Kein großer Plan

Mit “Die Energiewende, ein großer Plan” betitelt der Mikrobiologe Alexander S. Kekulé in seiner Kolumne für die Welt seinen Verriss der Subventionierung erneuerbarer Energieträger. Über Jahre hinweg hat die EEG-Förderung die einheimischen Hersteller träge und blind für den Wettbewerb gemacht, wofür sie jetzt die Quittung in Form übermächtiger Konkurrenz aus Fernost bekommen.

Veröffentlicht:
von

Aber nicht nur die deutschen Hersteller müssen sich der ausländischen Konkurrenz geschlagen geben, sondern das ganze Land hat sich mit einer Energiewende übernommen, für die zwar der politische Wille, nicht aber die technologische und ökonomische Realität existiert. Nach Ansicht Kekulés kann die Energiewende nur gelingen, “wenn wir uns eingestehen, dass die dafür erforderlichen Technologien noch gar nicht existieren.” Aus dieser Erkenntnis zieht der Autor dann drei Konsequenzen: Forschung und Entwicklung müssen staatlich gesteuert und massiv subventioniert werden, die Energiewende soll eine europäische Aufgabe werden und das ganze muss zur zentralen Steuerung in die Hände eines “Bundesministeriums für Umwelt und Energie” gegeben werden. Lässt sich das Versagen des Energieplanes tatsächlich mit noch mehr Planung lösen?

Das Dilemma der deutschen Energiewende beweist, wie wenig Lösungspotential in der staatlichen Planung steckt. Staatliche Förderung kann gerade nicht die Erfordernisse eines Umbaus der Energiewirtschaft lösen. Niemand kann am Reißbrett die notwendigen Innovationen für einen wirtschaftsverträglichen Umbau der Energieversorgung entwerfen, weil dazu mehr gehört als eine Handvoll neuer Technologien zu entwickeln. Auch die effizienteste Solarzelle löst das Problem der Netzintegration nicht, ebenso wenig wie der leistungsfähigste Windpark den Transport überschüssigen Stroms erleichtert. Kein Forschungsmanager ist in der Lage unbeeinflusst von den Begehrlichkeiten der Subventionsempfänger rein nach rationalen Kriterien stets die ausreichende Menge an Fördermitteln an die richtigen Adressaten auszuzahlen. Forschung wird bekanntlich so betrieben, dass auch zukünftig die Fördermittel reichlich sprudeln, nicht aber der Marktbedarf befriedigt wird. Gerade weil kein ausreichender Bedarf vom Markt signalisiert wird, sind viele Ideen auf Subventionen angewiesen. Unternehmen brauchen kostensparende Lösungen, keine Beweise, dass irgendetwas technisch möglich ist, koste es was es wolle. Die Koordinationsfunktion des Marktes, auf dem durch Preise signalisiert wird, ob sich Forschungsinvestitionen lohnen oder nicht, kann keine staatliche Behörde leisten, auch wenn sie man sie mit noch so vielen Experten ausstattet. Forschungsbürokraten lassen sich zu leicht durch eindrucksvolle Zahlen und technologische Höchstleistungen beeindrucken, Parameter, die im energiewirtschaftlichen Gesamtzusammenhang meist von geringer Bedeutung sind. Spitzenleistungen an der einen Stelle führen zu Problemen in anderen Bereichen, doch die Forschungssubventionen sind für diese Koordinationsaufgabe gänzlich ungeeignet. Zudem hat die Energiewirtschaft es in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sehr wohl in der Lage ist mit Innovationen den zunehmenden Energiehunger der Gesellschaft zu befriedigen. Erst jetzt beginnt sie zu scheitern, weil der Staat ihr nicht mehr die Aufgabe der Energieversorgung überlässt, sondern sie mit allerlei Zusatzaufgaben überlastet und die Investitionen in die falschen Verwendungen lenkt. Die Folgen sind offensichtlich. Mehr subventionierte Forschung und Entwicklung wird nichts bringen, wenn man die Anreize zum Einsatz der Innovationen nicht wieder durch echten Wettbewerb gerade rückt.

Eine europäische Integration der Energiewende ist tatsächlich bitter nötig, denn dauerhaft werden unsere Nachbarn die Folgen der Fehlplanung der deutschen Energiepolitik nicht ausbaden wollen. Der Ersatz deutscher Kernenergie treibt die Strompreise unserer Nachbarn hoch und deutsche Windparks und Solaranlagen überlasten auch die Netze im Ausland. Wollen wir nicht bald mit unserer Energiepolitik und auch unserer Stromversorgung isoliert dastehen, müssen wir schleunigst davon ablassen, unsere europäischen Nachbarn als unsere energiewirtschaftlichen Wasserträger ansehen. Doch das bedeutet nicht unsere Vorstellungen von einer Energiewende nach Brüssel zu tragen, in der Hoffnung als Musterknaben willfährige Nachahmer zu finden, sondern die Realitäten der Energiewirtschaft einzusehen und uns auf das wirtschaftlich und technisch Machbare zu beschränken. Hier dürfte weniger tatsächlich mehr sein.

