Ich bin ein Veganer

„Vegan plus Fleisch“ heißt der neue Ernährungstrend. Inzwischen wird auch „vegetarisches Schweinefleisch“ angeboten. Man sieht: Es gibt keine Chance mehr, dem Ökologismus zu entrinnen.

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Ich habe meine Ernährung umgestellt. Auf Salat. Auf den Salat, den man zwischen zwei Brötchenhälften steckt. Mit einem Fleischklops in der Mitte. Sie finden diesen Witz albern? Ich auch. Aber irgendeiner lacht immer, wenn ich mich mit diesen Sätzen in die Mittagspause verabschiede.

Schließlich gibt es ein Vorbild. Auch unser Schwimmweltmeister Marco Koch folgt diesem Konzept. Nur meint er es tatsächlich ernst. „Vegan plus Fleisch“ heißt sein Erfolgsrezept. Sie fragen sich, was das für eine Ernährung sein soll? Ich auch. Die Erklärung lieferte er nach dem Gewinn der Goldmedaille mit den Worten: „Ich will gleich noch zu Burger King“.

Sie meinen, bescheuerter geht es nicht mehr? Dachte ich auch. Aber „vegan plus Fleisch“ ist bei weitem noch nicht perfekt. Wer es richtig machen und die Umwelt ebenso wie seine Gesundheit ruinieren möchte, der darf doch kein Fleisch essen! Der hat mindestens auf vegetarisches, wenn nicht gar veganes Fleisch umzusteigen.

Sie denken, das wäre Unsinn? Da kennen Sie Landwirt Ansgar Meydorf aus Schüttorf noch nicht. Er bietet „vegetarisches Schweinefleisch“ an. Nein, es handelt sich nicht um eine besonders raffinierte Tofu- oder Sojasimulation, sondern um das Fleisch von echten Schweinen. In dieser Publikation finden Sie auf Seite 34 seine Geschichte:

Die Wohlstandswelt lechzt nach Alternativen zu tierischen Produkten. Und während längst auch abseits vom Prenzlauer Berg die Supermärkte ihre Regalflächen für Tofu und andere Pflanzenfaserprodukte erweitern, bahnt sich die wirkliche Revolution in der Grafschaft Bentheim an: Das Fleisch der alten Rasse „Bunte Bentheimer“ war immer bekannt, weil es fettarm ist. Jetzt gelang erstmals eine komplett vegetarische Züchtung: Ein Schwein ganz aus Pflanzenfleisch, sozusagen.

Ein Schwein aus Pflanzenfleisch – ja, das muß einem erst einmal einfallen. Bauer Meydorf setzte seinen Plan mit zielgerichteter Konsequenz um:

In einem ersten Schritt habe er die Tiere seiner Zucht seit 2006 auschließlich pflanzlich gefüttert, ab 2010 dann, unterstützt von einem veganen Lebensmittelproduzenten aus dem Landkreis Diepholz, sogar vegan. […] „Jetzt“, sagt Meydorf nicht ohne Stolz, „ist die Zucht erstmals soweit, dass das Fleisch der Schweine direkt zu vegetarischen Produkten verarbeitet werden kann.“

Am Kommunikationskonzept muß er wohl noch feilen. Lieber Ansgar Meydorf, vegan ernährte Schweine liefern eben nicht nur vegetarisches, sondern sogar veganes Fleisch. Also gleich eine ganze Qualitätsstufe höher. Damit auch ich am Ende inbrünstig und voller Stolz verkünden kann: Ich bin ein Veganer.

Denn diese Idee wird sicher Schule machen: Vom veganen Schwein zu veganen Rindern scheint es mir nicht mehr weit. Man komme mir jetzt nicht mit tierphysiologischen Argumenten. Auch das Huhn hat ein Recht auf eine rein auf pflanzlichen Proteinen basierende Fütterung. Oder möchte jemand unseren Fleischlieferanten verbieten, sich ökologisch korrekt und gesundheitsbewußt zu ernähren? Wer Wild auf seinem Teller schätzt, genießt veganes Fleisch ohnehin schon seit längerem. Und wenn der hiesige Wolf seinen Speiseplan mit dem ein oder anderen Haustier anreichert, darf er ja nicht Gefahr laufen, möglicherweise fleischliches statt pflanzliches Fleisch zu verzehren.

