Kopenhagen wird auch kein Kyoto

Wie die Weltpolitik unsere Zukunft verspielt... mal wieder.

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Die Tagesschau meldet, es werde beim Klimagipfel in Kopenhagen kein rechtsverbindliches Abkommen geben. Wieder. Es gibt wohl kein vergleichbar dringendes Problem für den Erdball wie der Klimawandel, der inzwischen ja nicht mal mehr prognostiziert wird, sondern schon längst angekommen ist. Es ist ein großes Projekt, dagegen etwas zu unternehmen, und ein schönes Zeichen für den Zustand der Weltpolitik, dass Einigungen nicht mal ansatzweise erzielt werden können und, sind sie dann doch mal da, wie zahnlos sie umgesetzt werden.

Man nehme nur das Kyoto-Protokoll als Beispiel, dass nach fünfjähriger Diskussion 1997 verabschiedet wurde und sieben Jahre später erst verbindlich wurde, auch weil die USA das Protokoll nicht ratifizierten. Eines der Werkzeuge von Kyoto ist der Emissionshandel, der Umweltschutz über Marktmechanismen erreichen will. Gerade bei diesem Zertifikatehandel zeigt sich, wie viel von liberaler Wirtschaftsideologie übrig bleibt, wenn es unangenehm wird. Zertifikate werden bis 2013 überwiegend über grandfathering kostenlos verteilt, erst danach nimmt der Anteil der frei handelbaren Zertifikate langsam zu. Wenn Unternehmen aber Zertifikate in entsprechender Höhe zugeteilt bekommen, ist der Anreiz, CO(2) einzusparen, wesentlich geringer, als es bei einer tatsächlichen Marktsituation wäre. Hier betätigt sich die Bundesregierung als Protektor der großen Unternehmen, die sonst so sehr auf Liberalisierung drängen.

Der neue Streitpunkt ist die Einbindung der Länder der zweiten und dritten Welt. Inwiefern soll man diese zu Umweltschutz zwingen, wenn sie ohnehin noch einen großen Vorsprung der westlichen Industrien aufzuholen haben – ein Vorsprung, den wir eben auch ohne Umweltschutz herausarbeiteten. Es erscheint unfair, von uns rigorosen Schutz zu verlangen und gleichzeitig diesen aufholenden Ländern zu erlauben, freizügiger zu wirtschaften. Ebenso ist es für diese Länder auch unverständlich, dass sie nun dazu gezwungen werden sollen, von uns Technologien zu kaufen und für eine Verschmutzung in die Pflicht genommen zu werden, die sie zum Großteil nicht zu verantworten haben.

Besonderes Problem ist dabei auch, dass diejenigen, die am schwersten unter dem Klimawandel zu leiden haben (werden), gerade in den schlechter entwickelten Ländern leben. Dürren, Überschwemmungen, Krankheiten, Missernten usw. sind dort auch aufgrund der geografischen Lage eine wesentlich größere Gefahr. Wir hingegen haben vielleicht einen komischen Sommer oder ein paar Gewitter, aber noch keine katastrophalen Folgen zu erleiden, was den direkten Impuls zum Handeln vermissen lässt. Afrika oder auch Asien sind eben immer noch weit weg und die Wirtschaftskrise näher.

Das hilft nur alles nichts. Die nächste Krise kommt bestimmt, es wird immer tagesaktuelle Hemmnisse geben, durch die ein weiterer Eingriff in die Wirtschaft unrentabel erscheint. Dabei sind die Kosten durch fehlendes Handeln ebenso real wie die Chancen, die sich aus einem frühzeitig nachhaltigen Wirtschaften ergeben. Nur, dass diese Kosten und Chancen sich nicht im heutigen Budget beziffern lassen – ganz zu schweigen von ethischen Bedenken. Wie geht das noch? "Ich möchte Wirtschaftsethik studieren", sagt der junge Mann. "Na", antwortet der Professor, "Sie müssen sich schon entscheiden."

Diese Lüge wird leider noch viel zu oft für Wahrheit gehalten. Es gibt kein Konto "Ethik", und auch kein Konto "Nachhaltigkeit". Es gibt aber das Quartal und das Geschäftsjahr. Oder für Politiker eben die Legislaturperiode. Darüber hinaus? Pfft.

"Wir müssen etwas tun", sagen sie alle im Chor. Sie sind sich einig – und getan wird nichts. Das ist noch viel schlimmer als

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Ignoranz. Das ist unterlassene Hilfeleistung für uns und unsere Zukunft. Und wird in Kopenhagen wieder zu bewundern sein.

(Dieser Beitrag erschien auch auf Derangierte Einsichten)

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Patrick Pricken

Ja das ist ernst gemeint, und anstelle des Novo-Magazins empfehle ich einfach mal wissenschaftliche Publikationen zu lesen.

Schade, dass hier nur zwei klimaskeptische, also wissenschaftsfreie Kommentare zu lesen sind.

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