Kindergartenpflicht wird bald von allen Eltern als Sieg gefeiert

Ich hoffe, daß sich bei allen Eltern Empörung breit macht, wenn sie die Überschrift lesen – wer will das schon: Pflicht für den Kindergarten, genauso wie für die Schule?

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Jeden Tag um acht mit Zwang zum Spielen mit anderen Kindern, Entschuldigungen schreiben, wenn man ein paar Tage zu den Großeltern will, wenn die Mutter frei hat, muß der/die Dreijährige trotzdem zur Kita? Egal ob ein Elternteil die Erwerbstätigkeit reduziert hat oder nicht, Pflicht heißt Pflicht und der ist nachzukommen.

Aber wie komme ich darauf zu sagen, wir wären bald dankbar über die Kindergartenpflicht?

Ich gehe mal davon aus, daß sowohl Herr Buschkowsky als auch Herr Wowereit das GG kennen. Wer das kennt, weiß, daß es keine Kitapflicht ab einem Jahr geben kann. Es ist absoluter Blödsinn solche Forderungen aufzustellen – mal abgesehen davon, daß der Effekt auf irgendeinen Bildungszuwachs erst noch zu beweisen wäre. Das GG ist eineindeutig in seiner Aussage:

„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ (Art. 6 Abs. 2 Satz 1). Dies „...garantiert die Freiheit, über die Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden.“ – so das Bundesverfassungsgericht in seinem Betreuungsurteil im Jahr 1998. Und konkreter im Hinblick auf die hier untersuchte Fragestellung familien-politischer Eingriffe in die elterliche Entscheidung über Art und Ort der Betreuung ihrer Kinder: „Die Eltern bestimmen, [...] ob und inwieweit sie andere zur Erfüllung ihres Erziehungsauftrags heranziehen wollen.“

Aber in dem sich alle darüber empören, wandeln sich so langsam auf leisen „Sohlen“ die Aussagen der Politiker. Wie schön, daß sich Frau Schröder im Tagesspiegel gegen eine Kita-Pflicht für unter Dreijährige ausgesprochen hat – Hurra! Aber was ist mit der Kitapflicht der Drei- bis Sechsjährigen? Darüber spricht keiner mehr.

Herr Maroldt fordert bürgerlichen Protest ein. Aber auch er unterscheidet nicht zwischen den unter und über Dreijährigen. Kann es sein, daß die laute Forderung nach einer Pflicht ab einem Jahr Methode ist, um in der Bevölkerung die Schmerzensgrenze zu senken? Stillschweigend wächst die Akzeptanz des Pflichtbesuches für die Älteren.

Oder ist die Kitapflicht für über Dreijährige schon längst beschlossene Sache? Eine Überversorgung mit Kindergartenplätzen ist durch den demographischen Kinderschwund schon vorhanden. Warum also den Überschuß nicht über Pflicht füllen? Außerdem sind Kindergärten inzwischen zumindest sprachlich schon zu Bildungseinrichtungen geworden. Und dann erlaubt es unser GG nach Meinung von Frau Peschel-Gutzeit, den Pflichtbesuch einzuführen.

Den Artikel 7 Absatz 6 des Grundgesetzes, der verpflichtende Vorschulen ausdrücklich aufhebt, wird interpretiert. Außerhalb der Schulpflicht, des Wehrdienstes und des Strafrechts hat in der Deutschland der Staat kein Recht, seine Bürger zur Teilnahme an irgendwelchen Maßnahmen zu zwingen.

Aber das braucht er dann bestimmt nicht mehr zu beweisen. Wo wir doch alle so erleichtert sein werden, daß wir die „Kitapflicht mit einem Jahr“ durch unseren Protest abwenden konnten: Da ist doch die Pflicht für die über Dreijährigen das kleinere Übel, das man gerne in Kauf nimmt, nach dem so erfolgreichen Widerstand!

Gutachten:

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: pirat

vor allem brauchen die kinder ein softweiches taschentuch, damit sie ihr tränen abwischen können weil es heute mal nur eis ohne schokosauce gibt.

kinderarbeit wiedereinführen!

Gravatar: A.Westerbarkei

Für mich sehr schwer nachzuvollziehen, was wir unseren Kleinsten bereits in den ersten Lebensjahren zumuten. Was sie brauchen, das ist unseres Erachtens ein Zuhause, sie brauchen Geborgenheit, Sicherheit... Und Schritt für Schritt strecken unsere Kinder die Fühler aus. Alles braucht seine Zeit. Und, davon bin ich überzeugt, uns Erwachsenen schadet es nicht, wenn wir uns eine Weile ganz auf das einlassen, was unsere Kinder brauchen.

Gravatar: Lucia Striegnitz

Kinderjahre im Kreise der Familie sind definitiv der bessere Teil. Sie geben den Kindern Geborgenheit und Schutz.Das macht starke, lebensfähige Persönlichkeiten aus ihnen. Man sollte Familien stärken und die Entscheidung ihnen überlassen, wie die Erziehung ihrer Kinder verläuft. Es wäre fatal, wenn Eltern darum kämpfen müssten, ihre Kinder zu Hause zu erziehen. Gerade in Familien, wo die Mutter zu Hause ist, sind doch die meisten Kinder. Wo bleibt die Anerkennung dieser Leistung?

Gravatar: Friedemann

Lasst wenigstens die ersten 3 Jahre den Eltern!

