Ist die FDP noch liberal?

Die Koalitionsverhandlungen wecken massive Zweifel. Die FDP stimmt dem aberwitzigen Plan der CDU zu, in das Grundgesetz aufzunehmen, daß Deutsch die Sprache der Bundesrepublik Deutschland ist.

Man mag das für einen harmlosen Programmsatz halten. Aber das ist er nicht. Verfassungsrecht bricht normales Recht, Bundesrecht bricht Landesrecht.

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Die in den Ländern geregelten Minderheitenrechte der Sorben, Dänen, Friesen, Roma und Sinti zum Gebrauch ihrer Sprachen werden automatisch verfassungswidrig und obsolet. Was ist daran noch liberal?

Und die mit Sicherheit zu erwartenden Gesetze zur Umsetzung der Verfassungsbestimmung lassen noch weit Schlimmeres erwarten: Gebote zum Gebrauch der deutschen Sprache, Verbote zum Gebrauch anderer Sprachen bis hin zu staatlichen Zwangsmaßnahmen und Strafen. Sprachverbote sind immer ein Zeichen für totalitäres Denken. Das schreckt eine angeblich liberale Partei nicht?

Kennt sie das Beispiel des faschistischen Spaniens nicht, in dem der Gebrauch der baskischen und der katalanischen Sprache bei Strafe verboten war? Und weiß sie nicht, daß die verbotenen Sprachen heimlich umso mehr gehegt und gepflegt wurden und nach dem Ende der Franco-Diktatur zum Aufblühen der separatistischen Bewegungen beigetragen haben? Daß die Verbote das Gegenteil des Beabsichtigten erreicht haben?

Unsere fürchterliche Geschichte hat dazu geführt, daß es Tausende von Bundesbürgern gibt, die nur gebrochen oder gar kein Deutsch sprechen. Sollen sie als Verfassungsfeinde gelten? Kann ein rechtschaffener Mann, der kein Deutsch spricht, kein guter Deutscher sein?

Und was ist mit den eingebürgerten und voll integrierten Fußballspielern, deren deutscher Sprachschatz sich auf „Tor!“ „Abseits!“ und „Foul!“ beschränkt?

Wenn liberales Gedankengut von einer gedankenlosen FDP schon über Bord geworfen wird, dann sollte sie die CDU wenigstens ad absurdum führen und vorschlagen, den Zusatz zu Artikel 22 des Grundgesetzes um ein paar weitere, auch beschäftigungspolitisch relevante Elemente zu ergänzen und ihm folgende Fassung zu geben: „Die Sprache, die Musik, die Kunst und der Sport in der Bundesrepublik sind deutsch.“

 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Insider+

Im Grundgesetz steht seit dem 23.05.1949 für den einfachen Gesetzgeber zwingend vorgeschrieben, das wenn er ein Gesetz macht mit dem er Grundrechte einschränken will, er diese Grundrechte namentlich unter Angabe des Artikels nennen muss. Das sogenannte Zitiergebot gemäß Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Gesetze, die nicht zitieren obwohl die Grundrechte einschränken, sind ungültig, alles was auf ihnen basiert ist nichtig. Bevor sich also arme Irre mit der Änderung des GG befassen, sollten sich dieselben Leute einmal mit dem seit 60 Jahren im GG als Pflichten an die drei Gewalten normierten Vorschriften intensiv und absolut verbindlich befassen.

Gleiches gilt übrigens für alle, die sich anmaßen, in dieser Republik Bescheid zu wissen. Das GG gibt einzig seit 60 Jahren in dieser Republik den Takt vor und sonst gar nichts. Übrigens die Sprache einer Republik sind ihre Vorschriften, die Sprache der Menschen darf z.B. deutsch sein, damit wäre aber auch alles gesagt bis hier hin, oder...

Gravatar: Hedwig Beverfoerde

Entgegen der Auffassung des Verfassers halte ich dieses Ansinnen der CDU tatsächlich für eine ausgemachte Harmlosigkeit. Und zwar für eine CDU-basisdemokratische. Auf dem letzten Bundesparteitag in Stuttgart habe ich persönlich miterlebt, wie ein von der Parteiführung ganz offensichtlich höchst unerwünschter Antrag aus dem dort anwesenden Delegierten-Volk, man möge das GG um diesen Satz erweitern("Die Sprache in der Bundesrepublik ist Deutsch"), zur Abstimmung gestellt werden musste und - mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde. Die Antragsteller haben den Antrag damit begründet, daß die deutsche Sprache in unserem eigenen Land in immer mehr Bereichen, bis hin zu Schulen, zur Disposition gestellt werde (sei es durch Überfrachtung mit Anglizismen oder auch Verdrängung durch Türkisch usw.). Es ging in etwa darum, Deutsch als Leitsprache in Deutschland zu schützen und nicht etwa, alle anderen Sprachen als verfassungswidrig zu verbieten. Allerdings kann man natürlich nicht garantieren, daß abartige Fehlinterpretationen eines solchen Zusatzes für alle Zukunft ausgeschlossen wären.

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