Krieg in Syrien? Warum Solidarität und Feigheit schlecht zusammen gehen

Es gibt gute Gründe für aber auch gegen einen deutschen Einsatz in Syrien. Aber einen ganz schlechten.

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Ist ein deutsches Militärengagement in Syrien sinnvoll? Kann man dem IS, der sich auch als Gegner des Terrorregimes des syrischen Präsidenten Assad versteht,  überhaupt sinnvoll militärisch beikommen? Und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Offenbar nicht nur aus der Luft, aber Bodentruppen bedeuten westliche Soldaten, die in schwarzen Plastiktüten zurück kommen – will man das? Klar ist auch jedem, dass eine „Exit-Strategie“ notwendig ist: Den IS zu zerschlagen, wenn es denn ginge, und sich dann einfach wieder zurückzuziehen, das hat schon zu oft in der Geschichte nicht funktioniert. Man kann sich auch fragen, ob ein militärisches Eingreifen, bei dem absehbar auch viele Zivilisten zu Schaden kommen werden, überhaupt moralisch zu verantworten? Und wieder: Wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Über all das diskutierte gestern nicht nur der Bundestag sondern auch das britische Parlament. Man kann zu den obigen Fragen sehr unterschiedliche Ansichten haben, und ich gehe einfach mal davon aus, dass die Positionen durchaus auch Ergebnis einer Gewissenserforschung sind. Nehmen wir einfach Ernst, wenn Menschen Zweifel haben an einem militärischen Erfolg, sogar an der Berechtigung eines militärischen Einsatzes unter deutscher Beteiligung in Syrien oder auch in anderen Ländern, die vom IS heimgesucht werden und von wo aus Terror in die Welt getragen wird.

Ich habe in den Wiedergaben der Redebeiträge aber ein Argument nicht gehört, und ich bin in gewisser Weise froh, dass ich es dort nicht gehört habe. Ich musste es mir nämlich im Radio beim WDR anhören, wo dieses Argument als Einleitung eines entsprechenden Beitrags über die Debatte in Großbritannien herhalten musste. Und das Argument lautet: Rückt ein deutscher Militäreinsatz gegen den IS nicht unser Land in den Fokus der Terroristen? Erhöht sich nicht zumindest kurzfristig unsere eigene Gefährdungslage, wenn wir Tornados zum Fotografieren nach Syrien schicken?

Nicht, dass es nicht gut wäre, sich generell darüber Gedanken zu machen, schließlich ist die Einschätzung schwer von der Hand zu weisen, dass Frankreich auch deshalb eine Hauptzielscheibe des Terrors geworden ist, weil sich das Land militärisch gegen den IS engagiert. Da ist es besser, man ist vorbereitet, auch wenn die Antwort auf die Frage, um mal wieder unseren Innenminister zu zitieren, die Bevölkerung verunsichern kann. Sagen wir es doch ganz deutlich: Ja, durch eine deutsche Unterstützung eines militärischen Eingreifens gegen den IS erhöht sich auch hier die Terrorgefahr – Punkt. Anschläge wie die von Paris sind überall möglich; wenn wir keinen vollständigen Überwachungsstaat wollen, wird man dagegen nur wenig (aber auch nicht nichts) ausrichten können. Die Warnung gegen das Fußballländerspiel in Hannover war eindrucksvoll: So schnell kann es gehen, dass Terror Konsequenzen auf das tägliche Leben hat. Und so etwas würde durch einen deutschen Militäreinsatz sicher kurzfristig eher wahrscheinlicher.

Und jetzt? Kann diese Einschätzung eine Entscheidung über den deutschen Militäreinsatz beeinflussen, eine positive Entscheidung gar kippen? Mag sein, dass man in den Überlegungen zu dem Ergebnis kommt, dass ein militärisches Eingreifen keinen ausreichenden Nutzen haben wird. Dann muss man sich angesichts der sonstigen Folgen dagegen entscheiden. Mag sein, dass man feststellt, dass man den Kampf gegen den Terror militärisch nicht gewinnen kann. Dann muss man andere oder ergänzende Strategien hinzunehmen. Mag auch sein, dass man im Ganzen einen solchen Einsatz für moralisch nicht zu rechtfertigen hält. Dann muss man sich gegen eine deutsche Beteiligung einsetzen.

Was der WDR aber anregt, ist etwas ganz anderes: Aus Angst vor dem Terror will man den Terror vielleicht lieber doch nicht bekämpfen. Dafür, liebe WDR-Redaktion, gibt es ein Wort: Feigheit! Man muss eine erhöhte Terrorgefahr nicht heraufbeschwören durch Mittel, die man ohnehin für untauglich hält. Wer sich allerdings nur aus Sorge um die eigene Sicherheit aus derartigen Einsätzen heraushalten will, um sich anschließend unter die von den anderen geknüpfte Sicherheitsdecke zu kuscheln und womöglich Einsatzfehler und den Tod Unschuldiger zu beklagen, der sollte sich jedenfalls zukünftig mit Solidaritätsbekundungen in Richtung Paris oder anderswo zurück halten. Man mag sich lieber gar nicht vorstellen, wie eine solche Einstellung seine Wirkung entfaltet, wenn Deutschland tatsächlich mal ins direkte Fadenkreuz von Terroristen oder feindlich gesinnten anderen Regierungen gerät.

