Klimaschutz ist für die Seele

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Bemerkenswert viele Klimaforscher betätigen sich als politische Aktivisten. Mehr als in jeder anderen Disziplin der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung. Stefan Rahmstorfs jüngster Beitrag in der Klimalounge zeigt eine denkbare Erklärung auf.

Als Beteiligter an der öffentlichen Diskussion über Klimapolitik, so schreibt er dort sinngemäß, solle man “seine Motive und Werte offen legen”. Gerne. Ich argumentiere gegen Nachhaltigkeit, Vorsorgeprinzip und gegen das daraus resultierende Konzept eines Klimaschutzes durch Vermeidung, weil es an meinen Geldbeutel geht. Ich habe schlicht keine Lust, für Energie, für Heizung, Strom und Treibstoffe zu viel zu zahlen. Eigentlich könnten diese Dinge mittlerweile, einen freien, deregulierten Markt vorausgesetzt, nahezu kostenlos zur Verfügung stehen. Zumindest preiswert genug, um im Vergleich zu anderen Aufwendungen kaum spürbar zu sein. Von mir aus können die Menschen soviel Klimaschutz betreiben, wie sie wollen. Jeder auf seine Weise. Ich mag mich aber nicht daran beteiligen. Ich möchte schlicht und einfach in Ruhe gelassen werden. Ich erkenne keinen Sinn darin, mein sauer verdientes Geld für den Schutz Ungeborener vor irgendwelchen mutmaßlichen Katastrophen der Zukunft aus dem Fenster zu werfen. Meine Eltern haben das nicht getan, meine Großeltern nicht und überhaupt niemand meiner Vorfahren. Trotzdem geht es mir heute besser. Weil eben jede vorhergehende Generation die Herausforderungen ihrer jeweiligen Zeit bearbeitet hat, statt in Zukunftsängsten zu erstarren. Ich möchte nicht auf Möglichkeiten verzichten, die mir die Gegenwart bieten könnte, zugunsten meiner Nachkommen, die davon vielleicht nicht einmal etwas haben.

Das ist meine Motivation. Ich frage mich seit langem, welchen individuellen Vorteil sich Alarmisten wie Rahmstorf von ihrem Engagement versprechen. Natürlich gibt es für die Thematik einen Markt. Öffentliche Aufmerksamkeit, eine gewisse Prominenz, Mitarbeit in politikberatenden Gremien – das alles streichelt natürlich das eigene Ego und bietet viel Bestätigung, die Menschen nun einmal benötigen. Auch monetär mag es sich auszahlen. Man kann mit Büchern Geld verdienen oder auch Aufträge für das eigene Institut direkt oder indirekt generieren, was das eigene Auskommen sichert. Klimafolgenforschung, wie sie in Potsdam betrieben wird, lebt schließlich vom Glauben an die Gefahr.

Eine so begründete Motivation wäre für mich verständlich und nachvollziehbar. Mir geht es ja auch nur ums Geld. Aber das kann nicht alles sein. Denn Rahmstorf und seine Kollegen sind intelligent genug, die Dinge vom Ende her zu denken. Eine “Große Transformation” würde die Alarmisten genau so hart in ihrer individuellen Lebensgestaltung treffen, wie die Skeptiker. Worin könnte der zusätzliche Antrieb bestehen? Der geeignet ist, den Blick auf die Nachteile und Risiken einer strikt regulierten Dekarbonisierung zu versperren?

Hier betreten die von Rahmstorf angesprochenen “Werte” das Spielfeld.

