Katastrophe oder notwendiges Übel?

Durch die Quelle-Insolvenz sollen mehr als 10000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Ist das eine beschäftigungspolitische Katastrophe?

Veröffentlicht:
von

 

Nehmen wir einmal an, ein Angestellter der Firma Quelle wäre ein ganz durchschnittlicher Bürger. Dann würde die insolvente Firma morgen 10500 Personen entlassen, von denen nach Maßgabe der Arbeitslosenstatistik spätestens drei Monate später knapp 6100 nicht mehr arbeitslos wären, also einen neuen Job hätten, eine Ausbildung bzw. Qualifikation machen oder sich von der Erwerbstätigkeit freiwillig ganz oder vorübergehend verabschieden würden. Nach einem halben Jahr wären etwa 8200 der ehemaligen Quelle-Mitarbeiter nicht mehr arbeitslos und nach Ablauf von zwölf Monaten müssten noch 504 Alg-II beantragen. Nach weiteren drei Monaten wäre die Arbeitslosigkeit für weitere 191 der Ex-Quelle-Beschäftigten vorbei. Nach einem Jahr Alg-II wären 123 noch immer arbeitslos.

Natürlich stimmt die Rechnung so hinten und vorne nicht. Man kann nicht einfach die durchschnittliche Verweildauer in der Arbeitslosigkeit aus der Abgangsstatistik der Bundesagentur für Arbeit auf die Betroffenen von Entlassungen eines Unternehmens anwenden. Natürlich ist jede Kündigung eine dumme Sache, die an den Betroffenen und ihren Familien nicht spurlos vorbei geht. Aber so zu tun, als wären 10500 Arbeitsplätze durch die Quelle-Insolvenz verloren gegangen, um daraus mit medialem Getöse eine nationale Katastrophe zu inszenieren, geht an der Realität weit vorbei. Die obige Überschlagsrechnung zeigt immerhin, dass Arbeitsplatzverluste nicht in der Sackgasse enden.

Dass die Arbeitslosenstatistik im September 2009 genau 763.767 Zugänge und 884.284 Abgänge zu verzeichnen hatte, zeigt die Normalität von Arbeitsmarktfluktuationen, die u.a. auf eine Vielzahl von Unternehmenspleiten und –gründungen zurückzuführen ist. Sie zeigt auch, dass der Wechsel von Beschäftigungsverhältnissen eine wichtige Funktion hat: Unwirtschaftliche Arbeit wird abgebaut, damit die Arbeitskräfte wieder für neue, produktivere Tätigkeiten zur Verfügung stehen. Deshalb ist der größte Teil der von Entlassungen Betroffenen nach relativ kurzer Zeit wieder in Lohn und Brot.

Für die Politik heißt es deshalb nicht Entlassungen mit aller Gewalt zu verhindern und damit die wirtschaftliche Entwicklung aufzuhalten, sondern den Wechsel von einem Arbeitsplatz zum anderen zu erleichtern. Die Vorschläge zum liberalen Bürgergeld sind hier schon ein guter Anfang.

 

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang