Hillary Clinton versucht es noch einmal

Hillary Clinton hat ihre Kandidatur für die kommende US-Präsidentschaftswahl bekanntgegeben. Auf diesen Schritt hat sie die letzten Jahre - wenn nicht gar das letzte Jahrzehnt - hingearbeitet.

Veröffentlicht:
von

Hillary Clinton steht im Ring. Professionell wie man das von ihr gewohnt ist, hat sie ihre Kandidatur für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten von Amerika vorbereitet – seit Jahren, um nicht zu sagen seit einem Jahrzehnt. Denn schon vor zehn Jahren war sie dazu entschlossen, hatte ein Team zusammengestellt und Analysen des Wählermarktes ausgewertet. Vor sieben Jahren unterlag sie dann im Vorwahlkampf dem jetzigen Amtsinhaber Barack Obama, was vermutlich nicht wenige Wähler Obamas heute sehr bedauern. Obama dürfte als einer der schwächsten Präsidenten in die amerikanische Geschichte eingehen. Wenn er mehr wert ist als eine Fußnote, dann wegen seiner Fehlentscheidungen, vor allem in der Außenpolitik. Es ist zweifelhaft, ob Hillary Clinton sich über den Zuspruch aus dem Weißen Haus für ihre Kandidatur wirklich freut. Schon bei den Kongresswahlen im vergangenen Jahr hatte sich Obama auf Bitten etlicher Parteifreunde sehr zurückgehalten. Diesmal allerdings ging es nicht anders, der Amtsinhaber muss sich irgendwie zu den Bewerbern um seine Nachfolge äußern. Eine Nichtäußerung bedeutet Ablehnung.

Hillary Clinton wird im Wahlkampf manches zweideutige Wort sagen, das  auch gegen Obama ausgelegt werden kann. Sie weiß, daß man sie als Vertreterin des Establishments in Washington betrachtet und gegen dieses Establishment treten andere Kandidaten an. Obama selbst hatte diese Karte vor sieben Jahren gezogen und der Trumpf stach, auch und gerade gegen Hillary Clinton, die einstige First Lady und Senatorin. Deshalb sucht sie ostentativ die Nähe zum Volk, zeigt Gefühl, gibt sich bescheiden-demütig und pocht auf weibliche Herzlichkeit. Im ersten Video sieht man sie als Großmutter mit der Enkelin und die Rolle der lebensklugen Oma, die die Stimmen nicht auf dem Capitol Hill, sondern draußen bei den Farmern und Arbeitern sucht, bei den Frauen und Armen wird in den ersten Monaten besonders gepflegt werden. Zwar gibt es in der Demokratischen Partei niemand, der ihr das Wasser reichen könnte, aber vor sieben Jahren war sie siegesgewiss in den Wahlkampf gestartet und hatte gegen den damals völlig unbekannten Außenseiter namens  Barack Obama verloren. Daraus hat sie gelernt. Sie will und darf keine Fehler machen, denn mit 67 Jahren ist dies vermutlich ihre letzte Chance.

Allerdings kann sie auch nicht gegen Obama Wahlkampf führen. Sie wird inhaltlich dieselben Ziele verfolgen: Gesundheitsreform, Frauenrechte, totale Libertinage bei Abtreibung, Gleichstellung von Homosexuellen und Bioethik sowie die Förderung der Mittelklasse. Aber sie wird nicht völlig illoyal auftreten können als Ex-Außenministerin und die Regierung auch verteidigen müssen. Das ist für die meisten Gegenkandidaten aus der Republikanischen Partei eine Chance. Die Senatoren Rand Paul, Ted Cruz und Marco Rubio treten bereits offiziell gegen das Establishment an, der Gouverneur von Florida, Jeb Bush, hat als Bruder und Sohn ehemaliger Präsidenten ein ähnliches Problem wie Hillary Clinton. Dennoch wird es wohl zu einem Zweikampf zwischen Clinton und Bush kommen, schon weil beide am ehesten in der Lage sind, die Unsummen für den Wahlkampf zu besorgen. Man rechnet damit, daß der Wahlkampf pro Partei knapp zwei Milliarden Dollar kostet. Das kann nicht jeder Kandidat „reinholen“, bei Clinton und  Bush ist das jedoch fast garantiert.

Bush ist im Gegensatz zu Hillary Clinton ein nahezu unbeschriebenes Blatt. Ungewiss ist, ob ihm seine Konfession – er ist katholisch – behilflich ist. Immerhin stellen die Katholiken mit mehr als 70 Millionen Gläubigen eine beachtliche Größe. Er wird erstmal abwarten, wie der Wahlkampf der Clinton-Maschine anläuft. Immerhin sind es noch über anderthalb Jahre bis zu Wahl und mehr als ein Jahr bis zu den Wahlkongressen. Aber die wegweisenden Vor-Entscheidungen fallen bei den Primaries, den Vorwahlen, die Ende des Jahres beginnen. Dabei wird manchen Außenseiter-Kandidaten schon finanziell die Luft ausgehen. Sie setzen in diesen Wahlen auf Sieg um damit attraktiv für Spender zu werden. So gelang es auch Obama, das nötige Geld zu sammeln. Er gewann im ersten Vorwahlstaat, in Iowa. Für Clinton war das damals ein Schock, weshalb sie schon diese Woche dorthin fährt, um eben „on the ground“, im direkten Kontakt mit den Wählern Wahlkampf zu machen.

So ist Amerika seit diesem Wochenende im Dauerwahlkampf. Zusammen mit der Zögerlichkeit und ideologiegesteuerten Naivität des amtierenden Präsidenten sowie der üblichen lame duck-Situation zu Ende jeder zweiten Amtszeit ergibt das eine bleierne Stagnation der mächtigsten Nation dieser Welt, die für das Weltgeschehen oder zumindest für einige Konfliktherde gefährlich werden kann.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang