Mediale Wiedergänger – so nenne ich ab und zu bestimmte Personen des öffentlichen Lebens: Sie waren mal sehr bekannt, verschwinden dann irgendwann in der Versenkung und werden immer mal wieder vor ein Mikrofon gezerrt, wenn ihre Position gerade prägnant zu passen scheint. Im kirchlichen Umfeld sind das so illustre Persönlichkeiten wie Uta Ranke-Heinemann oder Hans Küng, die immer dann auftauchen, wenn es irgendwie gegen die katholische Kirche geht. Dabei weiß ich gar nicht, ob mir diese Leute leid tun sollen, weil sie sich so vor einen Karren spannen lassen oder ich mich über ihre Positionen echauffieren soll … denn am Ende der darauf folgenden Woche wird meist schon wieder eine andere Sau durchs mediale Dorf getrieben.
Zu dieser Riege gehört auch Jutta Ditfurth, Gründungsmitglied der Grünen, sicher zum Fundi-Lager zuzuordnen, der bis heute ihre Partei offenbar als nicht marxistisch genug erscheint. Da sie kein weiteres wesentliches Amt mehr innehat, wird sie heute als „Publizistin“ vorgestellt, was schick klingt, am Ende aber nicht mehr bedeutet, als das sie irgendwie Texte publiziert (das heißt, ich bin auch einer, würde mich aber nicht als solcher vorstellen, Obacht also bei dieser „Berufsbezeichnung“, wenn sie für sich alleine dasteht). Und da im Herbst wieder mal der „Marsch für das Leben“ stattfindet, wo Lebensrechtler für das Leben von der Zeugung bis zum natürlich Tod einstehen, und man nun schon mal medial gegen diesen Jahr für Jahr größer werdenden Schweigemarsch aufzurüsten gedenkt, hat sich das (nebenbei gebührenfinanzierte!) Deutschlandradio Kultur nicht nehmen lassen, diese ausgewiesene Kämpferin wider das Leben zu interviewen.
Um klare Worte ist sie nicht verlegen, und so landen Lebensrechtler schnell in der rechten Ecke, sind Sexisten, kämpfen gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau etc.pp. Das Kalkül ist auch aufgegangen, Frau Ditfurth ist wieder im Gespräch … was mich dazu veranlasst hat, dieses Thema eigentlich aussitzen zu wollen. Ich will der Frau keine größere Bühne schaffen als sie schon hat und die ihr schon zu groß ist. Aber dann bin ich auf den Beitrag von Claudia Sperlich in ihrem Blog „Mein Leben als Rezitatorin und Dichterin“ unter dem schönen Titel „Sexistische Arschlöcher wie ich“ gestoßen … und kann seither sowieso nichts mehr darüber schreiben, denn treffender kriege ich es auch nicht hin.
Dabei geht sie sehr diplomatisch vor, legt Frau Ditfurth nichts in den Mund, sondern nimmt einfach ihre Argumentation chirurgisch auseinander. Es macht Spaß zu lesen, wenn sie schreibt:
Ditfurth traut religiösen Menschen sexuelle Selbstbestimmung, Leidenschaft und ein lustvolles Sexualleben nicht zu. Hier kann ich sie beruhigen. Es ist äußerst lustvoll, ohne einen Gedanken an die Qualität des Gummis, die Bekömmlichkeit der Pille oder den richtigen Sitz des Pessars mit einem von Herzen und in vollkommener Ehrlichkeit geliebten Menschen Sex zu haben. Andererseits ist es der Liebe nicht abträglich, es einfach mal seinzulassen, weil gerade jetzt eine Schwangerschaft ungelegen käme.
Die Art der Argumentation wird Frau Ditfurth vermutlich gar nicht verstehen können, aber zumindest diejenigen, die ihr insgeheim zustimmen, werden hoffentlich zum Nachdenken angeregt. Von Claudia Sperlichs Berichten auf Facebook weiß ich, dass ihr der Beitrag einen kleinen Schub von Zugriffszahlen beschert hat, was einerseits am Titel liegen kann („Sex sells“ – auch in dieser Wortkombination), aber auch daher, dass so mancher Kritiker des Lebensschutzes bei ihr gelandet ist. Wer weiß, ob die die Seite nicht doch zumindest ein bisschen nachdenklich verlassen, wenn sie – noch dazu von einer Frau, der Frauenfeindlichkeit daher eigentlich eher unverdächtig – lesen:
Hier unterstellt Frau Ditfurth, die Kirche oder die Lebensschutzbewegung oder der Staat (um diese drei ging es bisher) sehe als Maß aller Dinge und einzige Möglichkeit zum Glück die Familiengründung. Das stimmt für keinen der genannten. Für alle drei gilt: Es gibt verschiedene Lebensmodelle, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Davon wird die unbedingte Schutzwürdigkeit jedes Menschen (auch des kleinsten) nicht berührt.
Und selbst wenn ich da zu optimistisch sein sollte – mir hat der Beitrag von Claudia Sperlich jedenfalls gefallen, neudeutsch „You made my day, Claudia“, ich kann ihn nur jedem zur Lektüre empfehlen (nebenbei genau so wie ihr Buch „Lass mich bekennen Deine Mandelblüte, das ich auf diesem Blog ebenfalls schon mal besprochen habe … dass allerdings stilistisch ganz anders gelagert ist als der Blogbeitrag) und dazu auffordern, nicht jeden ernst zu nehmen, der einen berühmten Namen trägt oder selbst mal berühmt war.
Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de
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