Jeder tut es, immer

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Aber jeder tut es und das die ganze Zeit, verteidigt sich der Chef der NSA und betont weiter: Wir machen es schließlich für Euch, also wo liegt eigentlich das Problem?! Ganz unrecht hat er nicht. Es gibt eine Unterwelt von Spionage und Gegenspionage, in der das Spiel von internationalen Freundschaften anders gespielt wird als in der Welt, in der sich Bundeskanzler und Präsidenten treffen. Und weil die Welt nun mal so ist – leider hat ja nicht jeder das Beste vor - muss man dieses Spiel mitspielen, wenn man nicht ins Hintertreffen geraten will. Freiheit und Demokratie müssen verteidigt werden – etwa gegen Terroristen.

Spionage ist allgegenwärtig. So konnten wir neulich erfahren, dass die russische Regierung der EU einige USB-Sticks schenken wollte. Die Möglichkeiten, mit diesen Sticks EU-Funktionäre abzuhören, wollten die Russen frei Haus mitliefern.

Basisaufgaben 

Zunehmend drängt sich der Eindruck auf, die Geheimdienste würden über den Gesetzen stehen. So haben NSA und Co. die Neigung alle Daten zu sammeln, die es zu sammeln gibt und sie werden auch nie damit aufhören. James Clapper, Chef des amerikanischen Geheimdienstes, betont, dass es zu seinen Grundaufgaben gehöre, internationale Parteispitzen auszuhorchen, genauso wie er seine ausländischen Kollegen aushorche. Deswegen wurde oder wird das Handy von Frau Merkel belauscht, so Clapper. Alle Aufregung nennt Clapper scheinheilig. Jeder tut es und es passiert immer. Und wenn Merkel belauscht werden darf, dann die deutsche Bürger umso mehr, genau wie alle anderen Menschen in Europa und – aber bitte nicht zu laut sagen – auch die Amerikaner. Dass Clapper keine Moral hat, genauso wie sein Kollege Keith Alexander (Chef der NSA), wundert nicht. Sie sind Haie, die Blut riechen, vergleichbar mit so manchen Banken. Wenn sie keiner kontrolliert, sind sie blind für die Konsequenzen. Jeder tut es schließlich, immer wieder.

Wilde Elefanten 

Die Politik muss den Geheimdiensten klare Grenzen aufzeigen, weil die Geheimdienste sonst einfach weiter machen. Und weil alle Spione die Bürger instinktiv als eine Gefahr für den Staat sehen – statt umgekehrt – sind die Bürger eigentlich immer eine Bedrohung für die Demokratie, die die Geheimdienste angeblich schützen möchten. Diese Einsichten sind nicht neu oder revolutionär. Der amerikanische Senator Frank Church hat die Geheimdienste 1975 mit losgerissene wilden Elefanten verglichen. Church war Vorsitzender einer Senatskommission, die illegale Machenschaften von CIA, FBI und NSA aufklären sollte. Hierzu zählten auch Liquidierungen innerhalb und außerhalb der USA.

Dank Chuch stellte man die Geheimdienste unter Kontrolle des Parlamentes, was für Enttäuschung unter den Spionen sorgte. Nach dem 11. September 2001 konnten die Geheimdienste allerdings wieder tun und lassen, was sie wollten. Angefangen unter Bush Jr., hat Obama weitergemacht mit der – wie es Snowden nennt - Architektur der

Unterdrückung.

Die Zeit ist gekommen, diese Architektur zu zerstören. Der Staat soll für die Bürger da sein und nicht umgekehrt. Der Staat muss den Bürgern in einer Demokratie Anonymität garantieren und darf nur, wenn es dafür richterliche Anweisungen gibt, belauschen und spionieren. Die großflächige Überwachung ist inakzeptabel. Dass Frau Merkel schon seit 10 Jahren ausspioniert wird, zeigt, dass die Politik mit dem Schutz der Bürgerrechte überfordert ist. Erst jetzt, da Frau Merkel persönlich betroffen ist, bewegt sich etwas. Sie lebt wohl frei nach dem Motto „Deutsche Bürger dürfen ruhig ausspioniert werden, aber ich nicht“. Diese Unverschämtheit zeigt, dass die Bundeskanzlerin die Interessen unserer Bürger nicht vertritt. Ein anderes Land darf uns, wenn überhaupt, nur dann belauschen, wenn dessen Geheimdienst mit unserem zusammenarbeitet, und dieser unter einer strengen Kontrolle des Parlamentes steht. Ohne Kontrolle und Verantwortung kommen wir aus dieser Situation nicht heraus.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: FDominicus

"Der Staat soll für die Bürger da sein und nicht umgekehrt. "

Berühmt letzte Worte? So kurz vor der Erschiessung durch das Gewaltmonopol? Ja das ist wohl wirklich eine gute Zeit dafür ;-(

Gravatar: Karin Weber

Zitat: "Der Staat muss den Bürgern in einer Demokratie Anonymität garantieren und darf nur, wenn es dafür richterliche Anweisungen gibt, belauschen und spionieren. "

Richterliche Anweisung? Sie sind aber noch naiv. Die Justiz war schon immer der Erfüllungsgehilfe der Politik. Vertrauen Sie etwas noch solchen Richtern, die Gustl Mollath und Horst Arnold unschuldig hinter Gitter gebracht haben? Ich schon lange nicht mehr und wir sind gut beraten, auch solchen Leuten die Macht zu begrenzen und sie so etwas von ihrer "Höhe" wieder herunterzuholen.

Richter sind für mich keine Respektsperson mehr. Von vielen Dingen, über die sie urteilen, haben sie einfach keine Ahnung. Das ist aber egal, denn dieses Nichtwissen wird durch Macht kompensiert.

Ein Bürger ist unschuldig, bis seine Schuld bewiesen wurde. Eine Verdachtsermittlung halte ich in vielen Fällen für unangebracht, weil sie das gesellschaftliche Klima vergiftet und tlw. sogar irreparable Vorurteile schafft.

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