Ich halte mich nicht für einen besonders mutigen Menschen, ich würde mir vermutlich vor Angst in die Hosen machen, wenn ich den Job zu tun hätte, den Soldaten weltweit tun. Denen aber mit einer derartigen Argumentation auch noch in den Rücken zu fallen, so feige bin ich dann auch wieder nicht!

Beitrag zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Jan Leris

Mit großer Mehrheit hat der Bundestag gestern den Syrien-Einsatz der Bundeswehr beschlossen. Nun zieht Deutschland planlos in den Syrienkrieg, weil Merkel sich in der Flüchtlingsfrage verrannt hat und deswegen auf Frankreichs Hilfe angewiesen ist. Nun missachtet Merkels Regierung alle Lehren, die man aus dem gescheiterten Krieg in Afghanistan gezogen hat. "Je stärke der Westen militärisch intervenierte, desto mehr breitet sich der Terror aus, desto brutaler und radikaler wurde er". (SPIEGEL, Nr. 50/5.12.15)

Neulich hat Frau von der Leyen ihren "6-Punkte-Plan" gegen den IS-Terrorkrieg veröffentlicht! (BILD 30.11.15) Scheinbar ist die Überheblichkeit unserer Verteidigungsministerin nicht zu toppen! Bevor sie versucht die ganze Welt zu belehren, wie sich die islamistischen Terroristen besiegen lassen, sollte sie sich über den schlechten Zustand unserer Waffensysteme kümmern. Da Deutschland nur eine begrenzte Unterstützungsrolle leisten will (oder kann?), sollte Frau von der Leyen sich lieber zurück halten. Stattdessen, versucht sie sich selbst in den Mittelpunkt als Feldherrin im Kampf gegen den IS zu stellen - mit den üblichen inszenierten Foto-Aufnahmen.

Bis heute sind in Afghanistan mehr als 50 Soldaten (Männer!) gefallen. Nun sollen bis zu 1200 Bundeswehr-Soldaten im Syrienkrieg eingesetzt werden. Ich frage mich wie unsere Kanzlerin und unsere Verteidigungsministerin reagieren würden, wenn eine deutsche Soldatin, vor laufender Kamera, von der IS enthauptet würde? Mit Sicherheit, würde so eine Tat gegen eine Frau in der Politik und Media ein riesen Aufschrei auslösen. Trotz mehr als 40 Jahre "Gleichberechtigung", dienen Männer immer noch als Kanonenfutter in Kriegsgebieten!

Gravatar: egon samu

Den islamischen Terror in Syrien (Afghanistan, Libyen, Irak usw.) unter Todesopfer von deutschen Soldaten, Entwicklungshelfer und Unbeteiligten militärisch zu bekämpfen ohne ein UN-Mandat ist völkerrechtswidrig.
Wenn gleichzeitig Hunderttausende potentielle Allahkämpfer ungehindert und oft ungeprüft über offene Grenzen nach Deutschland und Europa strömen, ist es einfach unverantwortlicher Wahnsinn.
Was die unbestellt gelieferte "westliche Demokratie" in den arabischen, nordafrikanischen und anderen Ländern angerichtet hat, wissen wir alle.
Offenbar will die organisierte kriminelle Politführung der EU und Deutschlands diese Kriegsgebiete hier bei uns vor der Tür haben. Allah sei Dank...

Gravatar: Bakelari

Frage: warum müssen wir mit Gewalt ein islamischen Staatssytems stürzen, wo doch die Erfahrung zeigt, dass es hinterher ausschließlich schlimmer wurde.
Die Schariah ist für die Menschen dort islamische Gesetzgebung und keine andere halten sie für besser, oder gleichwertig. Solange diese Lehrmeinung vorherrscht, werden alle Aktivitäten scheitern. Mit den Muslimen müssen wir auf dipomatischer Ebene verhandeln, aber dazu sind unsere Politiker wohl zu überheblich.

Gravatar: Coyote38

Allein die Frage, "ob man den IS überhaupt militärisch besiegen kann", ist doch schon ein "Treppenwitz der Weltgeschichte".
Wir haben die NATO auf der einen Seite ... und - wenn's hoch kommt - 40.000 "Zauselbärte" (Zitat SpON) mit verrosteten Kalashnikovs auf verrosteten Pickup-Trucks auf der anderen Seite.
Jetzt stellen wir - ganz rational und emotionslos - die Eingangsfrage noch einmal.

Das Problem ist nicht, den IS militärisch zu besiegen. Das Problem ist die Frage zu beantworten "Was kommt danach ...?"
Und genau bei DIESER Frage haben wir außer "heißer Luft" und strategischem Totalversagen restlos ALLER Regierungschefs bisher NICHTS gehört. Und DAS ist die eigentliche Dramatik.
Berufsmilitärs bezeichnen diese Führungsmethode im Regelfall immer etwas lapidar mit "ohne Ziel stimmt jede Richtung".

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