Lösen wir das Jungenproblem mit "Mehr Männer in Kitas"?

Millionenschwere Programme werden von der Bundesregierung aufgelegt und Familienministerin Schröder trommelt unermüdlich, um mehr männliche Jugendliche für die Frühpädagogik zu gewinnen.

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Im nächsten Jahr werden 40.000 neue Kräfte für den Ausbau der Betreuung der unter Dreijährigen gebraucht. Wie viele werden davon männlich sein, wenn ihr Verdienst nur wenig über Hartz IV liegt? Kann dieser Vorstoß überhaupt zu einer Lösung führen, dass vor allem kleine Jungen mehr mit männlichen Vorbildern in Berührung kommen und in ihrer männlichen Identität gefördert werden? Ein Interview mit dem bekannten Männerforscher Walter Hollstein auf focus-online gibt interessante Antworten.

Fehler der Geschlechterpolitik: Einseitige Förderung der Mädchen

Walter Hollstein, der sich über Jahrzehnte mit der Männerforschung beschäftigt hat, sieht Gründe der nicht länger zu beschönigenden Jungenproblematik u.a. darin, dass Männer nie die Flexibilität gelernt haben, die über den Beruf hinausgehenden Anforderungen z.B. der Kindererziehung in ihren Alltag integriert zu bekommen, und dass sie im Unterschied zu den Mädchen kaum Hilfen bei ihrer Identitätsfindung erhalten, denn „der große Fehler der deutschen Geschlechterpolitik war, dass man sich einseitig auf Mädchen konzentriert hat.“

Auch für die schulisch schlechteren Leistungen der Jungen benennt Hollstein eindeutige Gründe: „Sie werden in unserem Bildungssystem benachteiligt. Untersuchungen belegen sogar, dass sie bei gleicher Leistung schlechter benotet werden. Jungen wurden in den letzten 20 Jahren in keiner Weise gefördert, gleichzeitig haben sie erlebt, was alles für Mädchen gemacht wurde. Der ganze Erziehungsbereich ist stark feminisiert worden, zum einen personell, zum anderen inhaltlich. In Schulbüchern erscheinen Inhalte, mit denen sich Jungen einfach nicht identifizieren können. Im Deutschunterricht müssen sie Geschichten über Bienen lesen, im Kunstunterricht Schmetterlinge malen und im Sportunterricht Schleiertänze einüben. Auf den Pausenhöfen werden Bolzplätze zu Kommunikationsflächen umgewandelt, mit der Begründung, dass es doch für die Jungen gesünder sei, dort ihre Probleme zu diskutieren statt herumzutoben. Da muss man sich doch nicht wundern, wenn sie eine Identitätskrise kriegen.“

Sind Quoten die Lösung?

Von den aufgelegten Förderprogrammen, wie „mehr Männer in Erzieherberufe“, hält Hollmann ebenso wenig wie von Quotenregelungen. Er sieht zwar die noch immer vorhandene Ungerechtigkeit, dass Männer mehr verdienen als Frauen, mahnt aber auch an, dass der Bodensatz der Gesellschaft eben auch männlich ist: „Obdachlose und andere arme Schweine. Die schmutzigsten und gefährlichsten Jobs machen Männer. Da würde ich von Feministinnen gern hören, dass wir eine Quote für die Müllabfuhr brauchen.“

Und wie kann den Jungen geholfen werden? Dazu kann uns auch der Männerforscher keine Patentlösung anbieten. Es wäre ja schon viel gewonnen, wenn das Problem als real existierend allgemein wahrgenommen würde und dann auf das Wesen der Jungen zugeschnittene Förderungen erfolgten, die ihnen auch gerecht werden. So lange aber versucht wird, die Jungen in Mädchenberufe zu bringen, ihnen ihr Junge-Sein auszutreiben, sie zu feminisieren, wird sich ihre Situation nicht wesentlich verbessern.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Erziehungstrends.de

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