Italien am Abgrund - Zerbricht der Euro?

Italien droht die Pleite. Nun wird über ein Zerbrechen der Euro-Zone spekuliert. Die EU warnt vor einem Zerfall der Union. Jetzt hilft kein Schönreden mehr.

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Nun ist es auch in Italien soweit. Die Zinsen für italienische Staatsanleihen steigen auf ein Rekordhoch von 7,35 Prozent. Will der Staat Italien jetzt Schulden machen, dann muss er dafür doppelt soviel Zinsen bezahlen als vor der Krise. Das kann er sich nicht leisten. Falls sich der Trend fortsetzt, wird Italien bald bankrott sein. Bei diesem Zinsniveau ging nämlich auch schon Griechenland pleite, genauso Irland und Portugal. Jetzt ist Feuer unterm Dach. Deshalb hat die EU kräftig mitgeholfen, den italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi in die Wüste zu schicken und dafür am besten ein handzahmes Expertenkabinett unter Führung des ehemaligen EU-Kommissars Mario Monti zu erhalten. In Rom herrscht Panik, die Mailänder Börse stürzte um 3,6 Prozent ab. Trotz der Rücktrittsankündigung Berlusconis hat sich die Lage bisher nicht beruhigt.

Warum sollte sie sich auch beruhigen? An der verworrenen und krisenhaften Situation ändert auch der Abtritt des Lieblingssündenbocks der EU-Bürokratie Berlusconi nichts. Es ist ein Schauspiel sondergleichen. Das Muster wiederholt sich. Zuerst gibt es Gerüchte, dass ein Land in der Krise sei. Das wird von allen offiziellen Stellen und auch von der EU dementiert. Am Ende gesteht man doch ein, dass etwas faul ist und verordnet dem Land ein rigides Sparprogramm. Das schafft Ruhe für zwei Wochen, die Lage verschlimmert sich aber weiter. Die Regierung des Landes gerät schließlich in Panik und fängt an, die EU zu kritisieren oder Volksabstimmungen anzukündigen. Daraufhin zeigen sich die EU-Politiker extrem empört und drehen den Geldhahn zu. Wie durch ein Wunder gibt es dann plötzlich eine Rebellion mit Hilfe einiger Abweichler in der Regierungspartei und die widerspenstige Regierung des Schuldenstaates kann gestürzt werden. Jetzt kommt eine Regierung, die keinen Widerspruch mehr wagt und das extreme Sparprogramm durchziehen will.

Wer auch nur ein wenig Ahnung von Politik hat, der weiß, dass hier Strippen gezogen werden. Die Lage ist anscheinend so brisant, dass die EU mit allen Mittel agiert, Demokratie hin oder her. Der Euro ist die oberste Staatsraison geworden, der sich alles unterzuordnen hat. Ein fatale Entwicklung, die immer weiter wegführt vom oft beschworenen Europa der Bürger hin zu einem autoritären Europa. Ganz abgesehen von der Bewertung dieses Vorgangs, die Märkte trauen den Aktionen der EU nicht mehr. Der Euro-Rettungsfonds ist aufgrund seiner undurchschaubaren und riskanten Konstruktion selbst schon so ins Gerede gekommen, dass die viel beschworenen Retter aus China und Russland die Finger davon lassen. Die EU kommt mit ihrer Rettungsstrategie ins Schlingern.

Jetzt tauchen Gerüchte auf, führende Kreise in Brüssel, Paris und Berlin dächten über ein Ausscheiden oder einen Ausschluss einzelner Länder aus dem Euro nach. Es solle angeblich bald möglich sein, aus dem Euro, aber nicht aus der EU auszuscheiden. Ganz Verwegene glauben sogar, Deutschland bereite selbst seinen eigenen Ausstieg aus dem Euro vor. Meines Erachtens sind das aber nur die alten Pläne von einem Kerneuropa um Deutschland und Frankreich, jetzt eben bezogen auf die Euro-Zone. Dieses Kerneuropa ginge schneller voran in Richtung Bundesstaat, die anderen Länder blieben draußen. Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist ein alter Verfechter dieses Weges. Dabei wird aber übersehen, dass heute Frankreich selbst schon im Schuldenstrudel zu versinken droht. Paris ist kein sicherer Kandidat mehr. Manche sagen sogar, um Frankreich stünde es schlimmer als um Italien.

Mit Sicherheit kann man sagen, dass es einen Notfallplan gibt, den Euro zu retten. Den Dementis muss man keinen Glauben schenken, aber auch ein Alleingang von Deutschland und Frankreich wird die Krise nicht lösen. Jetzt warnen EU-Kommissionspräsident Barroso und Eurogruppen-Chef Juncker vor einer Spaltung der EU. Klar dürfte sein, dass ein womöglich zwangsweises Ausscheiden einiger Länder aus dem Euro schwere Auswirkungen auf die EU selber haben wird. Ein Tabu wäre gebrochen, das Denkunmögliche Wirklichkeit geworden. Warum, werden einige fragen, könnte jetzt nicht das ganze Euro-Projekt scheitern. Die Märkte werden es mit Sicherheit austesten und da wird kein Schönreden mehr helfen.

von Dr. Christian Weilmeier

www.weilmeier.de

 

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Friedrich Dominicus

Wieso sollte nur Frankreich im Schuldenstrudel stecken. Trotz Rekordeinnahmen haben wir immer noch keinen ausgeglichenen Haushalt. Was wird wohl passieren wenn auch bei uns die Wirtschaft südwärts wandert.

Jetzt erzähle mir bitte keiner wir haben doch eine Nichtverschuldungsklausel im GG, so was hatten wir auch in den Verträgen von Maastricht und die sind ja mit Schmackes gebrochen worden.

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