Ebenso illusorisch wie der Erfolg einer staatlichen Forschungsstrategie dürfte die Hoffnung auf die Allmacht eines energie- und umweltpolitischen Superministeriums sein. Kein noch so machtvolles Ministerium kann die Gesetze der Physik überwinden, an denen die Energiewende zu scheitern droht. Schon heute ist das energiewirtschaftliche Chaos in detaillierten Gesetzen lückenlos geregelt. Ebenso wie bei der Forschungspolitik wird man auch in einem Bundesministerium für Umwelt und Energie mit einer Energieplanwirtschaft scheitern. Seit wann wird eine Behörde leistungsfähiger, wenn sie sich noch mehr Aufgaben aufhalst? Wieso soll die Energiepolitik in den Dienst der Umweltpolitik oder umgekehrt gestellt werden? Es ist ja gerade das Problem der Energiewende, dass man mit Energiepolitik Umweltpolitik betreiben will, statt sich auf die Kernaufgaben der Umweltpolitik zu beschränken. Statt dort regulierend einzugreifen, wo die Umweltprobleme auftreten, bei den Schadstoffemissionen und der Freisetzung von Treibhausgasen, verzettelt man sich schon seit Jahren mit technischen Standards und Technologieauflagen, die bestenfalls sehr indirekt und zudem oft nur mit hohem Aufwand zu Emissionsminderungen führen. Gerade die Förderung der erneuerbaren Energieträger hat gezeigt, dass keines der ökologischen Versprechen eingelöst werden konnte. Ökostrom reduziert allein deshalb keine Treibhausgasemissionen, weil er die Preise für Emissionszertifikate reduziert und anderswo zu Mehremissionen einlädt. Ein Blick hinter die Kulissen der Ökobilanzen der erneuerbaren Energien zeigt, dass der hohe Preis von Wind-, Solar- und Biostrom nur die Maske einer erheblichen Ressourcenverschwendung und Naturzerstörung ist. Weil aber schon heute im Umweltministerium mehr Energiepolitik als Umweltschutz betrieben wird, fällt auch die Umwelt der Energiewende zunehmend zum Opfer. Naturzerstörung, tote Vögel, überdüngte Biomassefelder und konventionelle Kraftwerke, deren ineffizienter Einsatz als Reservekraftwerke alsbald droht mit Luftreinhalteauflagen zu kollidieren, zeichnen kein gutes Bild von den ökologischen Verheißungen der Energiewende. Echte Umweltpolitik würde sich um die Umwelt kümmern und dafür die richtigen Rahmenbedingungen setzen, den Rest aber den Märkten überlassen. Politiker reden zwar gern darüber, dass Umwelt seinen Preis hat, doch statt sich darauf zu beschränken die Umweltverschmutzungen mit eben diesem zu versehen, wird mittels Feinsteuerung der Märkte gleich das ganze Preisgefüge verzerrt. Ob dabei der Umwelt tatsächlich geholfen ist, steht immer weniger im Mittelpunkt der politischen Bemühungen?

Kekulés Drei-Punkte-Plan, so räumt der Autor selbst ein, sein eigentlich “kein planbarer Prozess, sondern ein Abenteuer mit unbekannten Herausforderungen.” Ein Abenteuer mit unbekannten Herausforderungen, das mag stimmen, denn niemand weiß genau auf welche Art von Katastrophe die Neuauflage der Planwirtschaft hinausläuft. Doch der Ausgang dieses Prozesses ist angesichts historischer Erfahrungen mit staatlichen Plänen und dem bisherigen Ergebnissen der Energiewende ziemlich sicher nichts, auf das man seine Hoffnungen setzen sollte.

 

liberalesinstitut.wordpress.com

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Jaques LeMouche

Die Energiewende wurde vom politisch-medialen Komplex lediglich proklamiert. Und jüngst nach dem Winter als Erfolg gefeiert, obwohl sie de facto nicht stattgefunden hat, oder zumindest nicht so, wie sie dargestellt wurde. Man braucht nur mit offenen Augen durchs Land zu gehen, um festzustellen, dass längst wieder mit Kohle und Holz geheizt wird, ein Rollback sozusagen. Das ist die reale Energiewende, wenn man dieses Kunstwort schon strapazieren muss.

Gravatar: dw-seneca

natürlich lassen sich physikalische Gesetzmäßigkeiten bezwingen, denn wie soll sonst ein Atomkraftwerk laufen? \r\n\r\nDieser Satz beweist lediglich, daß Sie von Physik nicht ein Fünkchen Ahnung haben :)

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang