Klug aus der Krise!

In diesem Wahl-„Sieg“ schlummert auch ein Problem für Angela Merkel, aus dem sie eine Chance machen könnte.

 

 

Das war und ist nun wirklich keine Überraschung: Angela Merkel bleibt Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Das wusste man auch vor der Wahl, denn es gab nur Schwarz-Gelb oder Schwarz-Rot. So gesehen ist heute alles gut gegangen. Schwarz-Gelb kann, wie von vielen gewünscht, eine bürgerliche Regierung wählen. Wohl auch, weil viele ehemalige Unionswähler die Liberalen wählten, nachdem ihnen Guido Westerwelle eine Sicherheit geboten hatte mit seiner klaren Koalitionsaussage.

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Also: Es ist noch alles gut gegangen. Jedenfalls für die Dame ganz vorne. Klug aus der Krise, hieß einer der Slogans auf den schönen und brillanten Plakaten ohne weitere Aussage. Vielleicht war dieses Motto das aussagekräftigste in einem Wahlkampf, in dem alle wirklichen Aussagen mit geradezu peinlicher Peinlichkeit vermieden wurden. Klug aus der Krise.

Doch vielleicht beginnt heute der Countdown für eine ganz andere Krise, aus der dann auch eines Tages ein kluger Ausweg gesucht werden könnte. Denn Angela Merkel ist ja nicht nur Kanzlerin. Sie ist auch Vorsitzende der Christlich Demokratischen Union Deutschlands. Lange wird sie sich der Debatte als Chefin der Partei mit dem C nicht mehr verweigern können, ob sie sich und „ihrer“ Partei wirklich einen Gefallen tut, wenn sie dieser Partei vorsteht – sie aber nicht im Kern versteht. Es würde nicht wundern, wenn die Analysen der kommenden Tage bestätigen, dass vor allem bei Christen und dort wieder vornehmlich bei katholischen Wählern der größte Stimmeneinbruch für die Union zu verzeichnen ist. Ein letztlich schlechtes Ergebnis für die Union, wie es die Parteivorsitzende nun zu verantworten hat, spricht Bände.

Guido Westerwelle hat der Union die Regierung gerettet. Oder genauer: Die rund 1,2 Millionen Wähler, die von der Union zur FDP wechselten. Und wenn man fragt, warum viele ehemalige treue Stammwähler nun kein Vertrauen mehr in ihre einstige Heimatpartei haben, dann wird man wohl rasch auch auf den Namen Merkel stoßen.

Es mag für eine Kanzlerin reichen, als Bundesmoderatorin stets situationsecht zu sein. Für eine Vorsitzende in der Nachfolge Adenauers reicht die gezielte Profilverweigerung eben nicht. Dort ist nämlich Echtheit, die in jeder Situation als solche belastbar erkennbar ist, gefragt. Die Wähler mögen sich an manchen Profilkanten in den Parteien stoßen. Aber noch mehr stößt es ihnen auf, wenn sie sich wegen erwiesener Beliebigkeit und Verwechslungsgefahr nicht mehr stoßen können.

Da hilft auch kein machtvolles Einschüchtern von konstruktiven Kritikern oder versteckte Erpressungsgelüste nach dem Motto, die Christen könnten ja gar nicht anders als Union wählen. So etwas hält nur eine gewisse Zeit. Von Dauer ist eine auf Sand gebaute Scheinburg nun mal nicht.

Die Union ist also gut beraten, jetzt das zu debattieren, was von oben her vor der Wahl nicht gewollt und fast schon verboten schien: Es geht um Selbsterkenntnis, um das Wissen dessen, wofür eine moderne und in einem berechenbaren wie klaren Koordinatensystem versehene Partei mit dem C stehen kann und steht. Es geht um Profil. Jetzt ist dieser Mut gefragt in der Union. Die von Merkel ausgelöste und vielleicht auch zu viel „bediente“ Krise der Partei, die man toptschweigen möchte, ist größer als in der Parteizentrale gewollt. Doch genau hier liegt eine große Chance für die Parteivorsitzende, die nun keine Angst vor einer notwendigen Profildebatte haben sollte. Im Gegenteil. Denn es geht darum, die Perteibasais wieder breiter zu machen und den wertkonservativen Nicht-mehr- oder Noch-Nicht-Wählern zu signalisieren, dass auch sie eine politische Heimat in dieser Merkel-Union haben.

Und noch etwas: Schon hört man aus Bayern, dass das Ergebnis dort auch deshalb so schlecht für die Union ist, weil viele eine Kanzlerin abstrafen wollten, die das C nicht erkennen lässt und mit ihrer törichten Papstschelte einen traurigen Beweis eines entsprechenden Defizits erbracht hatte. Auch dies sollte man offen und mutig erkunden. Der Partei - ob in Bayern oder anderswo - kann Klarheit nur helfen.

Es gibt also keinen Grund zur Furcht vor profilierten C-Köpfen! Die zur FDP Geflüchteten wollen, so darf man annehmen, eigentlich auch und wieder "dazugehören". Wer davor die Augen verschließt, könnte daran mitwirken, dass es in der Union mittel- und langfristig ein echtes Problem gebenm wird. Die Devise muss also lauten: Erkennen. Einbinden. Souverän sein. Denn auch hier gilt letztlich: Klug aus der Krise!

 

Martin Lohmann (52) ist katholischer Publizist und unbequemes CDU-Mitglied. Der überzeugte Christ fordert schon lange eine Profildebatte in der Union und löste mit seinem topaktuellen Buch „Das Kreuz mit dem C. Wie christlich ist die Union?“ eine bundesweite Diskussion aus. Lohmann plädiert unter anderem seit vielen Jahren für einen Arbeitskreis engagierter Katholiken in der Union.  

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Christine Hoffmann

Heute habe ich zum erstenmal FDP gewählt, obwohl ich CDU-Mitglied bin und auch bleiben werde. Angela Merkel ist sicher eine pragmatische Kanzlerin, aber christliche Überzeugungen kann ich bei ihr überhaupt keine erkennen. Sie macht die CDU kaputt. Deshalb habe ich die gewählt, die leider ebensowenig christlich sind, aber wenigstens eine gescheite Steuerpolitik vorhaben.

Gravatar: Amelie E. Schneidereith

...ehrlicherweise kann ich mir nicht vorstellen, CDU zu wählen, solange Merkel dieser vorsitzt. Selbst wenn sie plötzlich wieder das C vertritt, kauf ich ihr das nicht mehr ab. Aber eines sein unterschrieben: die CDU MUSS sich mit dem C wieder auseinandersetzen, sonst rutscht auch sie unter die 30 Prozent und das kann dann auch eine starke FDP nicht mehr abfangen.

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