Gravatar: Gast

Das wäre nicht mehr mein Deutschland, ich würde auswandern! Ich allein entscheide, ob mein Kind in der Kindergarten geht oder auch nicht, kein anderer hat irgendein Recht, da hineinzuregieren. Ich allein entscheide, ob mein Kind mit 5,6 oder 7 Jahren die Schule beginnt und in welche Schule es geht.

Gravatar: Stefanie Selhorst

@Z. Klimowa:Ich habe einen guten Vorschlag: Überlassen Sie es doch einfach den Eltern zu entscheiden, ob sie ihr Kind gerne in ihrer Lebenswelt willkommen heißen möchten oder nicht. (Übrigens: Wenn Sie etwas über das Einkaufen mit Kindern lernen wollen, dann lesen Sie doch mein Buch: "nur- essay zum beruf".) Hier wie dort plädiere ich für echte Wahlfreiheit und vertraue darauf, dass es die Eltern sind, die am besten entscheiden können, was gut für ihr Kind. Dieser Wahlfreiheit aber würde eine Kindergartenplicht entgegenstehen. Eine Erkenntnis auf "Klippschulniveau" vielleicht, aber wahr bleibt sie dennoch.

Gravatar: silenda

@ Z. Klimowa: Ein verpflichtendes Vorschuljahr ist eben doch eine Katastrophe, und muß nicht erst dazu hochstilisiert werden, weil es uns Eltern wieder ein Stück Verantwortung für unsere Kinder entreißt! In Berlin gilt die Schulpflicht ab 5 1/2 Jahren, mit einem verpflichtenden Vorschuljahr wären wir dann schon bei 4 1/2 - wo ist die Grenze? Langsam kommen wir der Scholzschen Lufthoheit über die Kinderbetten näher.

Gravatar: Z. Klimowa

@silenda
Lesen Sie genau, ich habe nicht von einem für alle verpflichtenden Vorschuljahr gesprochen, sondern von "verpflichtender" Sprachförderung. Ein Vorschulkindergartenjahr wäre allerdings keineswegs die hier einseitig hochstilisierte Katastrophe und hat neben Nachteilen vor allem auch Vorteile für die soziale Integration, vor deren Notwendigkeit niemand die Augen verschließen sollte, auch nicht vor der Integration des eigenen Kindes, das ganz sicher nicht vor die Hunde geht, wenn es einige Stunden in seine Vorschulkindergartengruppe geht, wie es hier überzogen eingeredet werden soll.
@selhorst
Die Geschichte mit dem Herbstschatz kann auch im genau umgekehrten Sinne erzählt werden. Stell dir vor, dein 5-jähriger verpasst den goldenen Herbstschatz, den die Kindergartengruppe an einem wunderschönen Herbstmorgen hebt, weil er Mama beim gehassten Einkauf im Gedränge des Supermarktes begleiten muß ... Na klar, er wäre wenigstens bei Mama, aber um den goldenen Herbstschatz wäre er betrogen. - Was soll dieses Klippschulniveau?

Gravatar: Karin Pfeiffer

Als ob es um Bildung ginge! Als ob es um Förderung der betroffenen Kinder ginge! Gefördert werden allenfalls die aus den Steuertöpfen eingerichteten Planstellen sowie die Renditen raffinierter, staatsnaher Unternehmer, welche an diesem menschenverachtenden Kita-Zwang blendend verdienen, ohne sich den echten Ansprüchen des Marktes bzw. der Konkurrenz stellen zu müssen.

Und genau dies ist von der Politik bezweckt, nichts anderes. Alles übrige ist honigsüße Rhetorik, um den Leuten den Mund wäßrig zu machen und das Hirn zu verkleben. Das gelingt wie üblich auf Anhieb: schon wird pseudosachlich diskutiert auf Nebenkriegsschauplätzen, die von der Politik mit List eröffnet werden. Frau Steuer hat es auf den Punkt gebracht.

Ein weiterer Rückgang der Geburten wird die Folge sein. Ich frage mich, welche Frau unter diesen Umständen noch ihren Körper zur Verfügung stellen wird? Wofür eigentlich, wenn das Kind schon kurz nach der Geburt weggegeben werden muß? Was sind schon drei Jahre …

Gravatar: Deutsche Staatsreligion Sozialismus

Ein berüchtiger deutscher (österreichischer) Politiker sagte mal:
"Sie werden ihr Leben lang nicht mehr frei und sind glücklich dabei!"

Gravatar: Dagmar Neubronner

Salamitaktik nennt man das. Die Folgen werden in 10 Jahren deutlich werden, wenn all diese ungenügend gebundenen Kinder, denen die Wurzeln fehlen, in die Pubertät kommen. Gib kleinen Kindern Wurzeln und großen Kindern Flügel. Anstatt ihre Flügel auszubreiten und loszufliegen, sind diese Jugendlichen konformistisch, gleichaltrigenorientiert und gepanzert gegen ihre eigenen Gefühle. Spätestens dann werden wir umsteuern - und es wird viel viel mühsamer und langwieriger sein, als wenn wir unseren Kindern das ersparen würden.

Gravatar: Z. Klimowa

Die verpflichtende Sprachförderung in einem Vorschulkindergartenjahr wird von den Kindern gefeiert werden, die nur dadurch in die Lage kommen, nicht Schulversager zu werden und ihrer Lebenschancen beraubt zu werden.

Gravatar: Ludowika

Der Leidensdruck scheint in Deutschland noch nicht groß genug zu sein. Sonst würden die Leute doch zumindest anders wählen ...

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