen Schwanz mit dem Hund wackeln. Ambitionierte Ziele und hohe Zertifikatspreise sollen die Energiewende retten, die nach Ansicht des SRU wiederum dem Klimaschutz dienen sollte. Dazu löst man den Begründungszusammenhang zwischen Energiewende und Klimapolitik kurz auf und lässt Emissions-, Energieträger- und Effizienzziele einfach nebeneinander stehen, schmückt diesen Trick mit einigen industriepolitischen Nebenzielen aus, um doch am Ende alles wieder geschickt zusammenzurühren.
Weil konsequent umweltökonomische Argumente wenig Raum für die Planspiele des SRU lassen, werden in der Stellungnahme kurzerhand ein paar Marktversagenstatbestände konstruiert, die, das räumt der SRU selbst ein, aber keine Besonderheit der erneuerbaren Energieträger, sondern genereller Natur sind. Nicht erwähnt wird auch, dass beispielsweise die vermeintlichen Lock-in-Effekte, Spill-overs und ähnliche theoretische Spitzfindigkeiten in der Fachliteratur extrem umstritten sind und, wenn überhaupt, einer spezifischen Internalisierung bedürften, statt durch die Rasenmäherbehandlung des vom SRU favorisierten EEG zu genesen. So treten beispielsweise F&E-Spill-overs, also vom Investoren nicht-internalisierbare Kostenvorteile der technologischen Entwicklung, nicht beim vom EEG profitierenden Betreiber der Anlagen, sondern deren Herstellern auf, so dass die Förderung auch keinerlei gezielten Einfluss auf das Ausmaß der Spill-over-Effekte auf dieser Wertschöpfungsstufe nehmen kann.
Ebenso wenig Widerspruchsfrei ist auch der Umgang mit der Frage nach einer europäischen Harmonisierung. Aus Angst die europäische Debatte über mehr Effizienz bei der Förderung der erneuerbaren Energieträger könne den Protagonisten des EEG den Wind aus den Segeln nehmen wird mit dem Subsidiaritätsprinzip bei der Entscheidung über Ziele und Instrumente der Förderung erneuerbarer Energieträger argumentiert, um dann im Zusammenhang mit dem Thema Energieeffizienz eine Lanze für europaweit einheitliche Produktstandards zu brechen und nur im Bereich von Industrieprozessen den Nationalstaaten noch Entscheidungskompetenzen einzuräumen. Das auf dem hochgradig vernetzten Energiemarkt nationale Alleingänge ebenso wie im Bereich handelbarer Produkte nicht ohne erhebliche Wirkungen für den europaweiten Wettbewerb bleiben, dürfte auch dem SRU klar sein. Genau genommen ist auch die Frage nach der Subsidiarität der Politik eine Frage negativer Externalitäten und darf nicht durch die beliebige Interpretation ihrer pekuniären Folgen beantwortet werden. Zumindest von Wissenschaftlern sollte man erwarten, diese wichtige Differenzierung vorzunehmen. Offenbar ist die Willkür dieser Argumentation allein der Tatsache geschuldet, dass die Richtung der Brüsseler Debatte dem SRU bei den erneuerbaren Energie gar nicht passt, bei der Energieeffizienz hingegen sehr entgegen kommt.
Ordnungspolitische Stringenz und rationales Abwägen lassen die umweltpolitischen Empfehlungen des SRU generell vermissen. Vage bleibt man bei der Kosten-Nutzen-Analyse der Ziele und Instrumente, gern bezieht man sich auf Studien, die ohnehin schon die Grundlagen der EU-Umweltpolitik sind. Nach einem Abgleich dieser Gefälligkeitsanalysen mit eher kritischen Studien, etwa von den Ökonomen William Nordhaus oder Richard Tol, sucht man vergeblich. Übrig bleibt eine selbstreferentielle, logisch inkonsistente Stellungnahme, die ohnehin schon von ihrem Weg überzeugten Politikern bestenfalls als Durchhalteparole dienen kann.
Beitrag erschien zuerst auf: liberalesinstitut.wordpress.com
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