Es gibt keine Chance mehr, dem Ökologismus zu entrinnen. Nicht bei der Ernährung und schon gar nicht beim Urlaub. Das oben zur Illustration verwendete Bild zeigt eine Buffetbeschriftung aus dem Hotel, in dem ich ein paar entspannte Wochen verbracht habe. Fast entspannt, möchte ich sagen. Erstens gab es Bauer Meydorfs veganes Fleisch dort noch nicht. Und zweitens wollte ich es mal so richtig krachen lassen. Gegenüber dem Klima. Richtig viel Sonne (also ununterbrochen) und richtig krachende Wärme (also vierzig Grad und mehr im Schatten – jeden Tag) darf es nicht nur an der türkischen Riviera geben, denke ich. Auch Nord- und Ostsee haben sich das verdient. Aber meinen guten Vorsatz, ein richtiges Klimaschwein zu sein, hat man leider übel durchkreuzt.

Da steigt man – rein zum Spaß – in ein Flugzeug, das enorme Mengen an Kerosin hoch oben in der Atmosphäre verbrennt. Und lernt durch Werbefilme und Flyer leider sofort etwas über zahlreiche Auszeichnungen und Gütesiegel, die der Fluglinie für ihr ökologisch korrektes Verhalten verliehen wurden. Da steigt man in einer massentouristisch orientierten Aufbewahrungsstätte ab und hat sich damit abzufinden, während seines Aufenthaltes nicht nur das Klima, sondern auch noch die Artenvielfalt geschützt zu haben.

Weil man dort Montags auf die Zimmerreinigung und den Handtuchwechsel verzichtet. Nicht etwa, um dadurch Geld zu sparen. Nein, so denken die türkischen Hoteliers natürlich nicht.

Mehr als ein dutzend Pools. Aberwitzige Mengen an Wasser, die allabendlich zur Beregnung der Gartenanlagen dienten. Unmengen an Abfällen, die die Touristen erzeugen. Die Stromrechnung der Herberge (Festbeleuchtung, Klimatisierung und vieles andere) mag ich mir schon gar nicht ausmalen.

Es nützt ja nichts. Ich war ökologisch korrekt unterwegs. Wenn das alle sagen, Fluglinie, Veranstalter und Hoteleigentümer, dann war das ganz sicher so. Immerhin gab es ja Hinweisschilder am Strand, die um Rücksicht auf die Vermehrungsstrategien irgendwelcher Schildkröten baten. Damit die Gäste auch wirklich den Strand umgraben, um Eier zu finden. Waren vielleicht keine veganen Kröten und daher nicht so wichtig.

Ob Ernährung, Klima oder Artenschutz: Nicht die Ideologie formt den Menschen. Es ist andersherum: Menschen passen die Ideologien ihrem Alltag an. Sie dehnen und zerreden die Gebote bis zur Unkenntlichkeit, um sie praxistauglich in das eigene Leben integrieren zu können. Demokratien sind so robust, weil sich in ihnen jeder Bürger daran beteiligen kann – und nicht nur eine kleine elitäre Führungsschicht. Da verlieren am Ende Dogmen wie „Nachhaltigkeit“ und „Vorsorge“ jeden Sinn und stehen für alles und nichts. Oder eben – bei 80 Millionen Bürgern – für 80 Millionen unterschiedliche Konzepte. Diese Verwirrung äußert sich in Argumentationen, die Kernenergie als Klimaschutzinstrument preisen, den Emissionshandel als Marktwirtschaft und die Energiewende als kapitalistisches Meisterstück.

Auf diesem Nährboden kann der Pauschaltourismus als Umweltschutzaktivität der Mittelschicht verkauft werden, ohne damit Gelächter zu provozieren. Das reduziert auch den Neid auf die Reichen und Berühmten mit ihren Privatflugzeugen, ihren Garagen voller spritschluckender Sport- und Geländewagen und ihren luxuriösen Anwesen. Denn nur die können am Ende in die höchste Liga aufsteigen und von allen beklatschte und bewunderte UN-Klimabotschafter werden.

Ich muß mich halt mit „veganvegetarischer Ernährung plus Fleisch“ begnügen. Wer das albern findet, ist aus der Zeit gefallen.

