Kretschmann rüttelt am Konkordat

Die im Reichskonkordat getroffene Regelung löse bei ihm ein «flaues Gefühl der NS-Zeit aus», betonte der Ministerpräsident und wies auf die Ungleichbehandlung zwischen katholischen Bischöfen und evangelischen Amtsträgern hin.

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Es ist schon eine heiße Kiste, wenn man das mal so hemdsärmelig sagen darf, daß ein Ministerpräsident im Rahmen einer Zeremonie, die von einem völkerrechtlichen Vertrag geboten ist, diesen auch gleich zu kritisieren.Ob es nun eine verschnupfte Reaktion aus der Nuntiatur geben wird oder ob es als Einladung zu Verhandlungen gesehen wird, hängt ganz vom diplomatischen Klima und den vielleicht erkannten Notwendigkeiten ab.

Konkordate sind völkerrechtliche Verträge, die je nach Zuständigkeit vom Bund oder den Ländern geschlossen, resp. als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches oder des jeweiligen Landes übernommen worden sind.

Kretschmanns Kritik richtet sich gegen Artikel 16 des Reichskonkordates, demzufolge katholische Bischöfe vor Übernahme ihres Amtes einen Treueeid:

„Vor Gott und auf die Heiligen Evangelien schwöre und verspreche ich, so wie es einem Bischof geziemt, dem Deutschen Reich und dem Lande… Treue. Ich schwöre und verspreche, die verfassungsmäßig gebildete Regierung zu achten und von meinem Klerus achten zu lassen. In der pflichtmäßigen Sorge um das Wohl und das Interesse des deutschen Staatswesens werde ich in Ausübung des mir übertragenen geistlichen Amtes jeden Schaden zu verhüten trachten, der es bedrohen könnte.“

zu leisten haben. Die im Reichskonkordat getroffene Regelung löse bei ihm ein «flaues Gefühl der NS-Zeit aus», betonte der Ministerpräsident und wies auf die Ungleichbehandlung zwischen katholischen Bischöfen und evangelischen Amtsträgern hin. Letzteres ist ein Vergleich der erhbelich hinkt, da die evangelischen Kirchen als Landeskirchen ohnehin viel enger mit dem Staat verflochten sind und zumindest früher dem Landesherrn unterstellt waren.

Nichts desto Trotz ist die Konkordatsdiskussion jetzt eröffnet. Der Ministerpräsident von Baden- Württemberg hat angekündigt, über Sachverhalt der Eidesleistung mit den Bistümern Rotteburg- Stuttgart und Freiburg Gespräche zu führen. Da es sich um eine Vorschrift aus dem Reichskonkordat handelt, liegen die Zuständigkeiten bei der Nuntiatur und der Bundesregierung. Es bleibt abzuwarten, ob man den Ball dort aufnehmen und spielen wird, der als Flanke aus dem Südwesten kommt.

Vollstellbar ist durchaus, daß auch der Vatikan einige Vorstellungen mit in Vorüberlegungen und Verhandlungen einbringen dürfte. Nicht erst seit gestern ist die Politische Klausel dem Vatikan ein Dorn im Auge. Staatlich finanzierter Religionsunterricht könnte von weltlicher Seite ins Verhandlungskörbchen geworfen werden. Eine Ablösung der Staatsleistungen wäre ebenfalls auf der Agenda der Kirche. Wer sich die Konkordate anschaut, wird sowohl auf staatlicher als auch auf kirchlicher Seite einiges finden, was nicht mehr wirklich zeitgemäß erscheint. Es bleibt spannend, ob Kretschmanns Worte nun allgemein als Sonntagsrede oder als handfeste Handlungsaufforderung verstanden werden.

Beitrag erschien auch auf: katholon.de

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