Jesus hat mir die Füße gewaschen

Teile der katholischen Bloggerschaft diskutierte vor und zu Gründonnerstag, welchen Sinn und Hintergrund die Fußwaschung als rituelle Handlung in der katholischen Kirche hat – und bei einigen von ihnen schimmert dabei Kritik am Papst durch, der es sich nicht nehmen lässt „irgendwelchen Leuten“ die Füße zu waschen.

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Zurück geht die Fußwaschung zu Gründonnerstag auf den Bericht in den Evangelien zum Abendmahl, dort heißt es (Johannes 13,1-17):

Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war.

Als er zu Simon Petrus kam, sagte dieser zu ihm: Du, Herr, willst mir die Füße waschen? Jesus antwortete ihm: Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht; doch später wirst du es begreifen. Petrus entgegnete ihm: Niemals sollst du mir die Füße waschen! Jesus erwiderte ihm: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir. Da sagte Simon Petrus zu ihm: Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt. Jesus sagte zu ihm: Wer vom Bad kommt, ist ganz rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Auch ihr seid rein, aber nicht alle. Er wusste nämlich, wer ihn verraten würde; darum sagte er: Ihr seid nicht alle rein.

Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.

Amen, amen, ich sage euch: Der Sklave ist nicht größer als sein Herr und der Abgesandte ist nicht größer als der, der ihn gesandt hat. Selig seid ihr, wenn ihr das wisst und danach handelt.

In der katholischen Kirche nimmt in der Gründonnerstagsliturgie normalerweise der zelebrierende Priester die Fußwaschung bei sogenannten „viri probati“ vor, in der Regel also (in der Kirche) verdienten Männern der Gemeinde. Über diesen Usus kann man sicher streiten, aber die Kritik, die ich gelesen habe, geht in eine ganz andere Richtung, nämlich in die, dass es doch gar kein Unterstellungsverhältnis zwischen den Menschen gäbe, insbesondere nicht in der Art, dass Alte, Kranke, Behinderte, Gefangene, denen die Füße gewaschen werden, nicht dem Priester, einem Bischof oder der Papst unterstellt seien, sondern doch im Gegenteil in ihrer Bedürftigkeit Jesus in Person verkörpern.

Ich gebe zu, solche Kritik hinterlässt mich ratlos: Jesus selbst, doch offenbar höhergestellt als die Apostel macht klar, dass es für ihn als Meister richtig ist, die Füße seiner „Untergebenen“ zu waschen; und Kritiker des Papstes haben nichts besseres zu tun, als ihm (und den anderen Handelnden) vorzuwerfen, sich zu unrecht über diejenigen zu erheben, deren Füße er wäscht?

Nun war Jesus die Ungewöhnlichkeit seines Beispiels offenbar klar, und so ist es doch auch heute noch: Bedürftige Menschen fühlen sich unterlegen und untergeben unter die Mächtigen dieser Welt. Und weltliche wie geistige „Würdenträger“, zu denen eben auch Priester gehören, stehen immer in der Gefahr, sich über die nur scheinbar Untergebenen zu stellen. Darum ist diese Geste sicher nicht verkehrt, auch wenn sie uns heute, wie damals Petrus, eigenartig vorkommt.

Zudem handelt der Priester in diesem Ritus doch als Vertreter Jesu – es ist also nicht der Priester, der die Füße wäscht, es ist Jesus selbst. Und übertragen kann man auch heute noch sagen: Jesus wäscht uns allen noch immer die Füße, macht uns rein von unseren Sünden – das ist nicht zuletzt das, was wir Ostern feiern. Er, der diesen Dienst nicht nötig hat, bietet ihn uns an, und er erniedrigt sich, macht sich zum Sklaven seiner Untergebenen (vgl. Philipper 2,6-8). Ist es da nicht richtig, wenn der Papst diesen Dienst übernimmt und dazu gerade den Menschen die Füße wäscht, die in den Augen der Welt eben nicht verdiente Männer sind, sondern die Geringgeachteten der Welt?

Warum ich darauf so herum reite: Ich habe bereits von meinem Osterwochenende berichtet, und ich gehörte zu denen, die der zelebrierende Priester im Vorfeld der Liturgie gefragt hat, ob ich für die Fußwaschung bereit stünde. Ich habe spontan zugestimmt, ohne viel über liturgische Gebräuche nachzudenken. Aber die Fußwaschung hat mir eines klar vor Augen gestellt: Es war nicht der Pater, der mir die Füße gewaschen hat, es war Jesus selbst. Im Nachhinein möchte ich fast mit Petrus ausrufen „Niemals sollst du mir die Füße waschen!“ – und doch bin ich nun froh, es nicht getan zu haben sondern diesen Dienst angenommen zu haben.

Die Geste der Fußwaschung hat ihre Berechtigung in der katholischen Liturgie zum Gründonnerstag, und ich hatte als „Gewaschener“ nie das Gefühl, dass der zelebrierende Priester sich durch diese Geste über mich erhebt, sich selbst zu Jesus macht. Wohl aber ist mir klar geworden, dass Jesus es ist, der mir jeden Tag die Füße wäscht, und am letzten Gründonnerstag das auch ganz real getan hat. Vielleicht kann man das Handeln der Priester und des Papstes auch einfach in diese Richtung deuten, ohne sich – und das ist eine wahre Überhebung – als Richter über die Richtigkeit dieses Ritus aufzuschwingen.

Aufgabe derjenigen, denen Jesus die Füße wäscht, ist es, auch anderen die Füße zu waschen, durch Akte der Nächstenliebe, durch die Vermittlung der frohen Botschaft, ganz weltlich durch Hilfe gegenüber den Hilfsbedürftigen. Und das ohne Ansehen der Person! Das fällt mir schwer, und vielleicht fällt es auch dem einen oder anderen Priester oder gar dem Papst schwer. Und gerade deshalb ist diese Handlung am Gründonnerstag so gut und notwendig.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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