Die Klimadebatte als eine Auseinandersetzung über Werte zu implementieren ist von Beginn an Taktik der Alarmisten gewesen. Durchaus erfolgreich. Denn viele Menschen lehnen heute schon den Skeptizismus als solchen ab, völlig unabhängig von konkret formulierten Argumenten. Diese Einstellung begegnet uns in großen Zusammenhängen, etwa in der Berichterstattung der Leitmedien oder im Regierungshandeln, aber auch in kleinen, wie die Diskussion über die Wahl zum “Wissenschaftsblog des Jahres” zeigt. Durch die Aufladung mit Werten wurde die Klimafrage zu einem moralischen Problem hochstilisiert, das dogmatisch zu entscheiden ist. Dogmen werden geglaubt und niemals hinterfragt. Es ist interessant, wie verdreht manche Zeitgenossen argumentieren, wenn sie ausgerechnet den Skeptikern, den Häretikern, denen, die noch hinterfragen und versuchen, rational zu bewerten, Pseudowissenschaft vorwerfen. Wenn etwas Pseudowissenschaft ist, dann doch wohl Religion. Und durch die Verknüpfung mit Werten ist der Klimaalarmismus eine religiöse Bewegung geworden.

Habe nicht auch ich “Werte”, die meine Haltung zur Klimafrage bedingen? Es mag Zeitgenossen geben, für die Liberalismus ein Wert an sich ist. Der durch die gegenwärtige Klimaschutzpolitik auf eklatante Weise verletzt wird. Ich betrachte die Angelegenheit aus einem anderen Blickwinkel. Für mich sind freier Handel mit Gütern und Dienstleistungen aller Art und die Bürgerrechte fest miteinander verbundene  Elemente eines Konzeptes, das mehr Wohlstand ermöglicht, als andere politische Ideen. Ob die Menschen die Möglichkeiten der Freiheit tatsächlich für sich nutzen oder nicht, ist mir gleichgültig, solange ich es kann. Wenn ich kritisiere, daß im Ökologismus “Nachhaltigkeit” und “Vorsorge” gegenüber “Freiheit” als höherwertig angesehen werden, dann nur deswegen, weil “Freiheit” mir mehr individuelle Entfaltungsmöglichkeiten bietet, als jede andere politische Idee.

Im alarmistischen Weltbild aber sind Werte nicht Mittel zum Zweck, sondern Selbstzweck.

Rahmstorf liefert den Beleg:

Dieses Dilemma hat Steve Schneider in den 1980er Jahren einmal so formuliert:

This ‘double ethical bind’ we frequently find ourselves in cannot be solved by any formula. Each of us has to decide what the right balance is between being effective and being honest. I hope that means being both.

Gavin Schmidt bringt in seinem Vortrag auch dieses Zitat – das vor allem dadurch berühmt wurde, dass „Klimaskeptiker“ es unter Weglassung des letzten Satzes für die Behauptung missbraucht haben, Schneider habe für Unehrlichkeit und Übertreibung der Risiken plädiert. (Einmal war ich in einer Journalistenrunde in der Welt-Redaktion dabei, als von Storch dieses verstümmelte Zitat so als Beleg für seine abwegige Lebensthese präsentierte, die Klimaforscher würden absichtlich übertreiben.) Wer Steve ein wenig kannte, der wusste, dass nichts falscher sein könnte als dies.

Er versteht die Kritik der Klimaskeptiker nicht einmal mehr. Mag Absicht sein, ich glaube es nicht. Das entlarvende an Steven Schneiders Aussage wird nicht durch den Satz “I hope that means being both” aufgehoben, sondern eher noch verstärkt. Denn eigentlich kann es für die Erläuterung und Präsentation von Forschungsergebnissen nur ein einziges Kriterium geben: Honest (aufrichtig, ehrlich). Dies darf, wer wirklich für die Wissenschaft eintritt, niemals durch ein zweites Element relativieren oder gar aufheben. Denn warum eigentlich sollten Wissenschaftler in ihrer Kommunikation effektiv sein und wann widersprechen sich “Effektivität” und “Aufrichtigkeit”?

Genau dann, wenn man neben der reich fachlichen Aufklärung der Bevölkerung noch ein zweites Ziel verfolgt. Gibt es eine direkte Linie von der Evolutionstheorie zur Bevölkerungspolitik? Legt die Kernphysik fest, ob wir Kernkraft nutzen oder nicht? Ist die Entscheidung über den Einsatz von neuen Verfahren in der Fortpflanzungsmedizin durch die Bio- und Gentechnologie vorgegeben? Glücklicherweise nicht. Allein die Klimaforscher denken, aus ihren Erkenntnissen hätten zwingend politische Maßnahmen zu folgen. Und zwar auch noch solche, die sie selbst bestimmen.

