Kalter Entzug für den Aktienmarkt

Die EZB gibt zwar frisches Geld, doch die Junkies brauchen mehr. Nun beginnt der kalte Entzug. Aber war ist das für ein Aktienmarkt, der nur steigen kann, wenn die Zentralbank die Kaufkraft der Menschen entwertet? Die Märkte haben eine Monsterbazooka eingepreist. Draghi lieferte aber nur eine normale Riesenbazooka.

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Der Anstieg des DAX fußte bisher nur auf einem Element: EZB-Chef Mario Draghi. Euro runter, frisches Geld, DAX rauf. Diese Norm galt als gesetzt. Bis jetzt. Es gibt zwar frisches Geld, doch die Junkies brauchen mehr. Nun beginnt der kalte Entzug.

Das Aktienjahr 2015 war ziemlich spannend. Gestartet sind wir mit 9.500 DAX-Punkten und sahen dann, trotz Frankenschock, Öl-Schock, Ukraine und Griechenland einen Durchmarsch bis 12.374 Punkte am 10.04.2015. Danach ging es allmählich in Richtung Süden, was sich dann wegen Sorgen um China im August beschleunigte. Das Jahrestief sahen wir dann im Tagesverlauf des 24.08.2015 bei zirka 9.300 Punkten. Bis Ende November stieg der DAX dann wieder extrem bis auf knapp 11.400 Punkte. Der Entzug durch die EZB drückt das Barometer auf aktuell 10.752 Punkte.

Was ist das für ein Aktienmarkt, der nur steigen kann, wenn die Zentralbank die Kaufkraft der Menschen entwertet? Aktien sollten eigentlich nur dann wertvoller werden, wenn die Unternehmenswerte steigen. Es ist ja auch nicht so als hätte die ultraexpansive Geldpolitik keine Nebenwirkungen für die Menschen. Kritische Stimmen gibt es seit Jahren, doch Geldpolitik ist tabu: Sie steht in keinem Wahlprogramm und wird auch nicht bei Anne Will diskutiert.

Als eine Maßnahme beschloss die EZB den Einlagenzins für Banken von -0,2% auf 0-0,3% zu senken. Hiermit erreicht sie genau das Gegenteil, denn Banken werden die Verluste auf künftige Kreditzinsen aufschlagen. Kredite werden also teurer. Hinweise auf so eine Reaktion lassen sich schon lange in der Schweiz im Bereich der Immobilienkredite finden. Die Aussage Mario Draghis, dass die EZB tun werde, ‘was immer nötig sein wird’, war ein Freibrief für eine perverse Gelddruckorgie.

Nun verkündet die EZB am letzten Donnerstag, dass sie die Zinsen weiter senkt und noch mehr Anleihen aufkaufen wird. Der Markt reagierte komplett unerwartet: DAX fiel in der Spitze um 700 Punkte und der Euro wurde ggü. anderen Währungen sprunghaft teurer. Draghi wollte ja eigentlich den Euro weiter schwächen, um den Export anzukurbeln. Da lief also etwas gehörig schief! Solche Marktbewegungen nennt man “Sell the Fact”. Genau hiervor habe ich via Twitter ca. 1 Stunde vor der Marktreaktion gewarnt. Die Märkte haben eine Monsterbazooka eingepreist. Draghi lieferte aber nur eine normale Riesenbazooka. Es beginnt der kalte Entzug.

Zuerst erschienen auf pinksliberal.wordpress.com

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