Kritik an Mario Draghi ist nur ein populistisches Ablenkungsmanöver

Einfache Menschen lieben einfache Feindbilder. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die große Politik nun Herrn Draghi als Bauernopfer präsentiert. Kaum eine Gestalt ist so verhasst wie Mario Draghi. Warum eigentlich?

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Draghi  ist Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) und Vorstandsmitglied der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ) in Basel. Zwischen 2002 und 2005 war er Vice President bei Goldman Sachs. Er wurde 2011 vom Europäischen Rat offiziell als Nachfolger bestimmt. Der Europäische Rat ist nicht das Parlament und auch nicht die Europäische Kommission. Der Europäische Rat ist das Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. Man kann also sagen, der EZB-Chef ist ein von den Regierungen bestimmter Beamter. Sein Job ist die Preisniveaustabilität; hierfür hat er ein Mandat mit gewissen Instrumenten.

Mario Draghi passt genau ins Feindbild der Kartoffelköpfe: Banker, Goldman und Italiener. Draghi gehört zum System der Machtelite. Wird er nun von selbiger kritisiert, dann ist das natürlich heuchlerisch. Bei der Pressekonferenz am Donnerstag sagte er: “Zinsen sind ein Symptom und keine Ursache. Wenn die Politik höhere Zinsen will, dann muss sie für Wachstum sorgen.” Die EZB hat nach 2008 massiv die Zinsen gesenkt, damit die Staaten Luft und vor allem Zeit haben. Doch sie haben diese Zeit nicht genutzt. Nun soll Draghi daran schuld sein? Die andere Seite der Medaille ist, dass vor allem Schäuble vom Niedrigzins profitiert. Ohne Draghi gäbe es wohl keine schwarze Null.

Mario Draghi muss als Sündenbock herhalten, dabei ist die EZB nur eine Beauftragte der Politik. Sie ist zwar unabhängig, zieht aber seit der Eurorettungstets am gleichen Strang wie die übrigen Politiker. Draghi ist nur der Handlanger eines kranken Systems. Er dient als Sündenbock und billiges Ablenkungsmanöver. Die Menschen sehen den niedrigen Zins als Problem an, dabei übersehen Sie, dass der niedrige Zins nur Folge einer Ursache ist. Und diese Ursache wurde bis heute nicht von der Politik behoben. Draghi ist wieIbuprofen: Er lindert den Schmerz bis die Heilung einsetzt. Die Politik hat aber kein Interesse an einer Heilung; jetzt soll Ibuprofen daran schuld sein.

Beitrag zuerst erschienen auf pinksliberal.wordpress.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.Mayer

@Günter Fuchs
Sie habens erkannt und mit wenigen Worten das Problem genau seziert. Schon der Finanzminister Markus Söder hat den Draghi als Falschmünzer bezeichnet und gefordert "Wer zahlt schafft an" in der EU mit dem von Frau Dr. Merkel installierten, für unser Land größten Steuerbetrüger Junker und die Schuldennationen wie von ihnen beschrieben ist dieses Niedrigstzinssystem von großem Vorteil. Diese Länder, wie Griechenland, Frankreich Italien etc die schon immer über ihre Verhältnisse gelebt haben und sich nur über Schulden finanzierten oder wie die Griechen und Römer die andere Völker unterwarfen und später ihre Kolonien ausbeuteten leben von diesem System auf unsere Kosten. Angeblich sind wir die Profiteure, deutsche hochwertige Güter (made in Germany) waren konkurrenzlos weltweit gefragt. Unsere Vorfahren unter Herrmann den Cherusker haben ihre Unterdrücker endlich totgeschlagen und die Germanen haben an die Tore der ewigen Stdt Rom geklopft und die degenerierten Römer in Unterzahl besiegen können und das Ende des römischen Weltreiches eingeläutet. Der Draghi ist die Rache der Italiener als Nachfolger dieser Römer, an uns Deutsche als Nachfolger der Germanen. Die 0-Zinspolitik hilft diesen Schuldenmacher-Nationen und wir bezahlen mit unseren Billionen Sparvermögen für diese Politik. (Die €-Reform war eine reine Währungsreform 1:2 und hat Frankreich Miliardenvorteile gebracht. Der Wechselkurs DM:Euro von ca 50% war ein Witz gegenüber der Umwechslung F:€ und war absolute Bedingung von Frankreich für unsere deutsche Wiedervereinigung.Wann endlich kommt mal ein Deutscher, die immer überstimmt werden von den Schuldennationen, aus der größten Zahlernation als Nachfolger von Draghi.

Gravatar: Freigeist

Unser jetziges System, der Kapitalismus, hat sich so weit entgrenzt, wie dies nur möglich war. Somit fehlt Wachstum. Es besteht der Verdacht, dass es noch viele viele Jahre Null oder nur geringe Zinsen geben wird. Es sei denn, die Staaten investieren nun endlich voll in Infrastruktur und ersetzen die Nachfrage, die die Firmen und der private Konsum nicht mehr auf die Bahn bringen.
Die EZB sollte Staaten Geld für Infrastruktur geben für Null Zinsen. Laufzeit 30 Jahre.

Gravatar: Günter Fuchs

Zitat:
"Die Menschen sehen den niedrigen Zins als Problem an, dabei übersehen Sie, dass der niedrige Zins nur Folge einer Ursache ist. Und diese Ursache wurde bis heute nicht von der Politik behoben."

Was ist denn die Ursache, die bis heute nicht von der Politik behoben wurde???
Sie sollten das Kind schon beim Namen nennen!!!

Und im übrigen, die EZB war spätestens seit der Präsidentschaft des Franzosen Trichet nicht
mehr unabhängig! Seitdem wird die EZB-Politik eindeutig im Sinne Frankreichs und Italiens
sowie der übrigen südeuropäischen (Bankrott) Staaten gemacht!

Gravatar: Sepp Kneip

Ganz so einfach ist das alles nicht. Natürlich wird Draghi jetzt wegen Versagens der Politik zum Sündenbock gestempelt. Das Versagen der Politik liegt im Unterlassenen von Strukturreformen. Nur solche Reformen hätten reales Wachstum nach sich gezogen. Da sich die Politik, vor allem in den Problemländern, dazu nicht durchringen konnte, mussten diese Staaten mittels der wunderbaren Geldvermehrung durch die EZB vor dem Kollaps bewahrt werden. Folglich musste mit Draghi jemand aus diesen Ländern EZB-Präsident werden. Des weitern werden die Interessen dieser Länder von willfährigen Zentralbankrats-Mitgliedern wahrgenommen. Von Neutralität der Zentralbank also keine Spur. Allerdings wurde das alles von unseren Politikern, auch von Herrn Schäuble, jahrelang toleriert. Jetzt, wo die Schäden dieser Geldpolitik offenbar werden, ist Draghi an allem schuld. Natürlich hat er die ihm von den Ländern aufoktroierte Geldpolitik betrieben. Als neutraler Notenbank-Präsident hätte er sich auch anders verhalten und es auf einen reinigenden Crash ankommen lassen können. Vielleicht wäre man ihm heute dafür dankbar, auch wenn die Euro-Zone ein anderes Gesicht bekommen hätte. Aber an der Heiligen Kuh Euro durfte ja nicht gerüttelt werden.

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