Hört, Bürger von Schilda ...

... die Bundesregierung will eine Abwrackprämie für alte Heizungsanlagen zahlen.

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Das zumindest berichtet Bild unter Berufung auf einen Entwurf zur Reform des Wärmegesetzes, obgleich bislang man von offizieller Seite eher zurückhaltend darauf reagiert. Eine durchaus angemessene Reaktion, denn Abwrackprämien jeder Art, ob nun für Kraftfahrzeuge oder Heizungsanlagen, gehören in die unterste Schublade der Wirtschaftspolitik.

Haus- und Wohnungsbesitzer müssen sich stets entscheiden, ob sie heute in eine teure Heizungsanlage  investieren und in der Zukunft von sinkenden Heizkosten profitieren oder ihr Geld lieber anders anlegen, aus den Zinserträgen dann aber eine höhere Heizkostenrechnung begleichen müssen. Wie genau man sich entscheidet, ist abhängig von der Höhe der Zinsen zur Finanzierung der Heizungsanlage und der Prognose über die zukünftige Heizkostenentwicklung. Für den Staat gibt es keinen Grund in diese Entscheidung einzugreifen, denn sowohl die Kreditzinsen als auch die Energiekosten signalisieren den Bürgern, dass Kapital und Energie auch für andere Zwecke als das Heizen von Wohnraum  verwendet wird. Es ist daher wenig sinnvoll, technisch voll funktionsfähige und unter den herrschenden Zinssätzen und Energiepreisen rentable Heizungsanlagen zum alten Eisen zu werfen, um diese einfach durch neue zu ersetzen, mit denen dann unter Umständen billiger mehr geheizt werden kann. Warum sollte Aussicht auf steigende Heizenergiekosten für den Investor nicht ausreichen, den richtigen Zeitpunkt für den Neubau der Heizungsanlage zu finden?

Aber auch unter Umweltgesichtspunkten ist unklar, ob der zusätzliche Energieverbrauch der Herstellung neuer Heizungsanlagen und der Mehrverbrauch aufgrund der niedrigen Heizkosten tatsächlich den Energieverbrauch und damit die Umweltbelastung senkt. Auch wenn die Heizenergienachfrage vergleichsweise preisunelastisch ist, sinkende Heizkosten werden auf jeden Fall  einen Anreiz zum großzügigeren Umgang mit Heizenergie in den eigenen vier Wänden setzen. Die Energiespareffekte der vorgezogenen Heizinstallation müssen schon substantiell sein, um den zusätzlichen Energieverbrauch zu kompensieren. Selbst wenn es so wäre, dass die Energie- sowie Emissionsbilanz positiv ausfällt und Einsparungen realisiert werden, ist es ausgeschlossen, dass die Kosten dieser Emissionssenkung mit alternativen umweltpolitischen Instrumenten, wie etwa einer Emissionsabgabe, mithalten können. Die Abwrackprämie zahlt der Staat ohne jede Garantie, dass es eine Nettoreduzierung bei den Kohlendioxidemissionen gibt, eine Klimaabgabe hingegen lässt ebenso wie steigende Energieträger dem Bürger  keine ander Wahl, als sich für wirksame Energiesparmaßnahmen unter Berücksichtigung aller sonstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu entscheiden.

Ein Schildbürgerstreich sondergleichen ist jedoch die Vorstellung, man könne die Finanzierung einer Abwrackprämie den Heizöl- und Heizgashändlern aufbrummen. Dann werden nicht nur die Anlagenhersteller und Installateure die Preiswirkung des plötzlichen Nachfrageschubs auf die Investoren abwälzen, sondern die Energieverbraucher zahlen einen großen Teil der Prämie in Form von höheren Heizöl- und Heizgaspreisen bei ihren Energieversorgern ab. Wenn urplötzlich aufgrund der Abwrackprämie unzählige Haus- und Wohnungsbesitzer den Ersatz ihrer alten Heizungsanlage vorziehen, gleichzeitig aber keine rasche Kapazitätsausweitung bei den Herstellern stattfindet, weil es sich nicht um einen dauerhaften, sondern temporären Nachfrageschub handelt, dann wird sich die höhere Knappheit in steigenden Heizungs- und Installationspreisen ausdrücken. Die steigenden Preise lassen sich solange durchsetzen, wie die vorgezogenen Investitionen aufgrund der Prämie gerade noch lukrativ sind. Ein großer Teil der Prämie endet daher bei den Heizungsbauern und -monteuren, weshalb hier das Interesse an einer Abwrackprämie wie vor ein paar Jahren bei der Automobilindustrie besonders groß sein dürfte. Der Investor bezahlt damit die Abwrackprämie für seine Heizung zum großen Teil allein.

Wie in der Geschichte der Schildbürger selbst, dürfte auch dieser Streich dazu führen, dass die Energiepolitik keines ihrer Ziele wirklich erreicht, nämlich die Wohlstandsentwicklung und den Umweltschutz in diesem Land voranzubringen. In Schilda steckte man jedes Haus an, um eine einzige Katze zu vertreiben, bevor man bemerkte, dass die ganze Stadt abgebrannt war. Hierzulande verzerrt man die Märkte bis zur Unkenntlichkeit, um sich dann zu wundern, dass man vermeintliches Marktversagen nicht verhindern kann und die Wirtschaft ruiniert.

liberalesinstitut.wordpress.com

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