Zuerst erschienen auf science-skeptical.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: David Svoboda

@Frank Endres: wenn durch den Verzehr von Tierprodukten jeden Tag unzählig viele unschuldige Tiere wegen eines einzigen ungesunden Gaumenkitzels getötet werden, wenn zusätzlich durch den Konsum von Tiernahrungsmittel jeden Tag mehrere tausend Menschen an den Folgen von Hunger sterben müssen und obendrein genau wegen diesen Tiernahrungsmittelen immer mehr Menschen durch die ann ausgelösten Wohlstandserkrankungen (wie z.B. Herzinfarkt, Krebs, Gicht...etc.) zu Tode kommen, dann macht es mich einfach fassungslos, wie man als Blogger so einen Unfug wie Herr Heller schreiben kann. Die Ironie in diesem Geschreibsel dient ja nur dazu den Verbrauchern mit einem Augenzwinkern zu vermitteln, dass ihre schlechten Essgewohnheiten eigentlich gar nicht so schlimm sind und sie ruhig so weiteressen können wie bislang auch: Konsumenten von Tierqualprodukten sollten sich bloß kein schlechtes Gewissen von diesen "ökologisch korrekten" Veganern einreden lassen. Ein fatales Signal an die Leserschaft vor dem Hintergrund, dass eine vegane Lebensweise der Schlüssel zur Lösung auf eine wirklich "bessere Welt" wäre, nämlich eine Welt ohne Gewalt gegenüber wehrlosen (nichtmenschlichen und menschlichen) Tieren, ohne ein weiteres Voranschreiten der Erodierung von Böden (durch Überdüngung) und der Schlüssel um sämtliche Wohlstandserkrankungen auszurotten, die nahezu über 80 Prozent der Kosten im Gesundheitssystem der "westlichen Welt" ausmachen!

Gravatar: Frank Endres

@David Svoboda

Ich empfehle, dass Sie sich mit Herrn Heller austauschen, sein Beitrag war doch voller Ironie ......

Gravatar: David Svoboda

@Frank Endres: Es hat nichts mit Zensur zu tun unqualifiziertes Geschreibsel nicht zu veröffentlichen. Zensur bedeutet lediglich relevante Informationen den Lesern vorzuenthalten. Da in dem Artikel von Herrn Heller aber überhaupt keine relevante Information für die Leserschaft enthalten ist kann bei einer Nichtveröffentlichung so eines Unfugs auch nicht von Zensur gesprochen werden. Blogger und Journalisten sollten die Verantwortung haben ihre Leserschaft mit guten Informationen zu versorgen und nicht einen Artikel zu verlinken, wo ihre schlechten Angewohnheiten im alltäglichen Leben verklärt werden. Zensur treibt Freie Welt eher damit, dass sie ihrer Leserschaft die schwerwiegenden Argumente für eine vegane Lebensweise vorenthält und stattdessen diesen nichtsaussagenden Unsinn veröffentlicht!

Gravatar: Frank Endres

zum Kommentar von David Svoboda:

Mein Kompliment an die Redaktion der Freie Welt. Der Artikel von Herrn Heller ist voller (Selbst-)Ironie und hat die richtige Würze, um den Ökowahn an den eigenen Wurzeln zu packen. Mein Kompliment auch, im Sinne einer freien und demokratischen Welt, den Kommentar von Herrn Svoboda zu veröffentlichen. Zensur hat in einer freien und demokratischen Welt nichts verloren, und ich stelle mir eher die Frage nach dem Demokratieverständnis des Kommentators, wenn er schreibt "Ich möchte allerdings öffentlich meine Enttäuschung über die Redaktion von Freie Welt bekunden, welche so einen Unsinn unkritisch übernimmt und auf ihre Website setzt."

Gravatar: R.Waschull

Wenn uns was an der Zukunft unseres Planeten liegt, sollten wir uns eben nicht alle vegan ernähren. Wir würden dadurch hundertausende wenn nicht Millionen Hungertote verhindern. Wo wollen Sie denn das ganze Grünzeug anbauen?

Gravatar: David Svoboda

Mir ist einfach meine Zeit zu schade um auf so ein unqualifiziertes und primitives Geschreibsel einzugehen. Ich möchte allerdings öffentlich meine Enttäuschung über die Redaktion von Freie Welt bekunden, welche so einen Unsinn unkritisch übernimmt und auf ihre Website setzt. Das Thema vegane Lebensweise ist viel zu wichtig um sich auf so ein Pamphlet zu beschränken. Ich hätte mir von der Redaktion eine ernsthafte und sachliche Auseinandersetzung zum Thema vegane Lebensweise gewünscht, weil das Thema jeden von uns etwas angeht und die entscheidende Herausforderung unserer Zeit ist sofern uns nur irgendetwas an der Zukunft unseres Planeten liegen sollte!

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