Um nur diese eine Agenda als bedenkenswert zu etablieren, haben Klimaforscher in ihrer Kommunikation “effektiv” zu sein. Haben Argumente zu konstruieren, die sich nicht zwangsläufig ergeben. Haben Blickwinkel einzuschränken und eben auch zu übertreiben.

Denn Furcht ist ein besonders effektives Instrument, um Ziele zu erreichen. Angst lähmt und erzeugt Blindheit für Alternativen. Wer die Befreiung von Furcht glaubhaft für sich reklamieren kann, wird als Heilsbringer anerkannt.

Man mag mir vorwerfen, mein oben dargestellter Hedonismus wäre verantwortungslos. Nur: Handeln denn die Propheten der Klimakatastrophe anders? Nur vordergründig haben diese nicht ihren eigenen individuellen Vorteil im Auge, wenn sie Interesse an und Verantwortung für kommende Generationen vorgeben. In Wahrheit ist die Beruhigung des eigenen Gewissens ein zutiefst egoistischer Akt. Es entsteht ein Gefühl des Wohlbefindens, von dem nur man selbst etwas hat.

Den Überzeugten ist das nicht einmal bewußt. Sie haben sich durch fortwährende Autosuggestion selbst in einen Zustand andauernder Besorgnis versetzt, aus dem eben nur die “Große Transformation”, aus dem Emissionshandel, Energiewende und Ökodesign-Richtlinie wieder heraushelfen können. Aus eigener Kraft, durch emotionsloses und rationales Durchdenken der Fakten, schaffen sie es nicht mehr. Stefan Rahmstorf ist ein Beispiel für jene, die zu tief im selbst geschaffenen Sumpf versunken sind:

Dass Wertefragen nicht von Experten entschieden werden sollten, dass diese sich aber aktiv in die Debatten einbringen sollten, ist für Gavin Schmidt ebenso klar wie für Steve Schneider oder mich selbst: wenn die Experten es nicht tun, überlassen sie die Debatte denen, die wenig oder nichts vom Thema verstehen oder nur ihre Partikularinteressen vertreten. Und das führt nicht unbedingt zu den klügsten Entscheidungen.

Jeder, absolut jeder vertritt ausschließlich seine Partikularinteressen. Die Welt besteht nur aus solchen. Und jeder, absolut jeder ist für seine Partikularinteressen der einzige Experte, den es gibt. Partikularinteressen auszugleichen ist die Aufgabe der Politik in einer Demokratie. Will man Partikularinteressen nicht zulassen, will man wichtige Entscheidungen durch ein konstruiertes Wertesystem determinieren, kann man die Demokratie abschaffen. Darauf läuft sie ja auch hinaus, die Große Transformation.

Rahmstorf zitiert am Ende den durch seine Arbeiten über die Ozonschicht bekannt gewordenen, in 2012 verstorbenen US-Chemiker Sherry Rowland  wie folgt:

What’s the use of having developed a science well enough to make predictions if, in the end, all we’re willing to do is stand around and wait for them to come true?

Was ist eigentlich der Nutzen einer Hybris, die da glaubt, die Zukunft vorhersehen zu können? Mehr als “wenn-dann”-Projektionen wie ehemals das Orakel von Delphi hat das IPCC bei nüchterner Betrachtung nicht zu bieten. “Wenn du den Halys überschreitest, wirst du ein großes Reich zerstören” durfte Krösus einst hören. Zu seinem Unglück blieb die Frage offen, welches. Tappen wir nicht in dieselbe Falle. Auch nicht, um unser Gewissen zu beruhigen. Denn wenn Gefühle das Regiment übernehmen, vernebelt sich der klare Blick auf die Realitäten.

Klimaschutz ist eben für die Seele. Nicht für den Verstand.

Beitrage erschien zuerst auf: science-skeptical.de

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