In Zeiten des Politgeschwafels: Fünf Grundlagenwerke

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Nach Trumps Wahl wird viel geschwafelt. Das sind fünf Werke, die mir eine grosse Hilfe waren, meinen politischen Standpunkt zu schärfen und den Blick fürs Gesamte zu stärken:

Politik braucht ein Ethos. Günther Rohrmoser. Der Ernstfall.

Welcher Ernstfall ist gemeint? Rohrmoser sieht das kulturelle Fundament unseres Gemeinwesens bedroht (548). Er meint es ernst mit der Demokratie (498) und will die Errungenschaften der Bundesrepublik Deutschland für künftige Generationen bewahren. Das Buch ist von seiner Substanz her zwar kulturkritisch, jedoch nicht kulturpessimistisch. Rohrmoser bezeichnet die Krise seines Landes – er schrieb das Buch 1996, also einige Jahre nach der Wiedervereinigung – als „letzten Punkt, an dem sich noch alles zum Guten wenden kann“ (526). Seine Zuversicht schöpft er aus dem christlichen Glauben (468).

Das Leben nach der Tugend. Alasdair C. MacIntyre. Der Verlust der Tugend: Zur moralischen Krise der Gegenwart.

MacIntyre beginnt mit einem beunruhigenden Gedankenexperiment. „Die Hypothese, die ich aufstellen möchte, lautet, dass in der Welt, in der wir heute leben, die Sprache der Moral“ verwahrlost sei. Wir besässen heute „nur noch Bruchstücke eines Begriffsschemas, Teile ohne Bezug zu jenem Kontext, der ihnen ihre Bedeutung verliehen hat“ (14). Das moralische Denken und Handeln sei verwahrlost. Dieser Kulturdiagnose von Niedergang und Verfall liegen, wie man schnell bemerken wird, Wertmassstäbe zugrunde. Wesen und Ausmass der Katastrophe werde von den Menschen gar nicht erkannt. Der Grund dafür sei in der akademischen Geschichtsschreibung zu suchen, die es zu ihrem Paradigma gemacht hatte, aus einer „wertneutralen Sicht“ zu schreiben (17). Dadurch musste die moralische Unordnung unsichtbar bleiben. Macintyre beurteilt den Zustand als so fortgeschritten, dass es „keine grossen Mittel mehr dagegen“ gebe (18). Moderne moralische Äusserungen sind demnach als unerkannte Bruchstücke einer älteren Vergangenheit zu verstehen. Die Probleme bleiben so lange unlösbar, bis eben dies erkannt wird (151).

Europa, zurück zu deinen griechisch-christlichen Wurzeln! Giovanni Reale. Kulturelle und geistige Wurzeln Europas: Für eine Wiedergeburt des "europäischen" Menschen.

Die Antwort auf die Frage nach dem Grund für die Gemeinschaft Europas liege – so Hubertus Dessloch im Vorwort – im Unterbewusstsein der Menschen. Europa sei eine Kulturgemeinschaft, was jedoch durch das Verschütten der Wurzeln dieser Kultur seit dem 17. Jahrhundert verschüttet worden sei. Es gelte nun, die „Pflege der Seele“ als wesentliche Aufgabe des Menschen zurückzuholen. Dafür sei es nötig, die „Tiefendimension“ der gemeinsamen Kultur auszuloten. Die synthetische Grundannahme der Verfasser liege damit klar zu Tage. Zu den Voraussetzungen dazu äussert sich Reale in der Einführung: Europa sei nicht mit einer geographischen Ausdehnung gleichzusetzen, eben so wenig sei es politische Realität im Sinne einer Nation. Vielmehr bestehe Europa durch eine geistige Realität, die durch griechische Kultur, die christliche Botschaft und die grosse wissenschaftlich-technische Revolution zusammengesetzt sei. Erster Einfluss sei vorwiegend intellektuell, zweiter moralisch-spirituell. Das Christentum sorgte für die „kräftigste und gehaltvollste Nahrung für die Entstehung und Entwicklung der europäischen Idee“ (16). Die Wissenschaft mit den konsequenten technischen Anwendungen hat sich in der Neuzeit eine eigene Identität gegen: Universal, beherrschend auf der Weltebene. Das führte zu einer massiven „Europäisierung der Welt, andererseits umgekehrt eine Globalisierung Europas“ (21).

Basis einer christlichen Staatsethik. Abraham Kuyper. Harry van Dyke (Ed.) Guidance For Christian Engagement In Government.

Souveränität im absoluten Sinn kommt von der Autorität, über welcher keine andere mehr existiert. Die Struktur des Landes bzw. der Nation stammt vom Allmächtigen. Alles hat sich deshalb nach seinen Gesetzen und Vorgaben zu richten. Auch politische Autorität ist vermittelte Autorität.

Der Geist des demokratischen Kapitalismus. Michael Novak. The Spirit of Democratic Capitalism.

Michael Novak (* 1933) ist ein katholischer Sozial- und Politphilosoph. Er wuchs in einer slowakischen Immigrationsfamilie in den USA auf. Sein Werk „The Spirit of Democratic Capitalism“ (1982) gilt als sein bedeutendstes Werk. Es schildert darin seine eigene Odyssee, die aus seinem stark sozialistisch geprägten theologischen Umfeld herausbrachte. Novak begann, den Sozialismus unter Anwendung realer Kriterien zu hinterfragen und wurde von der Kollision mit der ökonomischen und sozialen Wirklichkeit richtiggehend überwältigt. „The moment socialism allows itself to be judged by realistic criteria, it loses its cachet as a special form of idealism.” (198) Interessanterweise ist das Buch vor dem Zusammenbruch des sogenannten „Ostblocks“ geschrieben worden. Die vielen Zahlen, die in diesem Buch auftauchen, sind demnach nicht aktuell. Das Buch ist im Licht der Finanzkrise der letzten Jahre jedoch hochaktuell.

Erschien zuerst auf www.hanniel.ch.

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